Martin Suter hat einen neuen Kriminalroman geschrieben.
Patricia Highsmith hat es mit amerikanischem Pragmatismus auf den Punkt gebracht: Das Schreiben von Suspense-Literatur, vulgo Krimis oder Thrillern, macht Spaß und kann bei Beherrschung des Handwerks auch seriösen Schriftstellern ein willkommenes Zubrot verschaffen. Der ehemalige Werbetexter und Kolumnist Martin Suter, könnte man einwenden, sei nach den Kriterien der deutschsprachigen und insbesondere der deutschen Literaturkritik nie ein wirklich "seriöser" Schriftsteller gewesen, habe es vielleicht auch gar nicht sein wollen.
Und auf ein Zubrot ist der Schweizer Bestsellerautor, der abwechselnd in Zürich, Guatemala und auf Ibiza seinem Beruf nachgeht, wohl kaum angewiesen - es sei denn, er würde einen so ruinös ausschweifenden Lebensstil pflegen wie sein Krimiheld Allmen, wogegen wiederum sein helvetischer Realismus spricht.
Man darf also unterstellen, dass Suter an seiner Allmen-Serie aus purem Spaß weiterschreibt, und wenn nur ein Teil selbst des eingeschworenen Suter-Publikums dieses Vergnügen zu schätzen weiß, dürfte das einkalkuliert sein. Dass er sich auf "Suspense" im engeren Wortsinn versteht, hat er unlängst in seinem Roman "Die Zeit, die Zeit" bewiesen. Kurzum: Für Martin Suter ist das Verfassen von Kriminalromanen keine todernste Angelegenheit, da weder sein Lebensunterhalt noch sein Renommee dabei auf dem Spiel steht.
Der Autor Martin Suter hat jetzt ein neues Buch seiner Allemen-Serie herrausgebracht.
Und so darf sich auch der Leser entspannen und bei einem gepflegten Getränk entscheiden, ob er mit dem etwas unwirklichen Milieu, in dem der Privatermittler Johann Friedrich von Allmen agiert, sympathisiert oder nicht. Wenn nein, wird er sich nach härterer und schwärzerer Kost umsehen; wenn ja, macht er sich zum Komplizen einer Attitüde, die das Genre nur mit dem abgespreizten kleinen Finger anfasst und genüsslich ironisiert, angefangen beim ersten Satz: "Es war einer dieser Morgen, an denen er die Krawatte dreimal binden musste, bis die Längen stimmten."
Unübersehbar ist Allmen, der verarmte, hochverschuldete Privatier, der im Gartenhaus der ehemals eigenen Villa residiert und aus Not, weil die Untervermietung des Opern-Premierenabonnements nicht für den Lebensunterhalt reicht, gegen Honorar verschwundene Kunstwerke und Preziosen aufspürt, ein Abkömmling des "Letzten Weynfeldt". Diesen elegant versnobten Kunstexperten setzte Suter vor fünf Jahren in die Welt und verstrickte ihn in eine Fälscheraffäre. Allmen, der sich mithilfe seines guatemaltekischen Butlers Carlos (und neuerdings dessen Lebensgefährtin María) in kunstkriminelle Fälle einmischt, erinnert in Herkunft und Geschmack, schönen Gewohnheiten und eitlen Marotten an Adrian Weynfeldt, ist aber knapper und flüchtiger skizziert, was ihn als Figur eher schematisch erscheinen lässt.
Auch was die Plots und deren atmosphärische Einbettung betrifft, beschränkt der Autor sich jeweils auf das Notwendigste, so als hätte er nicht viel Zeit. Beim Fall Nummer zwei, "Allmen und der rosa Diamant", ging das recht unbefriedigend aus, beim dritten nun, "Allmen und die Dahlien", ist Suters Erzählökonomie wieder besser im Lot, obwohl auch hier die Schnelligkeit des Ablaufs im Missverhältnis zu den Umgangsformen und kulinarischen Gepflogenheiten des passionierten Müßiggängers Allmen steht.
Im Ambiente eines angestaubten Grandhotels fahndet Allmen International Inquiries nach einem gestohlenen Gemälde, dem millionenteuren "Stillleben mit Dahlien" von Henri Fantin-Latour. Und jedes Wort, das man nun noch über Handlung und Personal verlöre, würde dem Buch etwas von seinen hübschen, aber sparsam dosierten Effekten nehmen. Verraten sei nur, dass Suter diesmal, als sei ihm die Krawatte plötzlich zu eng geworden, mit einem Cliffhanger endet - aber auch der trägt Zeichen der Genre-Ironisierung. Allmen frühstückt übrigens jeden Morgen ein Ei, immer in anderer Zubereitung. Die Hardboiled-Variante ist nicht darunter. Kristina Maidt-Zinke
Martin Suter: Allmen und die Dahlien. Roman. Diogenes Verlag, Zürich 2013. 214 Seiten, 18,90 Euro.
Patricia Highsmith hat es mit amerikanischem Pragmatismus auf den Punkt gebracht: Das Schreiben von Suspense-Literatur, vulgo Krimis oder Thrillern, macht Spaß und kann bei Beherrschung des Handwerks auch seriösen Schriftstellern ein willkommenes Zubrot verschaffen. Der ehemalige Werbetexter und Kolumnist Martin Suter, könnte man einwenden, sei nach den Kriterien der deutschsprachigen und insbesondere der deutschen Literaturkritik nie ein wirklich "seriöser" Schriftsteller gewesen, habe es vielleicht auch gar nicht sein wollen.
Und auf ein Zubrot ist der Schweizer Bestsellerautor, der abwechselnd in Zürich, Guatemala und auf Ibiza seinem Beruf nachgeht, wohl kaum angewiesen - es sei denn, er würde einen so ruinös ausschweifenden Lebensstil pflegen wie sein Krimiheld Allmen, wogegen wiederum sein helvetischer Realismus spricht.
Man darf also unterstellen, dass Suter an seiner Allmen-Serie aus purem Spaß weiterschreibt, und wenn nur ein Teil selbst des eingeschworenen Suter-Publikums dieses Vergnügen zu schätzen weiß, dürfte das einkalkuliert sein. Dass er sich auf "Suspense" im engeren Wortsinn versteht, hat er unlängst in seinem Roman "Die Zeit, die Zeit" bewiesen. Kurzum: Für Martin Suter ist das Verfassen von Kriminalromanen keine todernste Angelegenheit, da weder sein Lebensunterhalt noch sein Renommee dabei auf dem Spiel steht.
Der Autor Martin Suter hat jetzt ein neues Buch seiner Allemen-Serie herrausgebracht.
Und so darf sich auch der Leser entspannen und bei einem gepflegten Getränk entscheiden, ob er mit dem etwas unwirklichen Milieu, in dem der Privatermittler Johann Friedrich von Allmen agiert, sympathisiert oder nicht. Wenn nein, wird er sich nach härterer und schwärzerer Kost umsehen; wenn ja, macht er sich zum Komplizen einer Attitüde, die das Genre nur mit dem abgespreizten kleinen Finger anfasst und genüsslich ironisiert, angefangen beim ersten Satz: "Es war einer dieser Morgen, an denen er die Krawatte dreimal binden musste, bis die Längen stimmten."
Unübersehbar ist Allmen, der verarmte, hochverschuldete Privatier, der im Gartenhaus der ehemals eigenen Villa residiert und aus Not, weil die Untervermietung des Opern-Premierenabonnements nicht für den Lebensunterhalt reicht, gegen Honorar verschwundene Kunstwerke und Preziosen aufspürt, ein Abkömmling des "Letzten Weynfeldt". Diesen elegant versnobten Kunstexperten setzte Suter vor fünf Jahren in die Welt und verstrickte ihn in eine Fälscheraffäre. Allmen, der sich mithilfe seines guatemaltekischen Butlers Carlos (und neuerdings dessen Lebensgefährtin María) in kunstkriminelle Fälle einmischt, erinnert in Herkunft und Geschmack, schönen Gewohnheiten und eitlen Marotten an Adrian Weynfeldt, ist aber knapper und flüchtiger skizziert, was ihn als Figur eher schematisch erscheinen lässt.
Auch was die Plots und deren atmosphärische Einbettung betrifft, beschränkt der Autor sich jeweils auf das Notwendigste, so als hätte er nicht viel Zeit. Beim Fall Nummer zwei, "Allmen und der rosa Diamant", ging das recht unbefriedigend aus, beim dritten nun, "Allmen und die Dahlien", ist Suters Erzählökonomie wieder besser im Lot, obwohl auch hier die Schnelligkeit des Ablaufs im Missverhältnis zu den Umgangsformen und kulinarischen Gepflogenheiten des passionierten Müßiggängers Allmen steht.
Im Ambiente eines angestaubten Grandhotels fahndet Allmen International Inquiries nach einem gestohlenen Gemälde, dem millionenteuren "Stillleben mit Dahlien" von Henri Fantin-Latour. Und jedes Wort, das man nun noch über Handlung und Personal verlöre, würde dem Buch etwas von seinen hübschen, aber sparsam dosierten Effekten nehmen. Verraten sei nur, dass Suter diesmal, als sei ihm die Krawatte plötzlich zu eng geworden, mit einem Cliffhanger endet - aber auch der trägt Zeichen der Genre-Ironisierung. Allmen frühstückt übrigens jeden Morgen ein Ei, immer in anderer Zubereitung. Die Hardboiled-Variante ist nicht darunter. Kristina Maidt-Zinke
Martin Suter: Allmen und die Dahlien. Roman. Diogenes Verlag, Zürich 2013. 214 Seiten, 18,90 Euro.