Während der restliche Westen sich aus dem syrischen Bürgerkrieg heraus hält, droht US-Präsident Obama mit einem Militärschlag, sollte Assad Chemiewaffen gegen die Rebellen einsetzen. Dabei ist der Einsatz von Granaten seitens des syrischen Regimes unwahrscheinlich.
Plötzlich wird über das bisher so hartnäckig Verdrängte geredet. Der amerikanische Präsident Barack Obama droht dem syrischen Diktator Baschar al-Assad mehr oder weniger offen mit einem Militärschlag, sollte dessen Armee Chemiewaffen gegen die Aufständischen einsetzen. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle, sonst eher auf Friedenskurs, warnt Assad, er werde in diesem Fall 'zur Rechenschaft gezogen'. Und Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen fragt bei einem Treffen mit Außenministern scheinbar harmlos in die Runde, ob man nicht vorsorglich einige militärische Notfallpläne ausarbeiten lassen sollte, um gerüstet zu sein, wenn das Regime in Damaskus mit Giftgas zu schießen beginnt.
Ergreift im Syrienkonflikt die Initiative: Barack Obama
Was ist da los? Gibt es tatsächlich belastbare Erkenntnisse von Geheimdiensten, dass Assads Truppen Chemiewaffen einsetzen wollen? Oder reden da einige Staaten im Westen einen Vorwand herbei, um nach Monaten des Wartens und Zögerns doch noch in Syrien eingreifen zu können?
Klare Antworten gibt es bislang nicht. Ja, verzweifelte Menschen tun verzweifelte Dinge, und Diktatoren, die ums Überleben kämpfen, sind oft nicht zimperlich in der Wahl der Waffen. Das hat Assad zur Genüge bewiesen. Aber was sollte ihm der Einsatz von Giftgas noch bringen? Der syrische Aufstand ist längst über jenen Punkt hinaus, an dem ein großes Gemetzel in einer Rebellenhochburg ihn stoppen könnte. Assads Vater Hafis wählte diese Methode, als er 1982 in Hama die sunnitischen Muslimbrüder niederkartätschen ließ. Sein Sohn bemüht sich zwar, dem väterlichen Vorbild gerecht zu werden, konnte die Rebellion aber bislang nicht in Blut ersticken. Inzwischen wird in Dutzenden Städten gekämpft, ebenso in Vororten der Hauptstadt Damaskus. In solchen Gebieten Gasgranaten abzufeuern, in denen Zigtausende Zivilisten leben, in denen jede Drehung des Windes Tausende töten kann - das wäre nichts anderes als Massenmord, Terror. Militärisch gesehen wäre der Einsatz von Chemiewaffen hingegen wohl zwecklos.
Politisch sowieso. Obama und Rasmussen sprechen im Grunde eine Selbstverständlichkeit aus: In dem Moment, in dem Assad zu Massenvernichtungswaffen greift, zwingt er den Westen geradezu zum Eingreifen. Irgendeine Art militärischer Intervention, an der die USA und vielleicht die Nato beteiligt sind, wird es dann geben. Auch Russland und China werden in diesem Fall ihre schützenden Hände nicht weiter über Assad halten. Die Zeiten, in denen Giftgas im Nahen Osten als probates Mittel zur Lösung innerer und äußerer Konflikte galt, dessen Einsatz auch der Westen mit kaum mehr als einem Schulterzucken quittierte, sind seit dem Sturz Saddam Husseins vorbei.
Die USA dürfte ein ganz anderes Szenario umtreiben: Syrien ist einer der wichtigsten Unterstützer der islamistischen Hisbollah im Libanon. Sollte diese radikale Gruppe Chemiewaffen in die Finger bekommen - sei es, weil Assad sie weitergibt, sei es, weil die Lager in den Kriegswirren unbewacht sind -, wäre das für Israel eine tödliche Bedrohung. Die Hisbollah hat ähnliche Raketen wie die Hamas im Gazastreifen. Die Vorstellung, eines der Geschosse, die jüngst Tel Aviv trafen, wäre vom Norden aus abgefeuert worden und hätte eine Ladung Senfgas enthalten, ist Stoff für schlaflose Nächte. Geheimdienstmeldungen, denen zufolge sich Hisbollah-Kämpfer in der Nähe syrischer C-Waffen-Depots herumgetrieben haben, dürften ein Grund für Obamas scharfe Warnung gewesen sein.
Bisher hat der Westen keine Bereitschaft gezeigt, im syrischen Bürgerkrieg einzugreifen. Die jüngsten Warnungen vor 'roten Linien' sind kein Zeichen, dass nun eine Intervention bevorsteht. Aber sie zeigen, dass einige Staaten sich darauf vorbereiten, ihre Zurückhaltung aufzugeben.
Plötzlich wird über das bisher so hartnäckig Verdrängte geredet. Der amerikanische Präsident Barack Obama droht dem syrischen Diktator Baschar al-Assad mehr oder weniger offen mit einem Militärschlag, sollte dessen Armee Chemiewaffen gegen die Aufständischen einsetzen. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle, sonst eher auf Friedenskurs, warnt Assad, er werde in diesem Fall 'zur Rechenschaft gezogen'. Und Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen fragt bei einem Treffen mit Außenministern scheinbar harmlos in die Runde, ob man nicht vorsorglich einige militärische Notfallpläne ausarbeiten lassen sollte, um gerüstet zu sein, wenn das Regime in Damaskus mit Giftgas zu schießen beginnt.
Ergreift im Syrienkonflikt die Initiative: Barack Obama
Was ist da los? Gibt es tatsächlich belastbare Erkenntnisse von Geheimdiensten, dass Assads Truppen Chemiewaffen einsetzen wollen? Oder reden da einige Staaten im Westen einen Vorwand herbei, um nach Monaten des Wartens und Zögerns doch noch in Syrien eingreifen zu können?
Klare Antworten gibt es bislang nicht. Ja, verzweifelte Menschen tun verzweifelte Dinge, und Diktatoren, die ums Überleben kämpfen, sind oft nicht zimperlich in der Wahl der Waffen. Das hat Assad zur Genüge bewiesen. Aber was sollte ihm der Einsatz von Giftgas noch bringen? Der syrische Aufstand ist längst über jenen Punkt hinaus, an dem ein großes Gemetzel in einer Rebellenhochburg ihn stoppen könnte. Assads Vater Hafis wählte diese Methode, als er 1982 in Hama die sunnitischen Muslimbrüder niederkartätschen ließ. Sein Sohn bemüht sich zwar, dem väterlichen Vorbild gerecht zu werden, konnte die Rebellion aber bislang nicht in Blut ersticken. Inzwischen wird in Dutzenden Städten gekämpft, ebenso in Vororten der Hauptstadt Damaskus. In solchen Gebieten Gasgranaten abzufeuern, in denen Zigtausende Zivilisten leben, in denen jede Drehung des Windes Tausende töten kann - das wäre nichts anderes als Massenmord, Terror. Militärisch gesehen wäre der Einsatz von Chemiewaffen hingegen wohl zwecklos.
Politisch sowieso. Obama und Rasmussen sprechen im Grunde eine Selbstverständlichkeit aus: In dem Moment, in dem Assad zu Massenvernichtungswaffen greift, zwingt er den Westen geradezu zum Eingreifen. Irgendeine Art militärischer Intervention, an der die USA und vielleicht die Nato beteiligt sind, wird es dann geben. Auch Russland und China werden in diesem Fall ihre schützenden Hände nicht weiter über Assad halten. Die Zeiten, in denen Giftgas im Nahen Osten als probates Mittel zur Lösung innerer und äußerer Konflikte galt, dessen Einsatz auch der Westen mit kaum mehr als einem Schulterzucken quittierte, sind seit dem Sturz Saddam Husseins vorbei.
Die USA dürfte ein ganz anderes Szenario umtreiben: Syrien ist einer der wichtigsten Unterstützer der islamistischen Hisbollah im Libanon. Sollte diese radikale Gruppe Chemiewaffen in die Finger bekommen - sei es, weil Assad sie weitergibt, sei es, weil die Lager in den Kriegswirren unbewacht sind -, wäre das für Israel eine tödliche Bedrohung. Die Hisbollah hat ähnliche Raketen wie die Hamas im Gazastreifen. Die Vorstellung, eines der Geschosse, die jüngst Tel Aviv trafen, wäre vom Norden aus abgefeuert worden und hätte eine Ladung Senfgas enthalten, ist Stoff für schlaflose Nächte. Geheimdienstmeldungen, denen zufolge sich Hisbollah-Kämpfer in der Nähe syrischer C-Waffen-Depots herumgetrieben haben, dürften ein Grund für Obamas scharfe Warnung gewesen sein.
Bisher hat der Westen keine Bereitschaft gezeigt, im syrischen Bürgerkrieg einzugreifen. Die jüngsten Warnungen vor 'roten Linien' sind kein Zeichen, dass nun eine Intervention bevorsteht. Aber sie zeigen, dass einige Staaten sich darauf vorbereiten, ihre Zurückhaltung aufzugeben.