Der Präsident wand sich ein wenig. Natürlich müssten die internationalen Prinzipien beachtet werden. Und natürlich sei der Erhalt einer souveränen Ukraine wichtig. Aber, so befand Zyperns Präsident Nikos Anastasiadis jüngst bei seinem Besuch in Berlin, es müssten eben auch die Auswirkungen möglicher Sanktionen gegen Russland für jedes Land der Europäischen Union abgewogen werden. Etwas später sprach der Präsident Klartext: „Leider ist es im Fall Zyperns so, dass dieses Land eine große Abhängigkeit von Russland hat.“
Prorussische Aktivisten feiern am Mittwoch die Rückeroberung der Stadtverwaltung in Mariupol von Kräften der ukrainischen Nationalgarde.
Schon in der Euro-Krise war die enge Verflechtung Zyperns mit Russland ein Thema. Die beiden Staaten haben ein Doppelbesteuerungsabkommen, das es für russische Firmen attraktiv macht, Gewinne nach Zypern zu schaffen, um sie dann in Russland zu reinvestieren. Außerdem verbringen viele russische Touristen ihren Urlaub auf der Insel, der Dienstleistungssektor ist stark vom Geschäft mit den Russen abhängig. Und die zyprische Armee bezieht Ausrüstung aus Russland.
Die gemeinsame Pressekonferenz von Anastasiadis und Bundeskanzlerin Angela Merkel war mithin ein lehrreicher Vorgeschmack auf das, was die Europäische Union erwarten könnte, wenn bei einer weiteren Eskalation der Ukraine-Krise über eine dritte Runde von Strafmaßnahmen gegen Russland verhandelt werden müsste. Zypern ist ein besonders heikler Fall, aber auch Staaten wie Bulgarien und die Slowakei sind besorgt wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen, die eine Verschärfung der Sanktionen für sie haben könnte.
Für Angela Merkel hat der Zusammenhalt der EU dabei Priorität. „Wir entscheiden im Europäischen Rat immer einstimmig“, antwortete die Kanzlerin auf die Frage, ob von Russland besonders abhängige Staaten von Sanktionen ausgenommen werden könnten. „Jedes Land stimmt mit, und kein Land kann überstimmt werden.“ Das gibt den kleinen Staaten Sicherheit – kann aber auch den Druck auf sie erhöhen, sich nicht zu isolieren. Ende vergangener Woche signalisierte immerhin US-Präsident Barack Obama beim Besuch Merkels in Washington Geduld mit den europäischen Partnern: In der EU müsse es „umfassende Konsultationen geben“, sagte der Präsident. „Sie haben 28 Länder. Manche sind für einen Vergeltungsschlag Russlands anfälliger als andere.“
Die Kanzlerin verweist immer wieder auf das Beispiel der Energie. Sechs EU-Staaten seien zu 100 Prozent von russischen Gaslieferungen abhängig. Es sind: Estland, Lettland, Litauen, Finnland, Bulgarien und die Slowakei. Zwölf EU-Staaten bezögen mehr als 50 Prozent ihres Gases aus Russland. Merkel versucht, den entsprechenden Sorgen auch mit dem Blick auf die längerfristige Perspektive zu begegnen. Mit Einschränkungen der Energielieferungen schade Russland nicht nur sich selbst, sondern beschleunige auch den Trend in Europa, sich von Russland möglichst schnell unabhängig zu machen. Deshalb unterstützt Merkel nach anfänglichem Zögern inzwischen „im Grundsatz“ den Vorschlag von Polens Premier Donald Tusk für eine engere EU-Zusammenarbeit in der Energiepolitik.
In Berlin weiß man, dass gerade die von der Euro-Krise besonders hart getroffenen Staaten einen neuerlichen Rückschlag nur schwer verkraften könnten. Auch Zyperns Präsident verwies auf das Rettungsprogramm für sein Land und erste Erfolge bei der ökonomischen Erholung. Deshalb dürfe man den möglichen Schaden „nicht außer Acht lassen“. Ein weiterer Konfliktpunkt entsteht durch die unterschiedlichen Strukturen der einzelnen Volkswirtschaften. So hat zum Beispiel Großbritannien überhaupt kein Interesse an Sanktionen, die seinen Finanzsektor beschränken könnten. In Deutschland sorgt sich die Wirtschaft vor allem um ihre Exporte. Der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs hat deshalb die EU-Kommission gebeten, die Folgen von Sanktionen und möglichen Gegensanktionen für alle Mitgliedstaaten zu prüfen.
Für die Abstimmung mit Washington über mögliche Sanktionen reist seit einigen Tagen der Staatssekretär des US-Finanzministeriums, David Cohen, durch europäische Hauptstädte. In Deutschland könnte er dabei der Überlegung begegnet sein, die finanzielle Unterstützung für Russland-Geschäfte durch die Europäische Investitionsbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung auszusetzen.
In Brüssel unterstrich derweil EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, die EU sei im Falle einer „weiteren Destabilisierung“ der Ukraine bereit, „zusätzliche Sanktionen“ zu erlassen. Am Rande eines Treffens mit Japans Premier Shinzo Abe sagte er, trotz der Übereinkünfte der Genfer Konferenz sei eine Verschlechterung der Lage in der Ostukraine unübersehbar. Die Ukraine sei ihren Verpflichtungen aus der Genfer Erklärung nachgekommen, von Russland könne man dies hingegen nicht sagen. Gleichwohl betonten sowohl Van Rompuy wie auch Abe, dass man mit der russischen Führung weiter im Gespräch bleiben müsse. „Das Fenster muss offen bleiben“, sagte Abe. Van Rompuy erklärte überdies, die EU wolle der Ukraine bei der Reform des „zivilen Sicherheitssektors“ helfen – also Polizei, Geheimdienste und Justiz.
Am Mittwoch einigten sich in Brüssel die EU-Botschafter in Vorbereitung des für Montag geplanten Außenministertreffens darauf, den Geltungsbereich für mögliche Sanktionen zu verbreitern. Auf diese Weise sollen insbesondere russische Unternehmen wirksamer bestraft werden können, die von der Annexion der Krim profitieren, berichteten EU-Diplomaten aus den Beratungen. Die Beschlüsse müssen noch von den Außenministern bestätigt werden. Bislang ist eine Bestrafung nur möglich, wenn Firmen direkt mit Personen in Verbindung stehen, „die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen“. Offen noch, wie es sich auf die Diskussion auswirken wird, dass Russlands Präsident Wladimir Putin die Separatisten in der Ostukraine aufgerufen hat, das für Sonntag geplante Unabhängigkeitsreferendum zu verschieben.
Prorussische Aktivisten feiern am Mittwoch die Rückeroberung der Stadtverwaltung in Mariupol von Kräften der ukrainischen Nationalgarde.
Schon in der Euro-Krise war die enge Verflechtung Zyperns mit Russland ein Thema. Die beiden Staaten haben ein Doppelbesteuerungsabkommen, das es für russische Firmen attraktiv macht, Gewinne nach Zypern zu schaffen, um sie dann in Russland zu reinvestieren. Außerdem verbringen viele russische Touristen ihren Urlaub auf der Insel, der Dienstleistungssektor ist stark vom Geschäft mit den Russen abhängig. Und die zyprische Armee bezieht Ausrüstung aus Russland.
Die gemeinsame Pressekonferenz von Anastasiadis und Bundeskanzlerin Angela Merkel war mithin ein lehrreicher Vorgeschmack auf das, was die Europäische Union erwarten könnte, wenn bei einer weiteren Eskalation der Ukraine-Krise über eine dritte Runde von Strafmaßnahmen gegen Russland verhandelt werden müsste. Zypern ist ein besonders heikler Fall, aber auch Staaten wie Bulgarien und die Slowakei sind besorgt wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen, die eine Verschärfung der Sanktionen für sie haben könnte.
Für Angela Merkel hat der Zusammenhalt der EU dabei Priorität. „Wir entscheiden im Europäischen Rat immer einstimmig“, antwortete die Kanzlerin auf die Frage, ob von Russland besonders abhängige Staaten von Sanktionen ausgenommen werden könnten. „Jedes Land stimmt mit, und kein Land kann überstimmt werden.“ Das gibt den kleinen Staaten Sicherheit – kann aber auch den Druck auf sie erhöhen, sich nicht zu isolieren. Ende vergangener Woche signalisierte immerhin US-Präsident Barack Obama beim Besuch Merkels in Washington Geduld mit den europäischen Partnern: In der EU müsse es „umfassende Konsultationen geben“, sagte der Präsident. „Sie haben 28 Länder. Manche sind für einen Vergeltungsschlag Russlands anfälliger als andere.“
Die Kanzlerin verweist immer wieder auf das Beispiel der Energie. Sechs EU-Staaten seien zu 100 Prozent von russischen Gaslieferungen abhängig. Es sind: Estland, Lettland, Litauen, Finnland, Bulgarien und die Slowakei. Zwölf EU-Staaten bezögen mehr als 50 Prozent ihres Gases aus Russland. Merkel versucht, den entsprechenden Sorgen auch mit dem Blick auf die längerfristige Perspektive zu begegnen. Mit Einschränkungen der Energielieferungen schade Russland nicht nur sich selbst, sondern beschleunige auch den Trend in Europa, sich von Russland möglichst schnell unabhängig zu machen. Deshalb unterstützt Merkel nach anfänglichem Zögern inzwischen „im Grundsatz“ den Vorschlag von Polens Premier Donald Tusk für eine engere EU-Zusammenarbeit in der Energiepolitik.
In Berlin weiß man, dass gerade die von der Euro-Krise besonders hart getroffenen Staaten einen neuerlichen Rückschlag nur schwer verkraften könnten. Auch Zyperns Präsident verwies auf das Rettungsprogramm für sein Land und erste Erfolge bei der ökonomischen Erholung. Deshalb dürfe man den möglichen Schaden „nicht außer Acht lassen“. Ein weiterer Konfliktpunkt entsteht durch die unterschiedlichen Strukturen der einzelnen Volkswirtschaften. So hat zum Beispiel Großbritannien überhaupt kein Interesse an Sanktionen, die seinen Finanzsektor beschränken könnten. In Deutschland sorgt sich die Wirtschaft vor allem um ihre Exporte. Der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs hat deshalb die EU-Kommission gebeten, die Folgen von Sanktionen und möglichen Gegensanktionen für alle Mitgliedstaaten zu prüfen.
Für die Abstimmung mit Washington über mögliche Sanktionen reist seit einigen Tagen der Staatssekretär des US-Finanzministeriums, David Cohen, durch europäische Hauptstädte. In Deutschland könnte er dabei der Überlegung begegnet sein, die finanzielle Unterstützung für Russland-Geschäfte durch die Europäische Investitionsbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung auszusetzen.
In Brüssel unterstrich derweil EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, die EU sei im Falle einer „weiteren Destabilisierung“ der Ukraine bereit, „zusätzliche Sanktionen“ zu erlassen. Am Rande eines Treffens mit Japans Premier Shinzo Abe sagte er, trotz der Übereinkünfte der Genfer Konferenz sei eine Verschlechterung der Lage in der Ostukraine unübersehbar. Die Ukraine sei ihren Verpflichtungen aus der Genfer Erklärung nachgekommen, von Russland könne man dies hingegen nicht sagen. Gleichwohl betonten sowohl Van Rompuy wie auch Abe, dass man mit der russischen Führung weiter im Gespräch bleiben müsse. „Das Fenster muss offen bleiben“, sagte Abe. Van Rompuy erklärte überdies, die EU wolle der Ukraine bei der Reform des „zivilen Sicherheitssektors“ helfen – also Polizei, Geheimdienste und Justiz.
Am Mittwoch einigten sich in Brüssel die EU-Botschafter in Vorbereitung des für Montag geplanten Außenministertreffens darauf, den Geltungsbereich für mögliche Sanktionen zu verbreitern. Auf diese Weise sollen insbesondere russische Unternehmen wirksamer bestraft werden können, die von der Annexion der Krim profitieren, berichteten EU-Diplomaten aus den Beratungen. Die Beschlüsse müssen noch von den Außenministern bestätigt werden. Bislang ist eine Bestrafung nur möglich, wenn Firmen direkt mit Personen in Verbindung stehen, „die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen“. Offen noch, wie es sich auf die Diskussion auswirken wird, dass Russlands Präsident Wladimir Putin die Separatisten in der Ostukraine aufgerufen hat, das für Sonntag geplante Unabhängigkeitsreferendum zu verschieben.