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Schauplatz Berlin

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Die Anzahl der Straßen-Dealer in Kreuzberg nimmt zu.

Der Abend ist lau auf der Terrasse des "Edelweiß" im Görlitzer Park, und man trinkt seine Radlermaß fast wie in München am Chinesischen Turm. Auf der Wiese unten wird Musik gemacht. Eine Gruppe adretter Studenten mit türkisen T-Shirts macht auf eine Internetplattform zum Austausch von Dienstleistungen aufmerksam, indem sie mit langen Kneifzangen Müll vom verbrannten Gras sammelt. Nötig ist es. Dann kommt von der Rückseite Polizei ins Bild und tigert zehn Mann hoch einmal die Parkmauer entlang. Der Wirt vom "Edelweiß" hat sie gerufen. Ihn stören die vielen meist schwarzafrikanischen Dealer, die das andere Gras verkaufen, dessen Geruch hier allgegenwärtig über der Szenerie liegt.

An sich hat man in diesem Teil Kreuzbergs nichts gegen Cannabis, aber die Dealer werden immer mehr, sie belästigen Frauen, zum Beispiel die nette Kellnerin des "Edelweiß", durch provozierende Pfiffe. In jüngster Zeit häufen sich Polizeirazzien: Am Dienstag waren achtzig Polizisten mehrere Stunden im Park, nahmen sechs Personen fest, verscheuten Dutzende andere.



In Kreuzberg ist man Joints gewöhnt – nur die vielen Dealer stören.

Zwei Stunden später wurde man an den gewohnten Eingängen schon wieder von den Schwarzen empfangen. Nachdem die Wirtin des 'Edelweiß' sich in den Medien über die Zustände beklagt hatte, wurde sie beim Weg zur Arbeit samt ihrem Säugling von den Dealern in die Mitte genommen und bedroht. Seither hat die eigentlich tolerante Frau Angst. Dann verbrannten vor zehn Tagen vier Autos am Parkrand und der Blog, der in Berlin für solche Stellungnahmen zuständig ist, kommunizierte, es sei 'Feuer gegen den rassistischen Bürgermob' gewesen. Die "Mittelschicht", deren Kinder sich hier ihr Gras kauften, mache zugleich Stimmung gegen die afrikanischen Flüchtlinge, die es ihnen verticken. Seither ist die Berliner Presse voller langer Geschichten über den Park, seine Überlaufenheit, seine Kaputtheit, über die Versuche der Anwohner, mit Streuobstwiese und Barfußrasen ihre kleine Welt zu bewahren. Brauchen Kinder hier Geleitschutz? Eines wurde von einem flüchtenden Dealer umgerannt und fand weggeworfene Ware im Gras. Der bürgerliche Tagesspiegel wiegelte ab, und empfahl den erregten Bürgern eine "Angsttherapie".

Der Kiez um den liebevoll "Görli" genannten Park ist ungeheuer beliebt bei jugendlichen Touristen, denn er vermittelt jene malerische Verkommenheit, die zum Berlin-Erlebnis gehört, anderwärts aber verschwindet. Die oft türkischen und linksalternativen Ureinwohner wissen nicht mehr, wie ihnen geschieht. Es wird immer voller, lauter, schmutziger. Im Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain wechselt zum 1. August der Bürgermeister. Nun regiert Monika Herrmann, wie ihr Vorgänger Frank Schulz, von den Grünen. Sie prüft gerade die Idee, das Gras-Problem durch einen "Coffeeshop" nach holländischem Vorbild zu lösen, wo weiche Drogen legal zu haben wären. Das wäre neu für die Bundesrepublik, aber würde es die Lage der Flüchtlinge verändern? Deren Problem ist ja, dass sie legal gar nicht arbeiten dürfen. Gewiss man bräuchte weniger von der störenden Polizei, aber die Ärmsten der Armen wären wieder ohne Geschäftsmodell. Beim Bier im 'Edelweiß' starrt man auf ein großes Elend.

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