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Die Kraft der Herrenrunde

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Worüber reden Männer, wenn sie unter sich sind? Über Sport? Politik? – Über Frauen, hofft Gréta Gunnarsdóttir, Ständige Vertreterin Islands bei den UN in New York. Dort veranstaltet ihr kleines Heimatland im Januar eine besondere Konferenz zum Thema Gleichberechtigung. Ob dabei tatsächlich über Frauenrechte gesprochen wird, hat Gunnarsdóttir nicht in der Hand. Obwohl das Treffen auch ihre Idee war, darf sie nicht teilnehmen. Zur isländischen Frauen-Konferenz sind nur Männer eingeladen.




Island: Endlose Weiten und die weltweite größte Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen.

Die Herren bei den UN sollen sich mehr für Gleichberechtigung engagieren, so die Idee hinter der „Barbershop“-Konferenz. Denn meistens blieben ihre männlichen Kollegen diesen Diskussionen fern, sagt Gunnarsdóttir. Erst kürzlich war sie wieder bei einer Veranstaltung über Gewalt gegen Frauen. Wieder waren die Teilnehmerinnen unter sich. Mitte Januar soll es umgekehrt sein. „Es ist gut, wenn wir den Männern erlauben, über ihre eigene Rolle zu sprechen.“ Gunnarsdóttir will den Kollegen nicht die Schuld an dem Versäumnis geben. Die Frauen drängten bei dem Thema eben in die erste Reihe.


Nicht so bei der Barbershop-Konferenz. Sie dauert zwei Tage und zu einigen Programmpunkten, etwa dem feierlichen Abschluss, sind auch Frauen willkommen. Doch die Hauptarbeit in der zentralen Diskussionsrunde müssen die Männer alleine erledigen. Dort sollen sie vor allem über Gewalt gegen Frauen sprechen und wie man sie verhindern kann. Island möchte damit auch an die Weltfrauenkonferenz vor 20 Jahren in Peking erinnern. „Frauenrechte sind Menschenrechte“, hatte dort Hillary Clinton, damals First Lady der USA, gesagt. Daran erinnerte kürzlich die UN-Frauenbotschafterin Emma Watson. Weniger als 30 Prozent von Clintons Zuhörern seien Männer gewesen, beklagte die Schauspielerin vor UN-Vertretern: „Wie können wir eine Veränderung in der Welt erreichen, wenn nur die Hälfte der Welt eingeladen ist oder sich willkommen fühlt, am Gespräch teilzunehmen.“


Watsons Aufritt war der Auftakt zur UN-Kampagne „He for She“ für mehr Gleichberechtigung. Island ist der Musterschüler dieser Kampagne. Auf deren Webseite kann man sehen, in welchem Land wie viele Männer die Aktion unterstützen. 8055 sind es auf der kleinen Insel – fast doppelt so viele wie in Deutschland. Überhaupt: Nirgendwo ist die Kluft zwischen Männern und Frauen kleiner als in Island, wie das World Economic Forum herausfand. Es untersucht die Chancengleichheit in Job, Bildung, politischer Mitwirkung und Gesundheit.


Kein Wunder also, dass Gunnarsdóttir weiter denkt als mancher Skeptiker. Einige fanden es befremdlich, Männer in einen Raum zu setzen, damit sie dort ungestört über Frauen reden können. „Das ist ja gar nicht Fall“, sagt Gunnarsdóttir. „Wir trainieren nur die Diskussion.“ Außerdem hoffe sie, dass die Männer ein paar neue Ideen beitragen, auf die die Damen nicht gekommen sind. Ihren Namen „Barbershop“ verdankt die Konferenz bereits einem Mann. Island teilt sich die Gastgeberrolle mit Suriname, einem kleinen Land in Südamerika. Dessen UN-Vertreter Henry Mac Donald verriet Gunnarsdóttir, worüber Männer beim Herrenfriseur wirklich sprechen: Sport, Politik und Frauen eben.

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