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Putins rechte Freunde

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Wenn Wolen Siderow auf den Westen schimpft, kennt er keine Gnade. Seit Bulgarien Lidl-Supermärkte, Shell-Tankstellen und Raiffeisen-Banken ins Land gelassen hat, dazu Weltbank und Internationalen Währungsfonds, ist die Heimat „kolonial versklavt“. So jedenfalls sieht es Siderow, Chef der Partei Ataka (Angriff). „Nach dem Mauerfall lebten wir in der Illusion, der Westen wolle nur das Beste. Das war ein Irrtum: Tatsächlich kamen sie unter dem Deckmantel der westlichen Demokratie alle nur zu uns, um zu rauben und zu plündern“, sagt Siderow, der mit seinem scharfgeschnittenen Gesicht etwas von einem Falken hat und sein Büro im Zentrum von Sofia mit einer unkonventionellen Mischung aus Ikonen und Ölbildern, antiken Gewehren und Säbeln schmückt.



Russlands Präsident Putin findet auch in Europa Unterstützer für sein Vorgehen in der Ukraine

Bulgariens Politiker seien an dem Zustand mitschuldig, schließlich träten – außer ihm – alle regelmäßig zum Rapport beim US-Botschafter in Sofia an. Als Teil des Osmanischen Reiches habe Bulgarien einst unter dem „türkischen Joch“ gelitten, sagt Siderow, heute leide sein Land unter der „oligarchischen Weltmafia“, sprich: USA und EU. Auch im eigenen Land sieht er Feinde, „vor allem zigeunerische Diebe, Vergewaltiger und Mörder“. Siderows Rezept: mehr Polizisten, eine Aufrüstung der Armee, die Verstaatlichung zentraler Industriezweige, Religionsunterricht in der Schule sowie Volksabstimmungen über einen Austritt aus Nato und EU.

Nur für ein Land hat Siderow, der mit seiner 2005 gegründeten Ataka-Partei im Parlament ein wichtiger Machtfaktor ist, immer gute Worte übrig: „Wir Bulgaren fühlen uns traditionell mit Russland verbunden.“ Ohne Atakas Duldung wäre im Sommer 2013 eine moskaufreundliche Regierung nicht ins Amt gekommen; zuletzt stimmte Ataka Anfang April für ein Gesetz, die eine Erdgaspipeline des Gazprom-Konzerns durch Bulgarien der EU-Aufsicht entziehen soll. Und falls Bulgarien bei einer weiteren Zuspitzung der Ukraine-Krise schärfere EU-Sanktionen gegen Russland mittragen sollte, will Siderow „alles für den Sturz dieser Regierung tun“.

Seine russlandfreundliche Botschaft verbreitet Ataka im ärmsten EU-Land mit einem für eine kleine Partei erstaunlichen Aufwand. Im ganzen Land werben Plakate mit Siderows Konterfei für Atakas Fernsehsender Alfa – ein Luxus, den sich sonst keine Partei leisten kann. Viele Beobachter gehen davon aus, dass Russland Ataka finanziert. Siderow bestreitet dies: „Wir haben nie Geld von Russland oder von russischen Firmen bekommen und tun dies auch heute nicht.“ Ataka bekomme nur Geld vom Staat, etwa 1,6 Millionen Euro im Jahr.

Ein Diplomat in Sofia ist nicht überzeugt: „Allein die Werbekampagne der letzten Monate kostet schon mehrere hunderttausend Euro – von den Kosten für den Fernsehsender ganz zu schweigen.“ Fest steht, dass Ataka Moskau bedingungslos unterstützt und Parteichef Siderow dort auch bei besonderen Anlässen zu Gast ist, so beim 60. Geburtstag von Präsident Wladimir Putin Anfang Oktober 2012. Empfangen wurde Siderow von Parlamentspräsident Sergej Naryschkin, wie Putin ein KGB-Veteran.

In der Ukraine-Krise wettert Putin oft gegen die angeblich in Kiew jetzt regierenden „Nationalisten, Neonazis, Russophoben und Antisemiten“. Dabei nutzt der Kreml selbst seit Jahren Ultranationalisten und Rechtsradikale als politische Werkzeuge. In Russland ließ Putin schon Ende 2003 den Ultranationalisten (und heutigen Vizepremier) Dmitrij Rogosin die rechtsextreme Partei Rodina (Heimat) aufbauen. Putin griff auch das gegen den Westen gerichtete Konzept einer Eurasischen Gemeinschaft auf, das der Ultranationalist Alexander Dugin entworfen hat, seit 2010 Fakultätschef für Soziologie an Russlands angesehenster Hochschule, der Moskauer Lomonossow-Universität.

In Russland arbeiteten auch rechtsradikale Gruppen wie die Russische Nationale Einheit (RNE) seit Jahren mit offenkundiger Duldung oder gar Hilfe des Geheimdienstes, sagt Nikolaj Mitrochin von der Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen. „Für den Kreml und den Inlandsgeheimdienst FSB sind Rechtsradikale, die oft paramilitärisch ausgebildet sind, nützlich, weil sie die Ideologie russischer Größe und Expansion teilen und sowohl in Russland wie außerhalb einsatzbereit sind.“ Zu ihnen gehört offenbar auch Pawel Gubarew, der sich Anfang März in der ostukrainischen Stadt Donezk zum „Volksgouverneur“ ausrief und mit der Kampagne für einen Anschluss der Ostukraine an Russland begann.

Gubarew war schon 2002 RNE-Mitglied, wie Fotos und Videos belegen, die der Wissenschaftler Mitrochin zusammengetragen hat. In Donezk wurde Gubarew kaum verhüllt von russischen Geheimdienstlern betreut. Mittlerweile verzichtet Moskau mitunter schon auf jede Tarnung. Die Rodina-Partei etwa brüstete sich am 15.April, in Absprache mit den Separatisten seien Parteimitglieder nach Donezk geeilt, um ihnen beizustehen und die Rodina-Flagge zu hissen.

In Europa nutzt der Kreml nicht nur Ataka-Chef Siderow für seine Zwecke, sondern auch die französische Rechtsradikale Marine Le Pen oder Ungarns neofaschistische Jobbik-Partei, sagt Anton Shekhovtsov, der Europas Rechtsradikale und ihre Kreml-Kontakte am University College in London erforscht. „Putin weiß, dass Europas Mainstream-Parteien ihn immer wegen mangelnder Demokratie oder Menschenrechtsverletzungen kritisieren werden. Die Rechtsradikalen dagegen stimmen mit Putins autoritärem, sozialkonservativem Regierungsmodell überein, sie wollen wie er die EU schwächen – und sie sind etwa in Frankreich oder Ungarn stark im Aufwind“, so Shekhovtsov.

Außer bei Ataka sieht der Londoner Wissenschaftler auch bei Jobbik oder dem Front National „Indizien, dass sie von Moskau mitfinanziert werden“. So sei der Jobbik-Funktionär und EU-Abgeordnete Béla Kovács auch Schatzmeister einer Allianz europäischer Rechtsradikaler. Kovacs habe am MGIMO studiert, der Kaderschmiede russischer Agenten und Diplomaten und pflege gute Kontakte nach Moskau.
front
In der Ukraine-Krise sichern Moskaus nationalistische Verbündete die Kreml-Propaganda ab. „US-Stiftungen haben in der Ukraine fünf Milliarden Dollar in extremistische Gruppen wie Swoboda oder Prawy Sektor gesteckt“, sagt etwa Ataka-Chef Siderow. „Die neue ukrainische Regierung hat gesagt, dass sie Russen und Juden töten muss.“ Beide Behauptungen sind frei erfunden.

Zudem, so Siderow, sei die Ukraine „eine künstliche Staatsgründung“ – eine Formulierung, die am 9. April auch Jobbik-Parlamentarier Tamas Gaudi Nagy vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zum Besten gab, unterstützt von einem T-Shirt mit der Aufschrift „Die Krim gehört legal zu Russland!“ Jobbik, Front National und Ataka schickten auch „Wahlbeobachter“, die am 16. März das Referendum über die illegale Annexion der Krim als „hundertprozentig in Übereinstimmung mit europäischen Standards“ priesen. Im Oktober 2014 dann können Europas Radikale gemeinsam über ihre Unterstützung für den Kreml beraten: Dann lädt die rechtsradikale Rodina-Partei Europas Ultranationalisten zum Russischen Nationalforum nach Sankt Petersburg.

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