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Mehr Sicherheit im Meer

Kaum sind die Winterstürme vorbei, haben die lebensgefährlichen Überfahrten von Nordafrika aus wieder begonnen. Allein am Mittwoch und Donnerstag hat die italienische Marine und Küstenwache nach Information des Verteidigungsministeriums fast 1000 Bootsflüchtlinge von den Kähnen und Schlauchbooten der Schlepper gesammelt, in den Tagen zuvor waren es 2100. Damit sind in diesem Jahr bereits 8500 Menschen auf diesem Weg nach Italien gelangt.


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Gerettete Schiffbrüchige vor Lampedusa

Selbst im Januar mit seinen ungünstigen Wetterbedingungen waren es zehn Mal mehr Flüchtlinge als im Jahr zuvor, fast 2200. In den vergangenen Tagen wurden bis zu 13 Flüchtlingsboote binnen 48 Stunden ausgemacht, eine Predator-Maschine der italienischen Luftwaffe entdeckte sie als erste. Der Sprecher der Migranten-Organisation OIM sagte, man erlebe zum ersten Mal binnen weniger Stunden eine derart konzentrierte und anhaltende Welle von Flüchtlingsbooten.

Die Südostküste Siziliens zwischen Augusta und Pozallo wurde besonders oft angesteuert, die Auffangzentren der Gegend sind nun voller Menschen, die das Amphibienschiff San Giusto, die Fregatte Euro und das Patrouillenschiff Cigala Fulgosi bringen. Die Behörden in Sizilien hoffen, dass sie möglichst schnell auf die 13 Auffangzentren im Land verteilt werden können. Lampedusa, die Insel, die Symbol ist für das Flüchtlingsdrama, ist nicht mehr Hauptziel, das Aufnahmezentrum dort leer. Marine und Küstenwache konnten in den vergangenen Tagen meist rechtzeitig eingreifen, auch Fischerboote beteiligten sich an der Rettung. Einen Toten hat es dennoch gegeben. Die Männer der Marine fanden ihn von den Dieselabgasen des Schiffsmotors vergiftet auf einem völlig überfüllten Boot.

Vor allem Syrer, die vor der schon drei Jahre dauernden Gewalt in ihrem Heimatland fliehen, aber auch Eritreer und Palästinenser machen sich auf den Weg nach Europa. Oft brechen sie von einem Hafen in Libyen auf. Und immer wieder hört man, dass auch korrupte libysche Zollbeamte Teil dieses kriminellen Transportwesens sind. In Italien hingegen sind die jüngsten Rettungsaktionen ein Zeichen dafür, dass die Operation „Mare Nostrum“ Fortschritte für die Sicherheit der Bootsflüchtlinge bringt. Die Flüchtlingsorganisation OIM hofft auf eine Verlängerung des Programms, das seit Oktober 12000 Menschen auf das Festland gebracht hat.

Nach den dramatischen Unglücken mit Flüchtlingsbooten im vergangenen Herbst mit mehr als 360 Toten vor der Insel Lampedusa hatte der damalige Premierminister Enrico Letta das Sofortprogramm beschlossen, das seit 18. Oktober läuft. „Es ist für uns unerträglich, dass das Mittelmeer ein Meer des Todes ist“, hatte Letta gesagt. Und sein Nachfolger Matteo Renzi hat nun gerade Anlass gesehen, „jeder einzelnen der beteiligten Kräfte zu danken“. Es sei wichtig, „dass wir die Patrouillen – angefangen von den Ausgangsländern – ohne ideologische Vorbehalte zusammenhalten“, sagte Renzi.

Auch vor dem Beginn des Programms Mare Nostrum haben sich Küstenwache, Carabinieri und Finanzpolizei bemüht, Flüchtlingsboote aufzuspüren. Mit Mare Nostrum hat das Militär jedoch seine Rolle ausgeweitet, es gibt jetzt eine eigene Einheit der Marine dafür, mehr Mittel, mehr Schiffe und Hubschrauber. Und die verschiedenen Institutionen – auch Heer, Luftwaffe, Staatspolizei und für Migranten zuständige Beamte des Innenministeriums – sind enger verzahnt. Dazu kommt Unterstützung von der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex und dem Überwachungssystem Eurosur, das neben Satelliten auch Drohnen und Sensoren einsetzt, um Flüchtlingsboote auszumachen. Denn mit Radar allein lassen sie sich nicht erkennen: Zu viele kleine Punkte, die auch Yachten oder Fischerboote sein könnten, tauchen auf den Schirmen auf, um sie alle überprüfen zu können. Auf diese Weise konnten weitere Flüchtlingskatastrophen verhindert werden.

Ein Insider des Ministerienapparats weist aber auf einen Nebeneffekt hin: Je größer die Chancen nun geworden seien, dass Flüchtlingsboote entdeckt werden, ehe ein Unglück geschieht, desto skrupelloser setzten die Menschenschmuggler ihre „Kunden“ in die Boote. Manche gäben ihnen ein Satellitenhandy mit, damit sie gleich nach Verlassen der Hoheitsgewässer italienische Behörden anrufen könnten. Doch steigt seit Mare Nostrum auch die Zahl der festgenommenen Skipper. 46sind es seit Oktober.

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