Als Heiko Maas diese Woche in Berlin vor Zeitungsverlegern sprach, klang er wie ein Lehrer, der ein dickes Kind freundlich zum Stabhochsprung ermuntert. „Wir sind“, sagte der Bundesjustizminister, „an den Erfahrungen, die Sie hier machen, sehr interessiert.“ Was Maas meint, ist das angekündigte große Kräftemessen um Nutzungsrechte im Internet zwischen Firmen wie Google oder Yahoo und deutschen Verlagen wie Springer oder Burda, die sich auf das seit August 2013 geltende Leistungsschutzrecht berufen – und nun Geld verlangen.
Bundesjustizminister Heiko Maas will prüfen, ob das Leistungsschutzrecht "weiterentwickelt werden" muss. Bis das Gesetz den Verlagen wirklich Geld bringt, dauert es aber wohl noch lange.
Seit Kurzem macht jetzt die Verwertungsgesellschaft VG Media ernst und stellt Rechnungen an Webanbieter wie Yahoo, Microsoft, 1&1, die Deutsche Telekom und den Branchenriesen Google. Sie sollen nach einem am 13. Juni im Bundesanzeiger veröffentlichten Tarifsystem Lizenzen zahlen – für Ausschnitte aus Presseerzeugnissen. Vor allem geht es um sogenannte Snippets, die als Ergebnis einer Suchanfrage gelistet werden. Zu den vielen Einwänden gegen das Leistungsschutzrecht gehört auch, dass es „einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“ von der Zahlpflicht ausnimmt, aber nicht festlegt, wie lange ein Gratis-Ausschnitt sein darf. Da war es wohl auch ermunternd gemeint, wenn Maas jetzt sagte, er wolle prüfen, ob das Gesetz „weiterentwickelt werden“ müsse.
Im Moment liegt die Sache bei der zuständigen Schiedsstelle des Deutschen Patentamts, von da könnte sie an ein Landgericht gehen. Es sieht eher so aus, als ob viele Anläufe nötig sind, damit die Verlage einmal Geld aus dem Leistungsschutzrecht sehen. Google teilt mit: „Wir sind überzeugt, dass unsere Angebote mit dem Leistungsschutzrecht in Einklang stehen.“
Gut möglich, dass der Streit vor dem Bundesverfassungsgericht endet – als Teil jener eminenten Entwicklung, zu der auch das EuGH-Urteil zum „Recht auf Vergessen“ in Suchmaschinen gehört: Der Vermessung des Neulands Internet mit der Ordnung der Gesetze.
Die VG Media steht derzeit nicht für alle Verlage. Zwölf Pressehäuser stiegen als Gesellschafter mit 50 Prozent bei der bis dato nur für den Rundfunk zuständigen VG Media ein. Jeder Verlag kann die VG mit der Wahrnehmung seiner digitalen Rechte betrauen, 139 Unternehmen haben das schon getan (der Süddeutsche Verlag ist nicht Gesellschafter und hat die VG nicht betraut).
Natürlich würde nennenswertes Geld vor allem ein Lizenzvertrag mit Google bringen. Und wie fast immer, wenn es um Google geht, könnte man meinen, einem Glaubensstreit beizuwohnen. Pragmatiker bemängeln noch eher, dass Suchmaschinen nach einem verbindlichen Urteil zu kostenpflichtigen Textlängen ihre Anriss-Texte einfach ein paar Zeichen kürzer fassen könnten – alles stünde wieder auf Anfang. Enthusiasten dagegen sprechen – wie Handelsblatt-Herausgeber Gabor Steingart in der FAZ – von Google und den deutschen Verlagen in einem Jargon, bei dem ganz unironisch von Tätern, Opfern und „Zeit zum Losschlagen“ die Rede ist. Dabei geht es einfach um Geld.
Bisher galt ein unausgesprochener Deal: Verlage tolerieren Snippets und bekommen Klicks von den Suchmaschinen – beide profitieren. Inzwischen ist aber unter Verlagen auch die Auffassung verbreitet, Google profitiere gemessen an Werbeerlösen auf seinen Seiten ungleich mehr von den Lieferungen der Pressehäuser als umgekehrt. Google führt dagegen etwa an, nur 1,1 Prozent der Online-Werbeplätze („Adwords“) stünden auf Trefferseiten mit fünf oder mehr Presseinhalten. Bei der Marktmacht des Konzerns dürfte aber auch bei Miniprozenten einiges zusammenkommen.
Tatsächlich ist das Leistungsschutzrecht vor allem der Versuch, statt des alten Deals eine neue Geschäftsbeziehung zu schließen – wofür Google keinen Anlass sieht. Ob dem Konzern die Aussicht auf einen langen Prozess gefällt, bei dem viele Geschäftszahlen publik würden, ist eine andere Frage.
Eine Einigung würde rückwirkend von Inkrafttreten des Gesetzes an gelten. Bislang aber investieren zwölf Verlage in ein Unterfangen mit offenem Ende. Am deutschen Leistungsschutzrecht hat außer Gutachtern und Anwälten noch keiner wirklich Geld verdient.
Bundesjustizminister Heiko Maas will prüfen, ob das Leistungsschutzrecht "weiterentwickelt werden" muss. Bis das Gesetz den Verlagen wirklich Geld bringt, dauert es aber wohl noch lange.
Seit Kurzem macht jetzt die Verwertungsgesellschaft VG Media ernst und stellt Rechnungen an Webanbieter wie Yahoo, Microsoft, 1&1, die Deutsche Telekom und den Branchenriesen Google. Sie sollen nach einem am 13. Juni im Bundesanzeiger veröffentlichten Tarifsystem Lizenzen zahlen – für Ausschnitte aus Presseerzeugnissen. Vor allem geht es um sogenannte Snippets, die als Ergebnis einer Suchanfrage gelistet werden. Zu den vielen Einwänden gegen das Leistungsschutzrecht gehört auch, dass es „einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“ von der Zahlpflicht ausnimmt, aber nicht festlegt, wie lange ein Gratis-Ausschnitt sein darf. Da war es wohl auch ermunternd gemeint, wenn Maas jetzt sagte, er wolle prüfen, ob das Gesetz „weiterentwickelt werden“ müsse.
Im Moment liegt die Sache bei der zuständigen Schiedsstelle des Deutschen Patentamts, von da könnte sie an ein Landgericht gehen. Es sieht eher so aus, als ob viele Anläufe nötig sind, damit die Verlage einmal Geld aus dem Leistungsschutzrecht sehen. Google teilt mit: „Wir sind überzeugt, dass unsere Angebote mit dem Leistungsschutzrecht in Einklang stehen.“
Gut möglich, dass der Streit vor dem Bundesverfassungsgericht endet – als Teil jener eminenten Entwicklung, zu der auch das EuGH-Urteil zum „Recht auf Vergessen“ in Suchmaschinen gehört: Der Vermessung des Neulands Internet mit der Ordnung der Gesetze.
Die VG Media steht derzeit nicht für alle Verlage. Zwölf Pressehäuser stiegen als Gesellschafter mit 50 Prozent bei der bis dato nur für den Rundfunk zuständigen VG Media ein. Jeder Verlag kann die VG mit der Wahrnehmung seiner digitalen Rechte betrauen, 139 Unternehmen haben das schon getan (der Süddeutsche Verlag ist nicht Gesellschafter und hat die VG nicht betraut).
Natürlich würde nennenswertes Geld vor allem ein Lizenzvertrag mit Google bringen. Und wie fast immer, wenn es um Google geht, könnte man meinen, einem Glaubensstreit beizuwohnen. Pragmatiker bemängeln noch eher, dass Suchmaschinen nach einem verbindlichen Urteil zu kostenpflichtigen Textlängen ihre Anriss-Texte einfach ein paar Zeichen kürzer fassen könnten – alles stünde wieder auf Anfang. Enthusiasten dagegen sprechen – wie Handelsblatt-Herausgeber Gabor Steingart in der FAZ – von Google und den deutschen Verlagen in einem Jargon, bei dem ganz unironisch von Tätern, Opfern und „Zeit zum Losschlagen“ die Rede ist. Dabei geht es einfach um Geld.
Bisher galt ein unausgesprochener Deal: Verlage tolerieren Snippets und bekommen Klicks von den Suchmaschinen – beide profitieren. Inzwischen ist aber unter Verlagen auch die Auffassung verbreitet, Google profitiere gemessen an Werbeerlösen auf seinen Seiten ungleich mehr von den Lieferungen der Pressehäuser als umgekehrt. Google führt dagegen etwa an, nur 1,1 Prozent der Online-Werbeplätze („Adwords“) stünden auf Trefferseiten mit fünf oder mehr Presseinhalten. Bei der Marktmacht des Konzerns dürfte aber auch bei Miniprozenten einiges zusammenkommen.
Tatsächlich ist das Leistungsschutzrecht vor allem der Versuch, statt des alten Deals eine neue Geschäftsbeziehung zu schließen – wofür Google keinen Anlass sieht. Ob dem Konzern die Aussicht auf einen langen Prozess gefällt, bei dem viele Geschäftszahlen publik würden, ist eine andere Frage.
Eine Einigung würde rückwirkend von Inkrafttreten des Gesetzes an gelten. Bislang aber investieren zwölf Verlage in ein Unterfangen mit offenem Ende. Am deutschen Leistungsschutzrecht hat außer Gutachtern und Anwälten noch keiner wirklich Geld verdient.