Das furchtbare Video ging um die Welt: Polizisten stellen Eric Garner, einen 43 Jahre alten übergewichtigen Schwarzen, zur Rede. Es kommt zum Handgemenge, die Polizisten werfen den Mann zu Boden, einer nimmt ihn in den Würgegriff. Minuten später ist Garner tot. Sein Vergehen: Er soll unversteuerte Zigaretten verkauft haben. Der Fall ereignete sich im Juli. Jetzt entschied eine Geschworenen-Jury im New Yorker Stadtbezirk Staten Island, dass der Polizist, der Garner getötet hat, der 29-jährige Daniel Pantaleo, straffrei ausgehen wird.
An den Protesten nahmen – vornehmlich junge – Menschen aller Hautfarben teil. Anders als in Ferguson steht hier nicht eine weiße Polizei einer mehrheitlich schwarzen Bevölkerung gegenüber.
Es ist wie zuvor in Ferguson im Bundesstaat Missouri: Wieder bleibt der Tod eines Schwarzen, verursacht durch einen weißen Polizisten, ungesühnt. In Ferguson war es der 18 Jahre alte Michael Brown. Diesmal war es ein Vater von sechs Kindern, der unter Asthma litt und wegen eines lächerlichen Vergehens sterben musste. Wie in Ferguson löste die Entscheidung der Jury eine Protestwelle aus. Die letzten Worte Garners – „Ich kriege keine Luft mehr“ – wurden zum Fanal für Hunderte von Demonstranten, die in der Nacht zum Donnerstag durch Manhattan zogen.
Und doch ist in New York alles ganz anders. Einerseits ist der Fall viel klarer. In Ferguson gab es widersprüchliche Aussagen zum Tathergang: Hat Michael Brown den Polizisten, der ihn erschoss, bedroht, oder hob er die Hände in einer Geste des Ergebens? In Staten Island gibt es dank des Videos keine Zweifel: Eric Garner bedrohte niemanden. Der Polizist Pantaleo wendete den Würgegriff an, der bei der New Yorker Polizei seit 1993 ausdrücklich verboten ist.
Auf der anderen Seite sind die Proteste in New York friedlich geblieben, anders als in Ferguson gab es keine Plünderungen, auch nicht in dem armen Viertel auf Staten Island, in dem Garner wohnte. An den Protesten nahmen – vornehmlich junge – Menschen aller Hautfarben teil. Die New Yorker zeigten, wie sehr sich das Klima zwischen den Rassen in den vergangenen Jahren entspannt hat. Anders als in Ferguson steht hier nicht eine weiße Polizei einer mehrheitlich schwarzen Bevölkerung gegenüber. Im vergangenen Jahr waren 16,7 Prozent der New Yorker Polizisten schwarz. Das entspricht zwar noch nicht ganz dem Anteil der Schwarzen an der Gesamtbevölkerung (22,6 Prozent), kommt ihm aber sehr nahe. Der Anteil der Polizisten mit lateinamerikanischem Hintergrund („Hispanics“) liegt fast genau im Bevölkerungsdurchschnitt (29,2 Prozent).
Umso heftiger diskutiert New York, warum es trotzdem immer wieder so krasse Fälle polizeilicher Inkompetenz gibt und warum ihnen fast immer junge schwarze Männer zum Opfer fallen. Der Polizeidezernent der Stadt, William Bratton, versprach, seine Behörde „von oben nach unten“ durchzuchecken. Für Bratton dürfte es ein schmerzhafter Prozess werden, denn es geht um sein Lebenswerk. Der heute 67-Jährige war es, der in den Neunzigerjahren die „Broken-Windows“-Strategie durchsetzte: Nach dieser Strategie verfolgten Polizisten auch Kleinstvergehen wie aggressives Betteln oder Urinieren auf der Straße, weil, so die Theorie, den kleinen Vergehen meist größere folgen: Junge Männer, die in U-Bahnhöfen die Sperren überspringen, haben oft auch Drogen bei sich. Also muss man sie sofort untersuchen.
Die Strategie war ein spektakulärer Erfolg, New York ist heute eine der sichersten Großstädte der USA. Als „Broken Windows“ begann, wurden 2000 Menschen im Jahr ermordet, heute sind es 330. Doch nach dem Tod Eric Garners fragen viele New Yorker, ob die Strategie noch notwendig ist. Kritiker wie der TV-Journalist Erroll Louis sehen Zigarettenhändler Garner als Opfer von Broken Windows: „Die Polizei sollte prüfen, wie viel Kraft sie in einer sicherer gewordenen Stadt noch in die Verfolgung von Kleinverbrechen legen sollte.“
Bratton erzielte seine Erfolge einst unter dem rabiaten Republikaner Rudy Giuliani. Als ihn New Yorks linker Bürgermeister Bill de Blasio zu Beginn des Jahres zurückholte, um die Polizei zu reformieren, galt dies als kluger Schachzug. Der Fall Garner hat Brattons Aufgabe nun viel brisanter gemacht, als er sich das vermutlich vorstellen konnte.
An den Protesten nahmen – vornehmlich junge – Menschen aller Hautfarben teil. Anders als in Ferguson steht hier nicht eine weiße Polizei einer mehrheitlich schwarzen Bevölkerung gegenüber.
Es ist wie zuvor in Ferguson im Bundesstaat Missouri: Wieder bleibt der Tod eines Schwarzen, verursacht durch einen weißen Polizisten, ungesühnt. In Ferguson war es der 18 Jahre alte Michael Brown. Diesmal war es ein Vater von sechs Kindern, der unter Asthma litt und wegen eines lächerlichen Vergehens sterben musste. Wie in Ferguson löste die Entscheidung der Jury eine Protestwelle aus. Die letzten Worte Garners – „Ich kriege keine Luft mehr“ – wurden zum Fanal für Hunderte von Demonstranten, die in der Nacht zum Donnerstag durch Manhattan zogen.
Und doch ist in New York alles ganz anders. Einerseits ist der Fall viel klarer. In Ferguson gab es widersprüchliche Aussagen zum Tathergang: Hat Michael Brown den Polizisten, der ihn erschoss, bedroht, oder hob er die Hände in einer Geste des Ergebens? In Staten Island gibt es dank des Videos keine Zweifel: Eric Garner bedrohte niemanden. Der Polizist Pantaleo wendete den Würgegriff an, der bei der New Yorker Polizei seit 1993 ausdrücklich verboten ist.
Auf der anderen Seite sind die Proteste in New York friedlich geblieben, anders als in Ferguson gab es keine Plünderungen, auch nicht in dem armen Viertel auf Staten Island, in dem Garner wohnte. An den Protesten nahmen – vornehmlich junge – Menschen aller Hautfarben teil. Die New Yorker zeigten, wie sehr sich das Klima zwischen den Rassen in den vergangenen Jahren entspannt hat. Anders als in Ferguson steht hier nicht eine weiße Polizei einer mehrheitlich schwarzen Bevölkerung gegenüber. Im vergangenen Jahr waren 16,7 Prozent der New Yorker Polizisten schwarz. Das entspricht zwar noch nicht ganz dem Anteil der Schwarzen an der Gesamtbevölkerung (22,6 Prozent), kommt ihm aber sehr nahe. Der Anteil der Polizisten mit lateinamerikanischem Hintergrund („Hispanics“) liegt fast genau im Bevölkerungsdurchschnitt (29,2 Prozent).
Umso heftiger diskutiert New York, warum es trotzdem immer wieder so krasse Fälle polizeilicher Inkompetenz gibt und warum ihnen fast immer junge schwarze Männer zum Opfer fallen. Der Polizeidezernent der Stadt, William Bratton, versprach, seine Behörde „von oben nach unten“ durchzuchecken. Für Bratton dürfte es ein schmerzhafter Prozess werden, denn es geht um sein Lebenswerk. Der heute 67-Jährige war es, der in den Neunzigerjahren die „Broken-Windows“-Strategie durchsetzte: Nach dieser Strategie verfolgten Polizisten auch Kleinstvergehen wie aggressives Betteln oder Urinieren auf der Straße, weil, so die Theorie, den kleinen Vergehen meist größere folgen: Junge Männer, die in U-Bahnhöfen die Sperren überspringen, haben oft auch Drogen bei sich. Also muss man sie sofort untersuchen.
Die Strategie war ein spektakulärer Erfolg, New York ist heute eine der sichersten Großstädte der USA. Als „Broken Windows“ begann, wurden 2000 Menschen im Jahr ermordet, heute sind es 330. Doch nach dem Tod Eric Garners fragen viele New Yorker, ob die Strategie noch notwendig ist. Kritiker wie der TV-Journalist Erroll Louis sehen Zigarettenhändler Garner als Opfer von Broken Windows: „Die Polizei sollte prüfen, wie viel Kraft sie in einer sicherer gewordenen Stadt noch in die Verfolgung von Kleinverbrechen legen sollte.“
Bratton erzielte seine Erfolge einst unter dem rabiaten Republikaner Rudy Giuliani. Als ihn New Yorks linker Bürgermeister Bill de Blasio zu Beginn des Jahres zurückholte, um die Polizei zu reformieren, galt dies als kluger Schachzug. Der Fall Garner hat Brattons Aufgabe nun viel brisanter gemacht, als er sich das vermutlich vorstellen konnte.