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Freundschaft und Angst

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Es war ein Aktion nach dem Geschmack slawischer Nationalisten. Kaum hatten russische Spezialeinheiten Anfang März begonnen, die Kontrolle auf der Krim zu übernehmen, war auch Milutin Mališić zur Stelle. Im Tarnanzug, mit langem Bart und schwarzer Fellmütze, die Flaggen Russlands und Serbiens zur Linken und die schwarze Totenkopfflagge serbischer Tschetniks zur Rechten, half Mališić den Russen, bei Sewastopol den Autoverkehr zu kontrollieren. „Unser Ziel ist, im Namen des serbischen Volkes das russische Volk zu unterstützen“ und die Krim gegen „die Lügen des Westens und Europas“ zu unterstützen, sagte der Serbe.



Serbische Ultranationalisten feiern die russische Annexion der Krim

So sehr serbische Nationalisten die Aktion begrüßten, so peinlich berührt war freilich Serbiens Regierung. Und das nicht nur, weil Tschetniks sich in den Kriegen in Bosnien und Kosovo durch Mord, Vergewaltigung und ethische Vertreibung hervortaten. Mališić, der sowohl in Bosnien wie in Kosovo gewesen sein will, trieb es in Serbien so toll, dass er Anfang 2000 wegen Umsturz- und Mordplänen verurteilt, doch später begnadigt wurde.

Die ultranationalistischen Zeiten aber sind in Serbien offiziell vorbei. Schließlich hat Serbien die Annäherung an Europa ausgerufen. Seit Januar laufen Beitrittsgespräche mit der EU. Und wenn Europas Staats- und Regierungschefs sich den Kopf zerbrechen, wie sie der russischen Annexion der Krim begegnen sollen, sieht es nicht gut aus, wenn ein serbischer Tschetnik zum Krim-Einsatz ausrückt.

Die Annexion der Krim kann Belgrad erst recht nicht gut heißen: Schon hat im Süden Serbiens, wo im Presevo-Tal eine große albanische Minderheit lebt, der Bürgermeister der Stadt Bujanovac gefordert, wenn Moskau die Krim aufnehme, könnten Albanien oder Kosovo „das Gleiche auch für das Presevo-Tal fordern“.

Offen vor den Kopf stoßen möchte Serbien den Kreml allerdings auch nicht. Der designierte serbische Regierungschef Aleksandar Vučić schweigt. Denn Serbien ist fast pleite – und hofft auf den Bau einer russischen Erdgaspipeline durch Serbien und andere Investitionen.

Gerade war Vučić zwei Tage in Moskau. Greifbares ist dabei allerdings nicht herausgekommen. Und so wird sich Vučić als Regierungschef auf den Internationalen Währungsfonds verlassen müssen. Der sitzt in Washington, wird von der US-Regierung dominiert und würde eine starkes Auftreten Serbiens an der Seite Russland ebenfalls wenig schätzen.

Auch die Regierung in Sofia hätte wohl am liebsten geschwiegen. Wie Serbien sitzt auch Bulgarien, das ärmste EU-Mitglied, zwischen zwei Stühlen. Einerseits lebt Bulgarien stark von russischem Erdgas, jährlich 700000 russischen Touristen und russischen Investoren. Auch teilen viele Bulgaren mit den Russen den orthodoxen Glauben – ebenso wie das Misstrauen gegenüber der Politik des Westens. So reisten auch bulgarische Ultranationalisten zur Unterstützung Russlands auf die Krim.

Andererseits braucht Bulgarien, das wegen der hohen Korruption von Brüssel ohnehin scharf beäugt wird, die EU-Fördergelder. Nach reiflicher Überlegung rief Bulgariens Präsident Rossen Plewnelijew am Montag dieser Woche die wichtigsten Minister, Geheimdienstchefs und Parteiführer zu einer Sitzung des Beirats für Nationale Sicherheit zusammen. Dessen Fazit: Bulgarien erkennt das Referendum vom 16.März, mit dem sich die Krim von der Ukraine lossagte und für den Beitritt zu Russland stimmte, nicht an, weil es sowohl internationalem Recht wie der Verfassung der Ukraine widersprach. Außerdem unterstütze Sofia das unterzeichnete Assoziierungsabkommen der EU mit der Ukraine.

Von Wirtschaftssanktionen gegen Russland aber war in Sofia ausdrücklich keine Rede. Eine verständliche Position: Bulgarien hängt fast völlig von russischem Erdgas ab, das durch eine Pipeline in der Ukraine nach Bulgarien strömt. Ebenso importiert das Land russisches Benzin und Brennstoff für sein Atomkraftwerk aus sowjetischer Zeit. Um die Abhängigkeit von Russland zu mindern, sollen der Empfehlung des Sicherheitsbeirates zufolge möglichst schnell Gasvorkommen im bulgarischen Teil des Schwarzen Meeres erschlossen und alternative Energielieferanten gefunden werden – ein Umsteuern, das selbst im besten Fall Jahre erfordert.

Der Nachbar Rumänien dagegen verfügt über bedeutende eigene Reserven an Erdöl und -gas und ist Russland auch politisch und kulturell wenig verbunden. Seit dem Ausbruch der Ukraine-Krise sorgt sich die Regierung in Bukarest vor allem um Moskaus Vorgehen in seinem Nachbarland, der Republik Moldau. Die gehörte bis zum Ersten Weltkrieg zum russischen Zarenreich, dann zu Rumänien, seit Ende des Zweiten Weltkrieges zur Sowjetunion. Als Moldau 1990 aus der Sowjetunion austrat, spaltete sich Transnistrien mit Hilfe des russischen Geheimdienstes und der russischen Armee faktisch ab.

Jetzt habe Rumänien „Angst vor möglicher Ansteckung in der Region“, so Außenminister Titus Corlatean. Das heißt: Angst davor, dass Russlands Präsident Wladimir Putin nach der Krim auch Transnistrien annektieren könnte. Einen entsprechenden Aufruf des Parlaments von Transnistrien gibt es bereits.

Anders als Bulgarien hat das Nato- und EU-Mitglied Rumänien bereits wissen lassen, dass es jegliche Sanktionen der EU gegen Russland unterstütze. In einem symbolischen Schritt unterschrieb Rumänien mit der Übergangsregierung in Kiew einen Vertrag über militärische Zusammenarbeit. Die rumänische Regierung stimmte auch ausdrücklich zu, dass die Nato von Rumänien aus Aufklärungsflugzeuge aufsteigen lässt, um die Bewegungen des russischen Militärs auf der Krim und an der Grenze zwischen Russland und der Ukraine besser zu verfolgen.

Die Ukraine-Krise macht auch noch einem weiteren Balkan-Land Sorgen. Milo Djukanović, Premier des in die EU und die Nato strebenden Montenegro, sagte jüngst: „Die Arbeit der Nato auf dem Westbalkan ist nicht beendet.“ Bei einer Pressekonferenz mit dem Generalsekretär des Bündnisses, Anders Fogh Rasmussen, machte er klar, dass er darauf hoffe, Montenegro werde schon beim nächsten Nato-Gipfel Anfang September in Wales formell eingeladen, Mitglied der Verteidigungsallianz zu werden.


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