Die Pegel erreichen Höchstmarken. Doch diesmal scheinen die Schutzvorkehrungen zu wirken - die meisten jedenfalls.
Ein Hochwasser lässt sich schwer in einen Satz fassen. Und doch kann man die Lage zwischen Elbe und Saale, Mulde und Elster mit einer scheinbar widersprüchlichen Formel beschreiben: Es ist genauso so schlimm wie 2002, mindestens, aber wiederum dann auch auf keinen Fall so schlimm wie 2002, als eine Sintflut sich über Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt ergoss. So schlimm ist es, weil die Wassermengen vielerorts die Werte von damals sogar noch überschreiten. In Sachsen-Anhalt etwa erreichen am Dienstag 20 von 41 Flusspegeln die Hochwassermarke, es gibt Katastrophenalarm. In Thüringen erlangt das Städtchen Ziegenrück Berühmtheit, weil der nahe Bleilochstausee - eigentlich ein Regenrückhaltebecken - überläuft und den Ort zu überfluten droht. Auf der anderen Seite ist es aber dann doch nicht so schlimm wie vor elf Jahren, weil neben all den Sorgen und der Unruhe, die die Menschen erfasst hat, sich bei den meisten auch ein gewisses Vertrauen breitgemacht hat, dass die Schutz-Infrastruktur, in die seit 2002 viel investiert wurde, wohl doch geholfen hat.
Die Wassermengen sind gewaltig, aber vielerorts kommen die Gemeinden offenbar besser damit zurecht. Beträchtliche Schäden verursacht diese Flut natürlich trotzdem - und um die geht es in der Politik jetzt schon, obwohl die Höchststände an vielen Flüssen noch ausstehen. Das Versprechen, wie es ja immer so schön heißt, "schnell und unbürokratisch" zu helfen, kam auch diesmal allerorten. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) verspricht noch am Dienstag ein Handgeld von 400 Euro für jedes Flutopfer. Seine Thüringer Kollegin Christine Lieberknecht (ebenfalls CDU) weist dagegen immerhin darauf hin, dass finanzielle Hilfe "keine Sache auf Zuruf" sei. Es müsse hinterher durchaus geprüft werden, wem etwas zustehe und wie viel.
Eine andere Dimension der Hochwasser-Nachsorge hat derweil Tillich bereits am Vortag betrieben, als er am Abend die Stadt Döbeln besucht. Dort schiebt sich die Freiberger Mulde mächtig durch das Zentrum, die Menschen sind konzentriert, aber nicht panisch. Und es bleibt sogar Gelegenheit, an die Zeit nach dem Hochwasser zu denken. "Jetzt stehen wir hier noch im Wasser, aber wenn das weg ist, dann reden wir hier wieder über Biber, die in Oberbobritzsch gerettet werden müssen", ruft ein Mann dem Ministerpräsidenten zu.
In Greiz (Thüringen) versuchen die Menschen gegen das Wasser anzufegen.
Tillich nickt, er weiß von den Naturschutzverbänden und Bürgerinitiativen, die vielerorts den Hochwasserschutz mit Protesten und Klagen verzögert haben. Mal geht es um die Erhaltung von Naturgebieten, oft wollen Anwohner nicht nur einen wirksamen, sondern auch einen besonders schönen, historisierenden Hochwasserschutz. "Wir haben es mit Leuten zu tun, die die individuellen Interessen über die der Gemeinschaft stellen", sagt Tillich und schaltet sofort vom Katastrophen- in den Politikmode. Er möchte das Desaster nutzen, künftig "die Möglichkeiten des
Einzelnen einzuschränken". Planfeststellungsverfahren müssten schneller laufen, die Möglichkeiten, die Schutzmaßnahmen vor Gericht zu verzögern, müssten verringert werden. "Wir brauchen das nicht nur bei der Energiewende, wir brauchen das auch beim Hochwasserschutz", sagt Tillich. "Das hier ist kein Beauty-Contest, das ist Hochwasserschutz." Seine markigen Sätze relativiert dann allerdings der Bundesinnenminister, der, natürlich kein Zufall, auch in Döbeln vorbeischaut. Hans-Peter Friedrich (CSU) winkt ab. "Ach, was glauben Sie", sagt er, "was wir bei der Planfeststellung schon alles versucht haben."
Doch noch gilt die Aufmerksamkeit mehr dem Hier und Jetzt als der Zeit danach. In Sachsen konzentriert man sich nun im Wesentlichen auf die Elbe, deren Pegel am Dienstag beständig steigt. Die Prognose ist eine Rechnung mit Unbekannten. Man rechne momentan nur "die tschechischen Werte zusammen". Und die verhießen nichts Gutes, zumal dort, kurz vor der Grenze nach Deutschland, Moldau und Elbe zusammenfließen - und flussabwärts nach dem Dauerregen der vergangenen Tage die Pegel schon mächtig gestiegen sind. Dennoch verändert der zuständige Mann im sächsischen Umweltministerium, Martin Socher, seine Prognose vom Vortag nicht: "Wir bleiben bei den erwarteten neun Metern für Dresden", sagt der Referatsleiter.
Ein Wert, der in der Vergangenheit mehr als Unruhe ausgelöst hätte. Doch Socher verbreitet Gelassenheit. Der nach der Jahrhundertkatastrophe 2002 verbesserte Hochwasserschutz dürfte, Stand Dienstagnachmittag, die Dresdner Altstadt vor den Fluten schützen, selbst wenn der Pegel wieder 9,40 Meter erreicht oder den Wert von damals sogar leicht übertrifft. An anderen Orten indes sind die Wassermassen auch 2013 nicht zurückzuhalten. In Gohlis zum Beispiel, im Westen von Dresden gelegen, habe es keinen Sinn, "den Deich weiter zu verteidigen", sagt Socher. "Es ist klar, dass der Ort wieder überflutet wird." Auch in Meißen schwappt die Elbe am Dienstag über eine Schutzwand und kriecht langsam in die Altstadt. Dabei ist der Höchststand noch nicht erreicht.
Der Scheitel der Elbe wird in Dresden wohl nicht vor Donnerstag erwartet. Dennoch hat Socher für die Region etwas weiter flussabwärts am Dienstag eine Nachricht, die hoffen lässt. Der Ort Röderau Süd in der Nähe von Riesa stehe als "Retentionsraum vollständig zur Verfügung". Retention bedeutet Zurückhaltung, und dass Röderau Süd der Elbe nun schon vorausschauend preisgegeben wird, liegt an seiner Vergangenheit, an die sich hier noch viele erinnern. Vor elf Jahren wurde der Ort von der Elbeflut komplett zerstört. Seine Bewohner mussten fortziehen, und Röderau Süd selbst wurde komplett abgerissen.
Ein Hochwasser lässt sich schwer in einen Satz fassen. Und doch kann man die Lage zwischen Elbe und Saale, Mulde und Elster mit einer scheinbar widersprüchlichen Formel beschreiben: Es ist genauso so schlimm wie 2002, mindestens, aber wiederum dann auch auf keinen Fall so schlimm wie 2002, als eine Sintflut sich über Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt ergoss. So schlimm ist es, weil die Wassermengen vielerorts die Werte von damals sogar noch überschreiten. In Sachsen-Anhalt etwa erreichen am Dienstag 20 von 41 Flusspegeln die Hochwassermarke, es gibt Katastrophenalarm. In Thüringen erlangt das Städtchen Ziegenrück Berühmtheit, weil der nahe Bleilochstausee - eigentlich ein Regenrückhaltebecken - überläuft und den Ort zu überfluten droht. Auf der anderen Seite ist es aber dann doch nicht so schlimm wie vor elf Jahren, weil neben all den Sorgen und der Unruhe, die die Menschen erfasst hat, sich bei den meisten auch ein gewisses Vertrauen breitgemacht hat, dass die Schutz-Infrastruktur, in die seit 2002 viel investiert wurde, wohl doch geholfen hat.
Die Wassermengen sind gewaltig, aber vielerorts kommen die Gemeinden offenbar besser damit zurecht. Beträchtliche Schäden verursacht diese Flut natürlich trotzdem - und um die geht es in der Politik jetzt schon, obwohl die Höchststände an vielen Flüssen noch ausstehen. Das Versprechen, wie es ja immer so schön heißt, "schnell und unbürokratisch" zu helfen, kam auch diesmal allerorten. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) verspricht noch am Dienstag ein Handgeld von 400 Euro für jedes Flutopfer. Seine Thüringer Kollegin Christine Lieberknecht (ebenfalls CDU) weist dagegen immerhin darauf hin, dass finanzielle Hilfe "keine Sache auf Zuruf" sei. Es müsse hinterher durchaus geprüft werden, wem etwas zustehe und wie viel.
Eine andere Dimension der Hochwasser-Nachsorge hat derweil Tillich bereits am Vortag betrieben, als er am Abend die Stadt Döbeln besucht. Dort schiebt sich die Freiberger Mulde mächtig durch das Zentrum, die Menschen sind konzentriert, aber nicht panisch. Und es bleibt sogar Gelegenheit, an die Zeit nach dem Hochwasser zu denken. "Jetzt stehen wir hier noch im Wasser, aber wenn das weg ist, dann reden wir hier wieder über Biber, die in Oberbobritzsch gerettet werden müssen", ruft ein Mann dem Ministerpräsidenten zu.
In Greiz (Thüringen) versuchen die Menschen gegen das Wasser anzufegen.
Tillich nickt, er weiß von den Naturschutzverbänden und Bürgerinitiativen, die vielerorts den Hochwasserschutz mit Protesten und Klagen verzögert haben. Mal geht es um die Erhaltung von Naturgebieten, oft wollen Anwohner nicht nur einen wirksamen, sondern auch einen besonders schönen, historisierenden Hochwasserschutz. "Wir haben es mit Leuten zu tun, die die individuellen Interessen über die der Gemeinschaft stellen", sagt Tillich und schaltet sofort vom Katastrophen- in den Politikmode. Er möchte das Desaster nutzen, künftig "die Möglichkeiten des
Einzelnen einzuschränken". Planfeststellungsverfahren müssten schneller laufen, die Möglichkeiten, die Schutzmaßnahmen vor Gericht zu verzögern, müssten verringert werden. "Wir brauchen das nicht nur bei der Energiewende, wir brauchen das auch beim Hochwasserschutz", sagt Tillich. "Das hier ist kein Beauty-Contest, das ist Hochwasserschutz." Seine markigen Sätze relativiert dann allerdings der Bundesinnenminister, der, natürlich kein Zufall, auch in Döbeln vorbeischaut. Hans-Peter Friedrich (CSU) winkt ab. "Ach, was glauben Sie", sagt er, "was wir bei der Planfeststellung schon alles versucht haben."
Doch noch gilt die Aufmerksamkeit mehr dem Hier und Jetzt als der Zeit danach. In Sachsen konzentriert man sich nun im Wesentlichen auf die Elbe, deren Pegel am Dienstag beständig steigt. Die Prognose ist eine Rechnung mit Unbekannten. Man rechne momentan nur "die tschechischen Werte zusammen". Und die verhießen nichts Gutes, zumal dort, kurz vor der Grenze nach Deutschland, Moldau und Elbe zusammenfließen - und flussabwärts nach dem Dauerregen der vergangenen Tage die Pegel schon mächtig gestiegen sind. Dennoch verändert der zuständige Mann im sächsischen Umweltministerium, Martin Socher, seine Prognose vom Vortag nicht: "Wir bleiben bei den erwarteten neun Metern für Dresden", sagt der Referatsleiter.
Ein Wert, der in der Vergangenheit mehr als Unruhe ausgelöst hätte. Doch Socher verbreitet Gelassenheit. Der nach der Jahrhundertkatastrophe 2002 verbesserte Hochwasserschutz dürfte, Stand Dienstagnachmittag, die Dresdner Altstadt vor den Fluten schützen, selbst wenn der Pegel wieder 9,40 Meter erreicht oder den Wert von damals sogar leicht übertrifft. An anderen Orten indes sind die Wassermassen auch 2013 nicht zurückzuhalten. In Gohlis zum Beispiel, im Westen von Dresden gelegen, habe es keinen Sinn, "den Deich weiter zu verteidigen", sagt Socher. "Es ist klar, dass der Ort wieder überflutet wird." Auch in Meißen schwappt die Elbe am Dienstag über eine Schutzwand und kriecht langsam in die Altstadt. Dabei ist der Höchststand noch nicht erreicht.
Der Scheitel der Elbe wird in Dresden wohl nicht vor Donnerstag erwartet. Dennoch hat Socher für die Region etwas weiter flussabwärts am Dienstag eine Nachricht, die hoffen lässt. Der Ort Röderau Süd in der Nähe von Riesa stehe als "Retentionsraum vollständig zur Verfügung". Retention bedeutet Zurückhaltung, und dass Röderau Süd der Elbe nun schon vorausschauend preisgegeben wird, liegt an seiner Vergangenheit, an die sich hier noch viele erinnern. Vor elf Jahren wurde der Ort von der Elbeflut komplett zerstört. Seine Bewohner mussten fortziehen, und Röderau Süd selbst wurde komplett abgerissen.