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Vier gewinnt

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1. Die strenge Kultur

Karl Albrecht galt als strenggläubiger Katholik, der seine Überzeugungen zum Teil auch in das Unternehmen trug. In der Branche ist Aldi dafür bekannt, seinen Managern viele Freiheiten zu lassen, aber sehr großen Wert auf Verlässlichkeit zu legen – bis hinein ins Private. So soll es nicht gern gesehen sein, wenn Top-Führungskräfte nicht in einer intakten Beziehung leben und dies nach außen hin deutlich wird.
Der typische Karriereweg bei Aldi fängt ganz unten an, Externe haben kaum eine Chance, bis in die oberste Führungsebene aufzusteigen.



Hüllt sich in Schweigen: Der Aldi-Konzern, hier das Schild einer Kölner Filiale

Wer in dem Unternehmen etwas werden will, darf sich nicht zu schade sein, anfangs auch mal an der Kasse zu sitzen oder Regale einzuräumen. Dafür bekommen Nachwuchskräfte jedoch sehr schnell große Verantwortung übertragen: Hochschulabsolventen sind bereits nach einem Jahr Traineeprogramm für rund sechs Aldi-Filialen verantwortlich. Auch die Bezahlung ist für die Branche überdurchschnittlich, Zeitarbeiter gibt es kaum. Allerdings gibt es auch keine Betriebsräte. Die Führungsstruktur ist klar hierarchisch: Ein Regionalleiter kommuniziert mit seinem nächsten Untergebenen. Dass er bei einem Filialbesuch mit einer Kassiererin spricht, gilt als undenkbar. Berüchtigt ist Aldi für seine Geheimniskrämerei in jeder Hinsicht: Gesicherte Unternehmenszahlen gibt es kaum, selbst der Tod des Firmengründers wurde erst nach fünf Tagen bekannt.


2. Die klare Strategie

Nach Branchenschätzungen kommt Aldi Süd weltweit auf mehr als 30 Milliarden Euro Umsatz und einen Nettogewinn von zuletzt 1,5 Milliarden Euro. In Deutschland gibt es laut Handelsforschungsinstitut EHI 1830 Aldi-Filialen südlich der Ruhr, wo die Grenze zwischen Aldi Nord und Aldi Süd liegt. Groß geworden sind die Gebrüder Albrecht mit der konsequenten Umsetzung ihrer Discount-Idee, also der Beschränkung aufs Wesentliche: wenig Auswahl, wenig Service, wenig Ausstattung. Daher liegen die Kosten um etwa ein Drittel unter denen eines herkömmlichen Supermarktes. Während dort um die 20000 Artikel zu finden sind, kommen die Discounter mit rund 2000 Produkten pro Markt aus. Da sie diese dann wiederum in höheren Mengen abnehmen können, verfügen Aldi & Co. gegenüber ihren Lieferanten über eine sehr starke Verhandlungsposition. Die niedrigeren Einkaufspreise können die Discounter damit an ihre Kunden weitergeben und viele Produkte billiger anbieten als die Konkurrenz. Mit dieser Strategie wurde Aldi zur Preis-Instanz für den gesamten deutschen Lebensmittelhandel. In den letzten Jahren erweiterte das Unternehmen allerdings seine Sortimente, baute Kühltheken und Obstauslagen in die Läden ein, jüngst sogar Backautomaten.

Der Aufbau der Läden ist fast überall gleich. Auch das senkt die Kosten und vermittelt dem Kunden das Gefühl, sich überall sofort auszukennen. Lange Zeit hatte sich Aldi zudem darauf verlassen, dass die Kunden sich am Billig-Ambiente der Märkte nicht stören. Doch inzwischen kauft auch der Aldi-Kunde nicht mehr aus dem Pappkarton – wie in jedem Supermarkt liegen die Waren meist im Regal.
Um sich neue Kundenschichten zu erschließen, kamen zuletzt auch immer mehr Markenprodukte in die Regale, selbst klassische Luxusartikel wie Champagner oder Lachs sind mittlerweile fester Bestandteil des Sortiments. Damit dringt Aldi seit einigen Jahren in die Kernsortimente der Supermärkte vor. Zuletzt eröffnete Aldi sogar einen Markt auf einer der teuersten Einkaufsstraßen Deutschlands, der Düsseldorfer Königsallee. Bestückt ist der Markt wie jeder andere.

Erfolgreich ist Aldi auch außerhalb Deutschlands. Mehr als die Hälfte des Umsatzes stammt inzwischen aus dem Ausland. Allein in den USA macht Aldi Süd rund sechs Milliarden Euro Umsatz.


3. Die Marktmacht

Aldi Süd und Aldi Nord sind in Deutschland laut Forschungsinstitut EHI mit insgesamt knapp 24 Milliarden Euro Umsatz klarer Marktführer. Mit einigem Abstand folgt die Lidl-Gruppe, die auf 16,5 Milliarden Euro Umsatz kommt. Recht weit abgeschlagen sind die übrigen Discounter Netto (Edeka-Gruppe), Penny (Rewe) und andere. Fast jeder zweite Euro im Lebensmittelhandel fließt in die Kassen der Discounter. Aldi Süd allein kommt auf einen Marktanteil von 8,5 Prozent – obwohl die Kette im Norden Deutschlands gar nicht vertreten ist.

Die Marktmacht der Discounter bei Standardartikeln wie Butter oder Milch ist in Deutschland so groß, dass Konkurrenten es selten einmal wagen, die Preise der Billiganbieter doch zu unterbieten. Den letzten Versuch startete Real vor wenigen Monaten: Die Metro-Tochter hat eine Eigenmarke etabliert, die Pasta billiger anbietet als Aldi.


4. Die Familie im Hintergrund

Karl Albrecht hinterlässt einen Sohn, Karl junior, und eine Tochter, Beate. Der Erstgeborene hat seinen Verzicht auf ein herausgehobenes Amt bei Aldi Süd vor vier Jahren bereits öffentlich verkündet: „Innerhalb von 30 Jahren bin ich dreimal schwer an Krebs erkrankt. Nach der dritten Erkrankung im Jahr 2004 habe ich mich aus dem aktiven Berufsleben zurückgezogen.“ Tochter Beate, ihr Ehemann Peter Heister und Sohn Peter Max Heister hingegen sitzen im Beirat, dem höchsten Kontrollgremium von Aldi Süd. Der Enkel dürfte in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen, erwarten Insider.

Die Albrecht-Nachfahren lassen sich im Beirat zudem von drei familienfremden Managern beraten: Ex-BASF-Chef Jürgen Hambrecht, Allensbach-Chefin Renate Köcher und Wirtschaftsprüfer Jost Wiechmann.Wichtigste Aufgabe des Beirats ist die Überwachung des Vorstands, Koordinierungsrat genannt. Sprecher ist Norbert Podschlapp, der als Zögling des verstorbenen Karl Albrecht gilt und zugleich auch für das Amerika-Geschäft zuständig ist.

Auf ähnlich lange Aldi-Karrieren können seine Kollegen im Top-Management, Michael Klöters und Robert Ochsenschläger, zurückblicken. Ein vierter Koordinierungsrat, Frank Lutz, war von außen gekommen und hatte sein Amt nach kurzer Zeit wieder niedergelegt.

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