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Gefährlicher Ruhm

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Im Ausland wird die Aktivistin Malala Yousafzai gefeiert, in Pakistan läuft gegen die 16-Jährige eine Hasskampagne. Die Taliban haben der Schülerin nun einen Brief geschrieben, der tief sitzende Ressentiments anspricht

München - Das Schreiben ist in passablem Englisch verfasst, es richtet sich direkt an die 16-Jährige. Der Verfasser ruft Malala Yousafzai dazu auf, wieder in ihre Heimat zurückzukehren, die pakistanische Kultur anzunehmen und auf eine Koranschule für Frauen zu gehen. Ob sie den Brief gelesen hat, ist nicht bekannt, er erschien am Donnerstag in zahlreichen pakistanischen und internationalen Medien. Es ist das erste Mal, dass sich ein Vertreter der Taliban direkt an die Jugendliche wendet. Unterzeichnet hat den Brief ein Kommandeur der Islamisten.

Im vergangenen Jahr hatte ein Überfallkommando der Taliban den Schulbus gestürmt, mit dem Malala immer nach dem Unterricht im pakistanischen Swat-Tal fuhr, und schossen ihr in den Kopf. Der Fall ging um die Welt. Malala überlebte schwer verletzt und wohnt inzwischen mit ihrer Familie in England. Die Schülerin hatte sich in ihrer Heimat unter anderem in einem Blog der BBC für das Recht von Mädchen eingesetzt, zur Schule zu gehen. Im Swat-Tal, in dem die Taliban einst regierten und erst durch eine militärische Intervention der Armee gestürzt werden konnten, war dies alles andere als selbstverständlich.



Von den einen als Heldin gefeiert, von den anderen gehasst – die Aktivistin Malala Yousafzai

Malala habe eine 'Schmierenkampagne' gegen die Taliban unterstützt, sie gehe westlicher Propaganda auf den Leim und verstehe nicht, dass die Taliban die reine Lehre des Islam umsetzen wollten: 'Wir wollen die Welt mit ihrem Schöpfer in Verbindung bringen, durch das Buch Allahs, und die UN wollen die Welt einigen teuflischen Kreaturen unterwerfen', schreibt der Talib - und fährt fort: 'Ich frage dich und gib" mir eine ehrliche Antwort', wendet er sich direkt an Malala, 'wenn du von einer amerikanischen Drohne getroffen worden wärst, hätte die Welt dann jemals etwas über deinen Gesundheitszustand erfahren?' Zwar wünschte er, der 'Unfall' - gemeint ist der Mordversuch 2012 - wäre nicht geschehen, aber er entschuldigt sich nicht explizit bei ihr.

Der Brief ist eine Reaktion auf Malalas Auftritt vor der Jugendversammlung der UN in New York. Dort hatte sie vergangene Woche in einer flammenden Rede erklärt, sie werde sich weiterhin für das weltweite Recht von Mädchen einsetzen, zur Schule zu gehen. 'Die Terroristen dachten, sie könnten meine Ziele und meine Ambitionen ändern. Doch nichts hat sich in meinem Leben geändert, außer dies: Schwäche, Angst und Hoffnungslosigkeit starben. Stärke, Mut und Leidenschaft wurden geboren', sagte Malala vor ihren jubelnden Zuhörern. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gratulierte 'unserer Heldin' zu ihrer 'Botschaft der Hoffnung und der Würde'.

Malala ist für den Friedensnobelpreis nominiert, demnächst wird ihre Biografie erscheinen. Doch die Zuneigung, die ihr im Ausland zuteil wird, nehmen die Menschen in Pakistan mit gemischten Gefühlen auf. Zwar hatte die Regierung das Mädchen unmittelbar nach dem Attentat als 'Tochter der Nation' bezeichnet. Doch viele Pakistaner reagieren auf Malalas Engagement auch mit tief sitzenden Ressentiments. Britta Petersen, die in Islamabad die Heinrich-Böll-Stiftung leitet, nennt das Schreiben der Taliban 'geschickt'. Es sei auch an den Teil der pakistanischen Mittelschicht adressiert, der sich für die schlichten Botschaften des zum Politiker gewandelten Cricketstars Imran Khan begeistere. Teile dieser Gesellschaftsschicht führten eine 'wirklich widerliche Hasskampagne gegen Malala'.

Tatsächlich wimmelt es in den Kommentarspalten der englischsprachigen Presse in Pakistan auch von Beiträgen, die gegen die junge Aktivistin hetzen, sie als Verräterin beschimpfen und argumentieren, das Mädchen habe dem Ruf des Landes geschadet. Die Autorin Bina Shah wirft in der Zeitung Dawn die Frage auf, warum Malalas Rede vor den Vereinten Nationen weltweit mit Bewunderung aufgenommen werde, es in Pakistan aber 'eklige Gegenreaktionen' gebe - und gibt selbst die Antwort: Es sei ein 'beschämender' Beleg dafür, dass Pakistaner oft diejenigen bekämpften, auf die sie stolz sein sollten. Jedes Mal, wenn sich in Pakistan 'eine weitere Aktivistin hervortut, werden die Beschuldigungen, sie heische nur nach Ruhm, erfülle eine westliche Agenda und sei auf Geld aus, lauter und lauter', schreibt Shah. Für Britta Petersen steht denn auch fest: 'Malala wird nie wieder in diesem Land leben können, sie ist im Wortsinne zum Abschuss freigegeben', sagt die Pakistan-Expertin.

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