Entwarnung für die Musikindustrie: Die Leute geben nun doch Geld für digitale Inhalte aus
Es war nicht mehr als eine kleine Nachricht, die da vor ein paar Tagen durch die Ticker lief: 'Musikmarkt verbucht steigende Erlöse'. Nach langen und bitteren Jahren der Krise sei die deutsche Musikbranche im ersten Halbjahr 2013 zum ersten Mal wieder gewachsen. Immerhin um 1,5 Prozent hätten die Umsätze zugenommen, auf 660 Millionen Euro. Ähnliches war vergangenes Jahr bereits vom Weltverband der Phonoindustrie zu hören gewesen.
Es geht wieder bergauf für die Musikindustrie. Nicht unbedingt wegen der Plattenverkäufe, sondern weil die Umsätze im Netz zunehmen.
Und woher kam die Rettung? Ausgerechnet von dort, wo die ganze Misere vor Jahren ihren Anfang genommen hat: aus dem Netz. Die Erlöse für Downloads und Streamings sind stark gewachsen. Die Leute geben doch Geld für digitale Inhalte aus.
Ist das nun das Ende - oder wenigstens der Anfang vom Ende - eines langen Konflikts, der zuweilen wie ein Kulturkampf geführt worden war? Digitale 'disruption' hat der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Clayton Christensen den Effekt genannt, den die schnelle Durchsetzung des Internets in weiten Lebens- und Geschäftsbereichen hatte. Übersetzen könnte man das vorsichtig mit 'Diskontinuität', schärfer aber auch mit: Bruch, Störung, Zerrüttung oder Zerschlagung.
Tatsächlich war die Musikindustrie hierfür das beste Beispiel. Bis Mitte der Neunzigerjahre liefen die Geschäfte gut, weil die alten Kataloge auf CD ein zweites Mal verkauft werden konnten. Und dann kamen Napster, illegale Downloads und eine neue Konkurrenz aus dem Silicon Valley, und die fetten Jahre waren vorbei. Es folgte ein schmerzhafter, beinahe anderthalb Jahrzehnte dauernder Abstieg.
Genauso schlecht erging es bekanntlich auch dem Journalismus, dem die Anzeigen, Inserate und Leser ins Netz davonliefen, aber auch Buchverlagen und sogar Hollywood. Fast schien es, als würde der gesamten alten Kultur der Geldhahn zugedreht. Dem ins Digitale abziehenden Publikum ließen sich allenfalls noch ein paar Artikel, Texte und Filme hinterherwerfen - umsonst natürlich.
Selbstverständlich ließ in dieser Lage auch das Lamento nicht lange auf sich warten: Viele beschwerten sich über 'Kostenloskultur' und 'Gratismentalität'. Einige von ihnen riefen erst 'Piraten!' und dann die Polizei. Es wurden Abmahnbüros gegründet, es wurde über eine staatlich erhobene 'Kulturflatrate' nachgedacht.
Aber jetzt kommt vorsichtig, doch von allen Seiten Entwarnung. Dank der immer beliebteren Smartphones und Tablet-Computer scheint es gelungen zu sein, das anarchische Meer der Piraten langsam trockenzulegen. Ein paar hohe Paywalls errichtet, und schon ist innerhalb der Deiche Platz für eine Shopping-Mall.
So berichten beispielsweise die (in Deutschland nur bedingt nutzbaren) Anbieter Netflix, Hulu und Amazon von wachsenden Erfolgen beim kostenpflichtigen Download, Stream oder Vermieten von Filmen. Sogar Youtube, beim Umgang mit Copyrights eben noch der wilde Westen, zahlt inzwischen in den USA kleine Lizenzgebühren für jedes angeschaute Musikvideo.
Und auch Musik-Streaming-Services wie Spotify können immer mehr Kunden davon überzeugen, für ihr Angebot eine Monatsgebühr zu zahlen. Die 'Grey Lady' New York Times hat es inzwischen auf mehr als 700 000 zahlende Online-Abonnenten gebracht. Die Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCoopers gehen davon aus, dass die Einnahmen für Online-Medien und -Unterhaltung weiter steigen werden: Sie rechnen mit einem Wachstum von dreizehn Prozent im Jahr, fünf Jahre lang.
Derweil scheint sich im Buchmarkt eine mögliche Koexistenz von alten und neuen Medien abzuzeichnen: Zwar haben die E-Book-Verkäufe in den USA auch im Jahr 2012 noch einmal um 44 Prozent zugelegt. Das ist aber nichts im Vergleich zu dem dreistelligen Wachstum zwischen 2009 und 2011. In einer neuen Umfrage der Buchmarktforscher von Codex Group gaben 79Prozent der E-Book-Leser an, auch weiterhin gedruckte Bücher zu lesen - obwohl die zumeist teurer sind. Etwa ein Fünftel des amerikanischen Buchmarkts ist inzwischen digital, aber nur drei Prozent aller Buchkäufer lesen ausschließlich E-Books. Die Aufteilung scheint dabei entlang inhaltlicher Grenzen zu verlaufen: Besonders beliebt auf E-Books ist das sogenannte 'light reading', also die eher leichte Kost, bei der man zwischendurch auch mal seine E-Mails checken kann. Auf der anderen Seite sind auch die Hardcover-Verkäufe im Jahr 2012 um 100 Millionen Dollar gewachsen.
Die von den Euphorikern des Digitalen lange erhoffte warme kalifornische Sonne, unter der jeder Mensch mit Netzzugang ohne Weiteres zum Künstler, Bürgerjournalisten, Popstar, Politaktivisten oder Unternehmer werden kann, ist nicht aufgegangen. Denn obwohl es deutlich billiger und einfacher geworden ist, zum Beispiel Musik, Videos oder Texte zu produzieren und zu verbreiten, hat sich die Macht eher konzentriert. Mit Apple, Google, Facebook oder Amazon sind riesige, global operierende Medienkonzerne entstanden, die, wie man nun weiß, auch eng mit einem gewaltigen staatlichen Überwachungsapparat zusammenarbeiten. Wenn also die Freunde der 'alten' und 'neuen' Medien bald besser miteinander können, dann umso besser.
Es war nicht mehr als eine kleine Nachricht, die da vor ein paar Tagen durch die Ticker lief: 'Musikmarkt verbucht steigende Erlöse'. Nach langen und bitteren Jahren der Krise sei die deutsche Musikbranche im ersten Halbjahr 2013 zum ersten Mal wieder gewachsen. Immerhin um 1,5 Prozent hätten die Umsätze zugenommen, auf 660 Millionen Euro. Ähnliches war vergangenes Jahr bereits vom Weltverband der Phonoindustrie zu hören gewesen.
Es geht wieder bergauf für die Musikindustrie. Nicht unbedingt wegen der Plattenverkäufe, sondern weil die Umsätze im Netz zunehmen.
Und woher kam die Rettung? Ausgerechnet von dort, wo die ganze Misere vor Jahren ihren Anfang genommen hat: aus dem Netz. Die Erlöse für Downloads und Streamings sind stark gewachsen. Die Leute geben doch Geld für digitale Inhalte aus.
Ist das nun das Ende - oder wenigstens der Anfang vom Ende - eines langen Konflikts, der zuweilen wie ein Kulturkampf geführt worden war? Digitale 'disruption' hat der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Clayton Christensen den Effekt genannt, den die schnelle Durchsetzung des Internets in weiten Lebens- und Geschäftsbereichen hatte. Übersetzen könnte man das vorsichtig mit 'Diskontinuität', schärfer aber auch mit: Bruch, Störung, Zerrüttung oder Zerschlagung.
Tatsächlich war die Musikindustrie hierfür das beste Beispiel. Bis Mitte der Neunzigerjahre liefen die Geschäfte gut, weil die alten Kataloge auf CD ein zweites Mal verkauft werden konnten. Und dann kamen Napster, illegale Downloads und eine neue Konkurrenz aus dem Silicon Valley, und die fetten Jahre waren vorbei. Es folgte ein schmerzhafter, beinahe anderthalb Jahrzehnte dauernder Abstieg.
Genauso schlecht erging es bekanntlich auch dem Journalismus, dem die Anzeigen, Inserate und Leser ins Netz davonliefen, aber auch Buchverlagen und sogar Hollywood. Fast schien es, als würde der gesamten alten Kultur der Geldhahn zugedreht. Dem ins Digitale abziehenden Publikum ließen sich allenfalls noch ein paar Artikel, Texte und Filme hinterherwerfen - umsonst natürlich.
Selbstverständlich ließ in dieser Lage auch das Lamento nicht lange auf sich warten: Viele beschwerten sich über 'Kostenloskultur' und 'Gratismentalität'. Einige von ihnen riefen erst 'Piraten!' und dann die Polizei. Es wurden Abmahnbüros gegründet, es wurde über eine staatlich erhobene 'Kulturflatrate' nachgedacht.
Aber jetzt kommt vorsichtig, doch von allen Seiten Entwarnung. Dank der immer beliebteren Smartphones und Tablet-Computer scheint es gelungen zu sein, das anarchische Meer der Piraten langsam trockenzulegen. Ein paar hohe Paywalls errichtet, und schon ist innerhalb der Deiche Platz für eine Shopping-Mall.
So berichten beispielsweise die (in Deutschland nur bedingt nutzbaren) Anbieter Netflix, Hulu und Amazon von wachsenden Erfolgen beim kostenpflichtigen Download, Stream oder Vermieten von Filmen. Sogar Youtube, beim Umgang mit Copyrights eben noch der wilde Westen, zahlt inzwischen in den USA kleine Lizenzgebühren für jedes angeschaute Musikvideo.
Und auch Musik-Streaming-Services wie Spotify können immer mehr Kunden davon überzeugen, für ihr Angebot eine Monatsgebühr zu zahlen. Die 'Grey Lady' New York Times hat es inzwischen auf mehr als 700 000 zahlende Online-Abonnenten gebracht. Die Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCoopers gehen davon aus, dass die Einnahmen für Online-Medien und -Unterhaltung weiter steigen werden: Sie rechnen mit einem Wachstum von dreizehn Prozent im Jahr, fünf Jahre lang.
Derweil scheint sich im Buchmarkt eine mögliche Koexistenz von alten und neuen Medien abzuzeichnen: Zwar haben die E-Book-Verkäufe in den USA auch im Jahr 2012 noch einmal um 44 Prozent zugelegt. Das ist aber nichts im Vergleich zu dem dreistelligen Wachstum zwischen 2009 und 2011. In einer neuen Umfrage der Buchmarktforscher von Codex Group gaben 79Prozent der E-Book-Leser an, auch weiterhin gedruckte Bücher zu lesen - obwohl die zumeist teurer sind. Etwa ein Fünftel des amerikanischen Buchmarkts ist inzwischen digital, aber nur drei Prozent aller Buchkäufer lesen ausschließlich E-Books. Die Aufteilung scheint dabei entlang inhaltlicher Grenzen zu verlaufen: Besonders beliebt auf E-Books ist das sogenannte 'light reading', also die eher leichte Kost, bei der man zwischendurch auch mal seine E-Mails checken kann. Auf der anderen Seite sind auch die Hardcover-Verkäufe im Jahr 2012 um 100 Millionen Dollar gewachsen.
Die von den Euphorikern des Digitalen lange erhoffte warme kalifornische Sonne, unter der jeder Mensch mit Netzzugang ohne Weiteres zum Künstler, Bürgerjournalisten, Popstar, Politaktivisten oder Unternehmer werden kann, ist nicht aufgegangen. Denn obwohl es deutlich billiger und einfacher geworden ist, zum Beispiel Musik, Videos oder Texte zu produzieren und zu verbreiten, hat sich die Macht eher konzentriert. Mit Apple, Google, Facebook oder Amazon sind riesige, global operierende Medienkonzerne entstanden, die, wie man nun weiß, auch eng mit einem gewaltigen staatlichen Überwachungsapparat zusammenarbeiten. Wenn also die Freunde der 'alten' und 'neuen' Medien bald besser miteinander können, dann umso besser.