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Hormoncocktail aus dem Badezimmer

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Umweltschützer des BUND warnen vor dubiosen Stoffen in Kosmetikprodukten. Doch Wissenschaftler sehen kein Problem

Berlin - Duschgel, Deo, Tagescreme, Zahnpasta, Rasierschaum oder Lippenstift - wer morgens das Haus verlässt, hat häufig bereits eine ganze Reihe verschiedener Kosmetikprodukte benutzt. Im Lauf des Tages kommen weitere hinzu. Insofern klingt es alarmierend, wenn Umweltschützer nun feststellen: Fast jedes dritte Körperpflegeprodukt in Deutschland enthält einen hormonell wirksamen Stoff, jedes fünfte Produkt sogar gleich mehrere Stoffe. Bei den Marktführern Beiersdorf (die unter anderem Nivea-Produkte herstellen) und L"Oreal sei fast jedes zweite der getesteten Produkte belastet gewesen, so das Ergebnis einer Studie, die der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) am Mittwoch in Berlin veröffentlichte. Die Stoffe würden vor allem als Konservierungsmittel oder UV-Filter eingesetzt.



Pflege für's Gesicht? Umweltschützer warnen jetzt vor manchen Inhaltsstoffen - auch Niveaprodukte sind dabei.

Zwar sei der Zusatz dieser Chemikalien erlaubt, auch lägen sie unter den offiziellen Grenzwerten. Aber: Einige davon stünden im Verdacht, die Fruchtbarkeit zu mindern, Brust- oder Hodenkrebs zu fördern sowie die Pubertät früher beginnen zu lassen, sagt Sarah Häuser, Chemikalienexpertin beim BUND. Problematisch sei, dass die zuständigen Behörden bei der Festlegung der Grenzwerte immer nur den Anteil des einzelnen Stoffs im einzelnen Produkt betrachten würden. Unberücksichtigt bleibe, 'dass wir im Lauf eines Tages viele verschiedene Produkte verwenden, in denen zudem womöglich gleich mehrere Chemikalien enthalten sind'. Der Körper werde so regelrecht einem Cocktail von Chemikalien ausgesetzt. Auch die Weltgesundheitsorganisation habe hormonelle Stoffe bereits als 'globale Bedrohung' bezeichnet, sagte Häuser.

Für die Studie hatten die Umweltschützer die Inhaltsstoffe von mehr als 60000 Kosmetikprodukten ausgewertet. Dabei achteten sie lediglich auf die 16 Chemikalien, die in einer Prioritätenliste der EU in der Kategorie eins geführt werden. 'Für sie ist besonders gut belegt, dass sie hormonelle Wirkung haben', sagte Häuser. Verbraucher, die wissen wollen, welche Produkte betroffen sind, können sich im Internet unter www.bund.net/toxfox informieren, oder sie laden sich die kostenlose App 'toxfox' auf ihr iPhone. Damit können sie den Barcode scannen und sofort erkennen, ob ein Produkt hormonell wirksame Stoffe enthält oder nicht. Der BUND forderte die Hersteller auf, auf die Chemikalien zu verzichten. Einige Naturkosmetik-Hersteller kämen schließlich auch ohne aus. Zudem müsse die Politik die Verwendung verbieten. Doch wie ernst muss man die Ergebnisse überhaupt nehmen?

Für Verbraucher jedenfalls ist die Situation äußerst verwirrend. Ein Beispiel: Wer etwa den Barcode der Körperlotion Bodyurea von Garnier mit der neuen Toxfox-App des BUND scannt, bekommt den Hinweis, dass sie Methyl- und Ethylparaben enthält - und dass es sich dabei um Konservierungsmittel handele, bei denen in Tierversuchen 'hormonelle Störungen wie Veränderungen der Geschlechtsorgane' dokumentiert worden seien. Gleichzeitig aber wirbt das Produkt damit, bei einer Untersuchung der Stiftung Warentest als Testsieger abgeschnitten zu haben. Wie kann das sein? 'Das liegt daran, dass wir nicht den geringsten Anlass haben zu glauben, Methyl- oder Ethylparabene seien gefährlich', sagt Christiane Nientimp, Kosmetikexpertin bei der Stiftung Warentest. 'Im Gegenteil: Hersteller, die versuchen, ohne diese Parabene auszukommen, weichen oft auf andere, viel kritischere Stoffe aus.'

Auch beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das dem Bundesverbraucherschutzministerium unterstellt ist, hält man die Aufregung des BUND für völlig übertrieben. 'Es gibt genügend Studien, die belegen, dass Methyl- und Ethylparabene keine hormonell-schädliche Wirkung haben', sagt Thomas Platzek, Toxikologie-Experte beim BfR. Zudem sei es unlogisch, allein den Kosmetiksektor zu betrachten. 'Sojaprodukte oder Rotwein beispielsweise enthalten ebenfalls hormonell wirksame Stoffe.' Die müsste man dann genauso meiden wie viele andere Lebensmittel auch. 'Wir sind schon von Natur aus täglich einem Chemikaliencocktail ausgesetzt', sagt Platzek. 'Damit muss der Körper umgehen. Und ich denke, das kann er auch.'

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