Die EU-Kommission will die hohen Gebühren für Handytelefonate im Ausland abschaffen
An diesem Mittwoch wird Kommissionschef José Manuel Barroso aus Portugal seine alljährliche Rede zur Lage der Europäischen Union halten, der ebenso alljährlich eine eher mäßige Aufmerksamkeit zuteil wird. Auch deshalb wollte er ein kleines Schmankerl aufgehoben wissen, das die Kommission an diesem Dienstag beschließen will, aber bereits durchgesickert ist. Es soll den Handynutzern unter den rund 500 Millionen EU-Bürgern das Ende der Roaming-Gebühren bringen. Denn die Kommission will die Weichen dafür stellen, dass die zumeist horrenden Aufschläge, die der Mobilfunkkunde zahlen muss, wenn er sein Handy beziehungsweise Smartphone im europäischen Ausland nutzt, zumindest schrittweise verschwinden. Oder, wie es die zuständige Kommissarin Neelie Kroes aus den Niederlanden voller Pathos formuliert: Auch "die letzten Grenzen, die Europa noch kennt, die Grenzen im Himmel, sollen fallen."
Eine junge Frau telefoniert am Strand von Tarifa an der Costa de la Luz in Spanien mit ihrem Handy (Archivfoto vom 10.07.2007)
Auf den Fluren des Kommissions-Gebäudes in Brüssel wird hinter vorgehaltener Hand mittlerweile eingestanden, dass man eigentlich ehrgeiziger war: "Wir hatten unseren Schuss höher angesetzt." Aus einer Reihe von Gründen, die auch damit zu tun haben, dass der Telekom-Markt in Europa extrem zersplittert ist und aus Tausenden Unternehmen besteht, entschied man sich für ein Modell, das die Telekom-Unternehmen gewissermaßen zur freiwilligen Abschaffung der Roaming-Gebühren zwingen soll. So sollen die Telekom-Unternehmen ihren Kunden Tarifpakete anbieten, die ab Juli 2014 auf die Berechnung von Roaming-Gebühren für Telefonate, SMS und Internetnutzung verzichten. Zurzeit liegen sie bei bis zu 24 Cent pro Minute (plus Mehrwertsteuer).
Sollten sie der Abschaffung nicht aus eigenen Stücken nachkommen, droht den Unternehmen in zweifacher Hinsicht Ungemach: Sie bleiben den gegenwärtigen Regelungen unterworfen, die ab Mitte 2014 eine weitere Reduzierung der zulässigen Roaming-Gebühren um 67 Prozent vorsieht (im Gespräch waren einmal 90 Prozent). Andererseits werden die Firmen dazu gezwungen, ihren Kunden für die Handynutzung im Ausland den Wechsel zu einem anderen Anbieter zu ermöglichen. Das kann ein lokaler Provider, aber auch ein Konkurrenzunternehmen aus dem eigenen Heimatland sein, das gebührenfreies "Roaming" anbietet. Den Unternehmen würde damit theoretisch der Verlust eines Kunden drohen. Kroes hofft aber auch, in die Marktstruktur einzugreifen: Da nicht alle Telekom-Unternehmen Filialen in jedem EU-Land unterhalten, sollen die Firmen Allianzen schmieden, die der Schaffung eines paneuropäischen Telekomunternehmens dienen könnten.
"Die digitale Welt und das Internet sind angeblich grenzenlos - aber wir haben nicht eine einzige Firma, die in sämtlichen EU-Staaten operiert", sagte Kroes am Vorabend der Kommissionssitzung. "Ich würde liebend gerne ein Rennen zwischen Vodafone und anderen Firmen sehen, in dem es darum geht, das erste wirklich paneuropäische Telekom-Unternehmen zu werden." Sie will außerdem erreichen, dass Dienste wie Skype, Whatsapp oder Viber, die Gratiskommunikation ermöglichen, in Zukunft nicht mehr von (Mobilfunk-)Anbietern blockieret oder behindert werden. Auch sollen innereuropäische Ferngespräche im Festnetz nicht teurer sein als Inlands-Ferngespräche.
Die Befürchtungen der Telekom-Unternehmen, dass die Abschaffung der Roaming-Gebühren zu einem Gewinneinbruch führen könnte, hält Kroes für maßlos übertrieben. Sie machten nur fünf Prozent des Profits aus, argumentiert sie. Im Übrigen meint die niederländische Kommissarin, die Innovationsfreudigkeit der Unternehmen schärfen zu können. Dass der Profit bei gleichzeitigem Anstieg des Umsatzes sinke, sei auch dem Umstand geschuldet, dass sich Telekomfirmen auf Lorbeeren wie den schnell verdienten Roaming-Gebühren ausruhen können.
Das Regelungspaket, das nach der voraussichtlichen Annahme durch die Kommission noch vom Europaparlament und den europäischen Regierungen gebilligt werden muss, widmet sich auch der kontrovers diskutierten Frage der Netzneutralität. Dabei bleibt Kroes hinter den Vorstellungen zurück, die das Bundeswirtschaftsministerium entwickelt hat - und kommt der Industrie ein Stück entgegen. So sollen die Telekomfirmen Pakete mit unterschiedlichen Übertragungsgeschwindigkeiten und -volumina anbieten können. Dem Kunden soll eine qualitativ hochwertige Grundversorgung zugesichert werden. Wer aber größere und schnellere Datenmengen will oder braucht, soll sie auch erhalten können. Der Bedarf, der beim Versenden von E-Mails anfällt, sei nicht vergleichbar mit der Netzstabilität, die etwa bei der Online-Übertragung einer Hirnoperation nötig sind. Die Industrie argumentiert, dass Flatrates, die eine Differenzierung zwischen Datenmengen verbieten, die Investitionskapazitäten der Firmen beschränken, die Qualität der Netze aufrecht zu erhalten.
An diesem Mittwoch wird Kommissionschef José Manuel Barroso aus Portugal seine alljährliche Rede zur Lage der Europäischen Union halten, der ebenso alljährlich eine eher mäßige Aufmerksamkeit zuteil wird. Auch deshalb wollte er ein kleines Schmankerl aufgehoben wissen, das die Kommission an diesem Dienstag beschließen will, aber bereits durchgesickert ist. Es soll den Handynutzern unter den rund 500 Millionen EU-Bürgern das Ende der Roaming-Gebühren bringen. Denn die Kommission will die Weichen dafür stellen, dass die zumeist horrenden Aufschläge, die der Mobilfunkkunde zahlen muss, wenn er sein Handy beziehungsweise Smartphone im europäischen Ausland nutzt, zumindest schrittweise verschwinden. Oder, wie es die zuständige Kommissarin Neelie Kroes aus den Niederlanden voller Pathos formuliert: Auch "die letzten Grenzen, die Europa noch kennt, die Grenzen im Himmel, sollen fallen."
Eine junge Frau telefoniert am Strand von Tarifa an der Costa de la Luz in Spanien mit ihrem Handy (Archivfoto vom 10.07.2007)
Auf den Fluren des Kommissions-Gebäudes in Brüssel wird hinter vorgehaltener Hand mittlerweile eingestanden, dass man eigentlich ehrgeiziger war: "Wir hatten unseren Schuss höher angesetzt." Aus einer Reihe von Gründen, die auch damit zu tun haben, dass der Telekom-Markt in Europa extrem zersplittert ist und aus Tausenden Unternehmen besteht, entschied man sich für ein Modell, das die Telekom-Unternehmen gewissermaßen zur freiwilligen Abschaffung der Roaming-Gebühren zwingen soll. So sollen die Telekom-Unternehmen ihren Kunden Tarifpakete anbieten, die ab Juli 2014 auf die Berechnung von Roaming-Gebühren für Telefonate, SMS und Internetnutzung verzichten. Zurzeit liegen sie bei bis zu 24 Cent pro Minute (plus Mehrwertsteuer).
Sollten sie der Abschaffung nicht aus eigenen Stücken nachkommen, droht den Unternehmen in zweifacher Hinsicht Ungemach: Sie bleiben den gegenwärtigen Regelungen unterworfen, die ab Mitte 2014 eine weitere Reduzierung der zulässigen Roaming-Gebühren um 67 Prozent vorsieht (im Gespräch waren einmal 90 Prozent). Andererseits werden die Firmen dazu gezwungen, ihren Kunden für die Handynutzung im Ausland den Wechsel zu einem anderen Anbieter zu ermöglichen. Das kann ein lokaler Provider, aber auch ein Konkurrenzunternehmen aus dem eigenen Heimatland sein, das gebührenfreies "Roaming" anbietet. Den Unternehmen würde damit theoretisch der Verlust eines Kunden drohen. Kroes hofft aber auch, in die Marktstruktur einzugreifen: Da nicht alle Telekom-Unternehmen Filialen in jedem EU-Land unterhalten, sollen die Firmen Allianzen schmieden, die der Schaffung eines paneuropäischen Telekomunternehmens dienen könnten.
"Die digitale Welt und das Internet sind angeblich grenzenlos - aber wir haben nicht eine einzige Firma, die in sämtlichen EU-Staaten operiert", sagte Kroes am Vorabend der Kommissionssitzung. "Ich würde liebend gerne ein Rennen zwischen Vodafone und anderen Firmen sehen, in dem es darum geht, das erste wirklich paneuropäische Telekom-Unternehmen zu werden." Sie will außerdem erreichen, dass Dienste wie Skype, Whatsapp oder Viber, die Gratiskommunikation ermöglichen, in Zukunft nicht mehr von (Mobilfunk-)Anbietern blockieret oder behindert werden. Auch sollen innereuropäische Ferngespräche im Festnetz nicht teurer sein als Inlands-Ferngespräche.
Die Befürchtungen der Telekom-Unternehmen, dass die Abschaffung der Roaming-Gebühren zu einem Gewinneinbruch führen könnte, hält Kroes für maßlos übertrieben. Sie machten nur fünf Prozent des Profits aus, argumentiert sie. Im Übrigen meint die niederländische Kommissarin, die Innovationsfreudigkeit der Unternehmen schärfen zu können. Dass der Profit bei gleichzeitigem Anstieg des Umsatzes sinke, sei auch dem Umstand geschuldet, dass sich Telekomfirmen auf Lorbeeren wie den schnell verdienten Roaming-Gebühren ausruhen können.
Das Regelungspaket, das nach der voraussichtlichen Annahme durch die Kommission noch vom Europaparlament und den europäischen Regierungen gebilligt werden muss, widmet sich auch der kontrovers diskutierten Frage der Netzneutralität. Dabei bleibt Kroes hinter den Vorstellungen zurück, die das Bundeswirtschaftsministerium entwickelt hat - und kommt der Industrie ein Stück entgegen. So sollen die Telekomfirmen Pakete mit unterschiedlichen Übertragungsgeschwindigkeiten und -volumina anbieten können. Dem Kunden soll eine qualitativ hochwertige Grundversorgung zugesichert werden. Wer aber größere und schnellere Datenmengen will oder braucht, soll sie auch erhalten können. Der Bedarf, der beim Versenden von E-Mails anfällt, sei nicht vergleichbar mit der Netzstabilität, die etwa bei der Online-Übertragung einer Hirnoperation nötig sind. Die Industrie argumentiert, dass Flatrates, die eine Differenzierung zwischen Datenmengen verbieten, die Investitionskapazitäten der Firmen beschränken, die Qualität der Netze aufrecht zu erhalten.