Nach vielen Jahren mit hohen Verlusten: Der Verlag der 'Frankfurter Rundschau' stellt Insolvenzantrag. Der Geschäftsbetrieb soll zwar vorerst fortgesetzt werden, doch die Aussichten sind nicht rosig.
Frankfurt/München - 'Gnädig mit Griechenland' titelte die Frankfurter Rundschau (FR) an diesem Dienstag auf der ersten Seite. Dort stand ein Artikel über die massiven wirtschaftlichen Probleme des Eurolandes, bebildert mit der Akropolis in Athen. Gnade für das eigene Unternehmen, das ebenfalls seit langem zu kämpfen hat, gab es dagegen nun nicht mehr. Am Dienstagmorgen musste das Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main, das die überregionale Tageszeitung verlegt, beim Amtsgericht Frankfurt Insolvenzantrag stellen. Als Grund werden die 'massiven Umsatzverluste im Anzeigen- und Druckgeschäft in der ersten Hälfte des laufenden Jahres' angegeben. Die Belegschaft wurde von dem Schritt überrascht und am Nachmittag in Frankfurt bei einer Betriebsversammlung informiert.
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'Frankfurter Rundschau' ist pleite
Es ist möglicherweise das Aus für den Traditionstitel. In der Redaktion breitete sich schnell 'Grabesstimmung aus', wie es ein FR-Redakteur nannte. 'Hier rechnet keiner damit, dass die Zeitung in irgendeiner Form weitergeführt wird, die wird einfach komplett eingestellt, mit Stumpf und Stiel.' Furchtbar sei die Stimmung, 'richtig beschissen'. Die FR, das war lange ein Blatt von überregionaler Ausstrahlung, lange Pflichtlektüre in linken Kreisen längst nicht nur in Hessen (siehe Artikel rechts). Doch in den vergangenen Jahren hat dieser Ruf bereits stark gelitten. Das Sagen hat seit sechs Jahren die Kölner Mediengruppe Du Mont Schauberg, die 50 Prozent plus eine Aktie der Anteile kontrolliert. Etwa 40 Prozent hält die Medienbeteiligungsgesellschaft DDVG der SPD, mit weiteren etwa zehn Prozent ist die Karl-Gerold-Stiftung beteiligt. Die Gesellschafter haben jetzt die finanzielle Unterstützung eingestellt, sodass der Gang zum Amtsgericht unvermeidlich wurde. Es sei 'ein beachtlicher Millionenbetrag' in den vergangenen Jahren investiert worden, heißt es in einer Mitteilung der Mediengruppe M. DuMont Schauberg vom Dienstag. Die Gesellschafter könnten aber keine 'überzeugende Perspektive' mehr erkennen. Die Finanzierung der weiterhin hohen Verluste sei 'nicht mehr darstellbar' - so klingt der Offenbarungseid.
Die Zeitung ist leiderprobt. Die FR mit dem Grün als Erkennungsfarbe arbeitet schon lange mit tiefroten Zahlen. Die Auflage ist seit Jahren rückläufig. Im abgelaufenen Quartal wurden nur noch durchschnittlich 118000 Exemplare täglich verkauft. Ein beispielloser Absturz, denn vor gut zehn Jahren waren es noch mehr als 190000 Stück gewesen. Schon einmal musste die FR vor dem Aus gerettet werden, das war 2004. Damals stieg die SPD-Holding DDVG ein und stabilisierte das Zeitungshaus. Als 'Ritt über den Bodensee' beschreibt die damalige SPD-Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier das Engagement. Zwei Jahre später, 2006, kam dann der Kölner Verleger Alfred Neven Du Mont an Bord. Er übernahm von der DDVG die Mehrheit der FR und damit die Kontrolle. Die SPD-Leute waren fortan Juniorpartner.
In den vergangenen Jahren versuchte das Kölner Zeitungshaus verzweifelt, die Lage bei der FR in den Griff zu bekommen. Es gab immer neue Sparrunden, doch die wirtschaftliche Lage wurde dadurch immer schlechter, nicht besser. 2007 wurde auf das kleinere Tabloid-Format umgestellt, die Lage stabilisierte sich nur kurzfristig. Eine als gelungen geltende iPad-Version, die Preise erhielt, wurde zwar früh auf den Markt gebracht, der Durchbruch war aber auch das nicht.
Es gab kein Entringen aus dem Teufelskreis nach unten. So hat die FR bereits drastisch Personal abgebaut. Die überregionalen Inhalte der Zeitung, der sogenannte Mantelteil, werden überwiegend von einer Redaktionsgemeinschaft des Mutterverlags in Berlin erstellt und sind zu einem Großteil identisch mit dem der Berliner Zeitung, die ebenfalls zu Du Mont Schauberg gehört. In Frankfurt sind jedoch noch zahlreiche Redakteure tätig, nicht nur des Regional- und Lokalteils.
Die FR ist nicht alleine. Erst vor einigen Wochen stellte in Berlin die Nachrichtenagentur dapd Insolvenzantrag, auch hier gab der Gesellschafter, ein Münchner Finanzinvestor, kein weitere Geld mehr. Nun sollen viele Stellen abgebaut werden. Als gefährdet gilt auch das Wirtschaftsblatt Financial Times Deutschland (FTD). In der kommenden Woche will der Aufsichtsrat des Mutterverlags Gruner + Jahr zusammenkommen, um über die Zukunft der Wirtschaftsmedien zu beraten - dazu gehören neben der FTD auch Capital, Impulse und Börse Online. Auch hier werden seit langem Verluste erwirtschaftet, radikale Maßnahmen sind nicht ausgeschlossen. Mehrheitsaktionär bei G + J ist der Bertelsmann-Konzern aus Gütersloh.
Wie es nun in Frankfurt weitergeht, ist unklar. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter sei der Rechtsanwalt Frank Schmitt von der Kanzlei Schultze & Braun bestellt worden. Dieser sei 'umgehend' in Gespräche vor Ort mit der Geschäftsleitung eingetreten. Derzeit werde die aktuelle Vermögenslage der Gesellschaft eingesehen und geprüft sowie eine mögliche Sanierung besprochen. Ob da noch viel zu holen ist? Jedenfalls sei es das Ziel, den Geschäftsbetrieb fortzuführen, heißt es. Löhne und Gehälter seien bis Ende Januar 2013 über das Insolvenzgeld abgesichert.
Der Deutsche Journalisten-Verband hat die Geschäftsführung des Medienkonzerns Du Mont Schauberg aufgefordert, auf Kündigungen redaktioneller FR-Mitarbeiter weitgehend zu verzichten. 'Die Journalistinnen und Journalisten der FR brauchen eine berufliche Perspektive', sagte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. Er erwarte, dass der Verlag den Betroffenen adäquate Stellen bei anderen Medien von Du Mont Schauberg anbiete. 'Die Insolvenz der Rundschau ist die Folge von jahrzehntelangem Missmanagement', kritisierte Konken. 'Das Aus der renommierten Zeitung ist besonders bitter für die Beschäftigten, die über Jahre hinweg mit Einkommensverzicht für den Erhalt ihrer Zeitung gekämpft haben.'
Auch die Gewerkschaft Verdi reagierte überrascht auf den Insolvenzantrag. 'Wir hatten gehofft, dass es andere Lösungen gibt', sagte Manfred Moos, Landesfachbereichsleiter Medien, Kunst und Industrie bei Verdi in Hessen. 'Wir hoffen, dass die bisherigen Gesellschafter dazu beitragen, dass für alle eine gute Lösung gefunden wird.' Denkbar sei jedoch auch, dass ein Investor versucht, die Zeitung zu retten 'und das hoffentlich dann auch besser macht'. Verdi glaube nach wie vor, dass die FR eine 'attraktive Zeitung in einer attraktiven Region ist'.
Frankfurt/München - 'Gnädig mit Griechenland' titelte die Frankfurter Rundschau (FR) an diesem Dienstag auf der ersten Seite. Dort stand ein Artikel über die massiven wirtschaftlichen Probleme des Eurolandes, bebildert mit der Akropolis in Athen. Gnade für das eigene Unternehmen, das ebenfalls seit langem zu kämpfen hat, gab es dagegen nun nicht mehr. Am Dienstagmorgen musste das Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main, das die überregionale Tageszeitung verlegt, beim Amtsgericht Frankfurt Insolvenzantrag stellen. Als Grund werden die 'massiven Umsatzverluste im Anzeigen- und Druckgeschäft in der ersten Hälfte des laufenden Jahres' angegeben. Die Belegschaft wurde von dem Schritt überrascht und am Nachmittag in Frankfurt bei einer Betriebsversammlung informiert.

'Frankfurter Rundschau' ist pleite
Es ist möglicherweise das Aus für den Traditionstitel. In der Redaktion breitete sich schnell 'Grabesstimmung aus', wie es ein FR-Redakteur nannte. 'Hier rechnet keiner damit, dass die Zeitung in irgendeiner Form weitergeführt wird, die wird einfach komplett eingestellt, mit Stumpf und Stiel.' Furchtbar sei die Stimmung, 'richtig beschissen'. Die FR, das war lange ein Blatt von überregionaler Ausstrahlung, lange Pflichtlektüre in linken Kreisen längst nicht nur in Hessen (siehe Artikel rechts). Doch in den vergangenen Jahren hat dieser Ruf bereits stark gelitten. Das Sagen hat seit sechs Jahren die Kölner Mediengruppe Du Mont Schauberg, die 50 Prozent plus eine Aktie der Anteile kontrolliert. Etwa 40 Prozent hält die Medienbeteiligungsgesellschaft DDVG der SPD, mit weiteren etwa zehn Prozent ist die Karl-Gerold-Stiftung beteiligt. Die Gesellschafter haben jetzt die finanzielle Unterstützung eingestellt, sodass der Gang zum Amtsgericht unvermeidlich wurde. Es sei 'ein beachtlicher Millionenbetrag' in den vergangenen Jahren investiert worden, heißt es in einer Mitteilung der Mediengruppe M. DuMont Schauberg vom Dienstag. Die Gesellschafter könnten aber keine 'überzeugende Perspektive' mehr erkennen. Die Finanzierung der weiterhin hohen Verluste sei 'nicht mehr darstellbar' - so klingt der Offenbarungseid.
Die Zeitung ist leiderprobt. Die FR mit dem Grün als Erkennungsfarbe arbeitet schon lange mit tiefroten Zahlen. Die Auflage ist seit Jahren rückläufig. Im abgelaufenen Quartal wurden nur noch durchschnittlich 118000 Exemplare täglich verkauft. Ein beispielloser Absturz, denn vor gut zehn Jahren waren es noch mehr als 190000 Stück gewesen. Schon einmal musste die FR vor dem Aus gerettet werden, das war 2004. Damals stieg die SPD-Holding DDVG ein und stabilisierte das Zeitungshaus. Als 'Ritt über den Bodensee' beschreibt die damalige SPD-Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier das Engagement. Zwei Jahre später, 2006, kam dann der Kölner Verleger Alfred Neven Du Mont an Bord. Er übernahm von der DDVG die Mehrheit der FR und damit die Kontrolle. Die SPD-Leute waren fortan Juniorpartner.
In den vergangenen Jahren versuchte das Kölner Zeitungshaus verzweifelt, die Lage bei der FR in den Griff zu bekommen. Es gab immer neue Sparrunden, doch die wirtschaftliche Lage wurde dadurch immer schlechter, nicht besser. 2007 wurde auf das kleinere Tabloid-Format umgestellt, die Lage stabilisierte sich nur kurzfristig. Eine als gelungen geltende iPad-Version, die Preise erhielt, wurde zwar früh auf den Markt gebracht, der Durchbruch war aber auch das nicht.
Es gab kein Entringen aus dem Teufelskreis nach unten. So hat die FR bereits drastisch Personal abgebaut. Die überregionalen Inhalte der Zeitung, der sogenannte Mantelteil, werden überwiegend von einer Redaktionsgemeinschaft des Mutterverlags in Berlin erstellt und sind zu einem Großteil identisch mit dem der Berliner Zeitung, die ebenfalls zu Du Mont Schauberg gehört. In Frankfurt sind jedoch noch zahlreiche Redakteure tätig, nicht nur des Regional- und Lokalteils.
Die FR ist nicht alleine. Erst vor einigen Wochen stellte in Berlin die Nachrichtenagentur dapd Insolvenzantrag, auch hier gab der Gesellschafter, ein Münchner Finanzinvestor, kein weitere Geld mehr. Nun sollen viele Stellen abgebaut werden. Als gefährdet gilt auch das Wirtschaftsblatt Financial Times Deutschland (FTD). In der kommenden Woche will der Aufsichtsrat des Mutterverlags Gruner + Jahr zusammenkommen, um über die Zukunft der Wirtschaftsmedien zu beraten - dazu gehören neben der FTD auch Capital, Impulse und Börse Online. Auch hier werden seit langem Verluste erwirtschaftet, radikale Maßnahmen sind nicht ausgeschlossen. Mehrheitsaktionär bei G + J ist der Bertelsmann-Konzern aus Gütersloh.
Wie es nun in Frankfurt weitergeht, ist unklar. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter sei der Rechtsanwalt Frank Schmitt von der Kanzlei Schultze & Braun bestellt worden. Dieser sei 'umgehend' in Gespräche vor Ort mit der Geschäftsleitung eingetreten. Derzeit werde die aktuelle Vermögenslage der Gesellschaft eingesehen und geprüft sowie eine mögliche Sanierung besprochen. Ob da noch viel zu holen ist? Jedenfalls sei es das Ziel, den Geschäftsbetrieb fortzuführen, heißt es. Löhne und Gehälter seien bis Ende Januar 2013 über das Insolvenzgeld abgesichert.
Der Deutsche Journalisten-Verband hat die Geschäftsführung des Medienkonzerns Du Mont Schauberg aufgefordert, auf Kündigungen redaktioneller FR-Mitarbeiter weitgehend zu verzichten. 'Die Journalistinnen und Journalisten der FR brauchen eine berufliche Perspektive', sagte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. Er erwarte, dass der Verlag den Betroffenen adäquate Stellen bei anderen Medien von Du Mont Schauberg anbiete. 'Die Insolvenz der Rundschau ist die Folge von jahrzehntelangem Missmanagement', kritisierte Konken. 'Das Aus der renommierten Zeitung ist besonders bitter für die Beschäftigten, die über Jahre hinweg mit Einkommensverzicht für den Erhalt ihrer Zeitung gekämpft haben.'
Auch die Gewerkschaft Verdi reagierte überrascht auf den Insolvenzantrag. 'Wir hatten gehofft, dass es andere Lösungen gibt', sagte Manfred Moos, Landesfachbereichsleiter Medien, Kunst und Industrie bei Verdi in Hessen. 'Wir hoffen, dass die bisherigen Gesellschafter dazu beitragen, dass für alle eine gute Lösung gefunden wird.' Denkbar sei jedoch auch, dass ein Investor versucht, die Zeitung zu retten 'und das hoffentlich dann auch besser macht'. Verdi glaube nach wie vor, dass die FR eine 'attraktive Zeitung in einer attraktiven Region ist'.