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Merkels Bauchgefühl

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Die Kanzlerin erntet Kritik für ihre Aussage zum Adoptionsrecht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich gegen ein volles Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare ausgesprochen - und damit Empörung bei SPD, FDP und Vertretern von Lesben- und Schwulenverbände ausgelöst. "Ich sage Ihnen ganz ehrlich, dass ich mich schwer tue mit der völligen Gleichstellung", hatte Merkel am Montagabend in der ARD gesagt. "Ich bin unsicher, was das Kindeswohl anlangt", fügte sie zur Begründung hinzu. Die Kanzlerin, der diese Antwort auf eine Zuschauerfrage sichtlich schwer fiel, räumte ein, dass ihre Haltung "manch einem veraltet daherkommen" werde und fügte hinzu: "Das muss ich jetzt einfach aushalten." Sie wolle das sagen dürfen, ohne damit Menschen diskriminieren zu wollen. Der Mann, der die Frage gestellt hatte, entgegnete, auch ihm und seinem Partner gehe es um das Kindeswohl. Die Reaktionen auf Merkels Aussage am Tag darauf folgten prompt.



Angela Merkel: "ich bin unsicher, was das Kindeswohl anbelangt."

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles warf Merkel am Dienstag Diskriminierung von Lesben und Schwulen vor. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück forderte das volle Adoptionsrecht für Homo-Paare. Scharfe Kritik kam auch vom Koalitionspartner FDP. Schwule und Lesben sprachen von einem Verstoß gegen das Grundgesetz. FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte: "Die Union muss endlich die Scheuklappen ablegen und in der Lebenswirklichkeit ankommen." Die FDP stehe für die volle Gleichstellung homosexueller Paare. "Dazu zählt selbstverständlich auch das Adoptionsrecht."

Peer Steinbrück (SPD) sagte bei einem Besuch des Film- und Medienzentrums in Ludwigsburg: "Die Lebensentwürfe im 21. Jahrhundert sind bunter als früher." Er habe in seinem eigenen Bekanntenkreis zwei lesbische Paare, deren Kinder die gleiche Liebe und Zuwendung erführen wie die heterosexueller Paare. Nahles sagte, das Bundesverfassungsgericht habe die Regierung sechsmal in Folge in der Frage der Gleichstellung korrigiert. Der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der SPD, Ansgar Dittmar, sagte: "Frau Merkel stellt sich bewusst gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes." Der Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes, Axel Hochrein, reagierte ebenfalls ungehalten: "Die Kanzlerin konnte in der ARD-Wahlarena für ihre Ablehnung des Adoptionsrechtes für gleichgeschlechtliche Paare kein einziges Argument nennen, außer dass sie sich bei dem Thema persönlich schwertue." Er verwies auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach Unterschiede zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft, die die ungleiche Ausgestaltung der Adoptionsmöglichkeiten rechtfertigen könnten, nicht bestünden. Maßstab sei die Verfassung und nicht ein persönliches Bauchgefühl.

In der Sendung ARD-"Wahlarena" dürfen repräsentativ ausgewählte Bürger den Kandidaten für das Bundeskanzleramt Fragen stellen. SPD-Spitzenmann Peer Steinbrück ist am Mittwoch zu Gast.

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