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Der will nicht spielen

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Im Dezember 1989 fielen Soldaten der USA mit Kampfhubschraubern in Panama ein, um die Herrschaft von General Manuel Antonio Noriega zu beenden. Der verschanzte sich tagelang in der vatikanischen Botschaft, ehe er Anfang Januar 1990 aufgab, bald danach wurde er in Miami wegen Drogenhandels und anderer Delikte zu zunächst 40 Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Kurz vor seiner vorzeitigen Entlassung griffen dann 2010 die Franzosen zu: Sie ließen ihn wegen Geldwäsche nach Paris ausliefern, ehe ihn Ende 2011 die heimische Justiz zurückholte und weiter einsperrte. Der General ist nun seit bald 25 Jahren im Gefängnis, er ist inzwischen 80 Jahre alt und gebrechlich, seine Heimat ist die Haftanstalt El Renacer, auf Deutsch: die Wiedergeburt.

Und jetzt ist der Alte also wieder groß im Einsatz.

Das Videospiel „Call of Duty“, Version „Black Ops II“, zeigt den früheren Diktator als finstere Gestalt in panamaischer Tarnuniform, mit Funkgerät und Knarre. Man erkennt ihn gleich, sein Gesicht ist legendär: sein Kosename war „Cara de piña“, Ananasgesicht. Im November 2012 kam das Spiel auf den Markt und wurde zum Welterfolg – die US-Firma Activision Blizzard soll damit allein in den ersten beiden Wochen eine Milliarde Dollar umgesetzt haben. Nun klagt der echte Noriega in Los Angeles gegen die Verwendung seiner Figur. Sein Vorwurf: Er werde als „Kidnapper, Mörder und Staatsfeind“ dargestellt, um die Verkäufe in die Höhe zu treiben. Seine Anwälte verlangen für ihren Klienten eine Gewinnbeteiligung und Entschädigung.



Der frühere General und Regierungschef Panamas, Manuel Noriega (Archivbild von 1988)

In dem Action-lastigen Spiel arbeitet Noriega erst mit der CIA zusammen, verrät die Amerikaner aber dann, was ihn zu einem militärischen Ziel macht. Das ist gar nicht so daneben. Der damalige Kommandant von Panamas Nationalgarde war wie viele Bösewichte der lateinamerikanischen Vergangenheit tatsächlich ein gut bezahlter Freund von US-Geheimdienst und Pentagon. Dass er mit Kokaindealern wie dem Medellín-Kartell von Pablo Escobar noch besser verdiente und Gegner massakrierte, störte Washington zunächst wenig. Erst als seine Morde, Betrügereien und Schiebereien von Rauschgift und Waffen öffentlich wurden, ließ George Bush Senior den Tyrannen aus dem Verkehr ziehen. Seine Heimat bestrafte ihn dann unter anderem deshalb, weil er einen oppositionellen Arzt köpfte, einen Major umbrachte und ein Massaker anordnete.

Die Beschuldigten der Computerspielefirma sind nun fest entschlossen, sich gegen den General zu wehren. Sie holten dafür den Anwalt Rudolph Giuliani, einen republikanischen Hardliner – und einst Bürgermeister von New York. Er soll das Unternehmen verteidigen, damit Noriegas Vorstoß keine Schule macht. Zuletzt hatte in einem anderen Fall bereits die US-Schauspielerin Lindsay Lohan Anzeige erstattet und gegen eine Gruppe von College-Studenten eine Millionensumme erstritten.

Die Firma Activision Blizzard spricht von „historischem Aroma“, Noriegas Bekanntheit stamme aus der Politik und nicht aus „kreativer Arbeit“. Der Konzern hatte schon Castro und Kennedy im Programm, bei „Call of Duty: Black Ops II“ ist auch US-General David Petraeus dabei und ein Schiff namens USS Barack Obama. Giuliani übernimmt den Auftrag gerne. Noriega sei ein „abscheulicher Krimineller“, sagte er der Los Angeles Times. Bekäme Noriega recht, „dann könnten ja Osama Bin Ladens Verwandte ‚Zero Dark Thirty‘ (ein Thriller über die Jagd nach dem Terroristen, d.Red.) verklagen“, glaubt er.

Im Übrigen, findet Giuliani, sei Noriega im Spiel ohnehin nur eine Randfigur.

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