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Die Krankenschwester, die Friseurin und die V-Frau

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Wollten Neonazis den Überlebenden eines NSU-Anschlags ausschalten? Der Untersuchungsausschuss hört neuen Zeugen.

Rund um den NSU kursieren phantastische Geschichten, es gibt haufenweise Tippgeber, die die Terroristen mal hier, mal dort gesehen oder Verbindungen zu diversen ausländischen Geheimdiensten erkannt haben wollen. Schwierig wird es immer dann, wenn in einer Geschichte Halbwahrheiten stecken und eine Sicherheitsbehörde unzweifelhaft darin verwickelt ist. So ein Fall beschäftigt derzeit den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Der hatte seine Beweisaufnahme eigentlich schon abgeschlossen, will nun aber am Montag doch noch einen Beamten des baden-württembergischen Verfassungsschutzes als Zeugen hören. Er betreute früher eine Informantin, die jetzt gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Unglaubliches verbreitet.



Es tauchen neue Verdächtige auf.

Die V-Frau Petra K. trug den blumigen Decknamen "Krokus" und lieferte dem Verfassungsschutz, zunächst zu dessen Zufriedenheit, in den Jahren 2007 bis 2011 Hinweise über Rechte und Linke. Mittlerweile lebt sie mit ihrem Freund offenbar im Ausland. Ihre Geschichte zum NSU geht so: Kurz nach dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter 2007 in Heilbronn habe sie dem Verfassungsschutz von Rechtsextremisten aus der Region erzählt, die sich im Krankenhaus nach Kiesewetters Kollegen erkundigt hätten, der bei dem Anschlag schwer verletzt wurde. Die Geschichte läuft darauf hinaus, dass Neonazis damals einen überlebenden Zeugen auskundschaften und womöglich ausschalten wollten. Und dass vielleicht noch mehr oder andere Personen hinter dem Mord steckten als die Terroristen des NSU.

Beim Verfassungsschutz findet sich kein Vermerk über den angeblichen Hinweis von "Krokus". Die V-Frau soll zudem erst im Sommer 2007 verpflichtet worden sein, der Anschlag war im April. Petra K. hatte zuvor allerdings schon für die Polizei als Informantin gearbeitet. Und auch ihr Lebensgefährte Alexander G., der die Krankenhausgeschichte nun in die Welt hinausposaunt, soll der Polizei zeitweise als Tippgeber gedient haben. Als NSU-Ermittler Petra K. voriges Jahr befragten, lebte sie zwischenzeitlich getrennt von G. und ließ kein gutes Haar an ihm. Die ganze Geschichte sei "Bullshit", ihr Ex-Freund trete nahezu psychopathisch auf. Mittlerweile, nachdem sie offenbar wieder mit G. zusammen ist, hat sie es sich wohl anders überlegt.

Alexander G. wandte sich gleich nach dem Ende des NSU im November 2011 an die Polizei und brachte den Beamten ein Füllhorn voller wilder Behauptungen mit, etwa dass Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt vom Verfassungsschutz als V-Leute geführt worden wären, er könne sogar den Namen des V-Mann-Führers nennen. Es war, bei allem berechtigten Misstrauen, das man gegen die Behörden haben muss, heiße Luft.

Und doch ist nicht alles falsch: Tatsächlich könnte, wie Zeugenbefragungen ergaben, eine Krankenschwester 2007 ihrer Friseurin von dem schwer verletzten Polizisten erzählt haben, der damals in der Klinik lag. Die Krankenschwester hatte mit Neonazis nichts zu schaffen, aber die Friseurin war eine Frau mit Verbindungen nach ganz rechts. V-Frau "Krokus" war Kundin bei ihr und könnte das mutmaßlich harmlose Gespräch aufgeschnappt haben. Daraus konstruierte Alexander G. später eine mögliche Ausspähaktion von Neonazis.

Das Landeskriminalamt sieht "keine Anhaltspunkte" dafür, dass G.s Verdächtigungen zutreffen. Dummerweise hat es zwar umfangreich ermittelt, einen Zeugen aber aus "rechtlichen Gründen" nicht befragt: den V-Mann-Führer. Das will der Untersuchungsausschuss jetzt nachholen. Es heißt, Baden-Württembergs Behörden versuchten, dem Ausschuss Restriktionen aufzuerlegen und die Befragung am liebsten im Geheimen stattfinden zu lassen, weil das Leben des Beamten gefährdet sei. Eine geheime Befragung würde die Phantasie in diesem unglaublichen Fall allerdings nur noch weiter anregen.

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