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Die Nachbarn eilen zu Hilfe

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Nach dem Vorpreschen Frankreichs wollen sechs afrikanische Staaten ebenfalls Soldaten nach Mali schicken.

Nairobi - Das Kriegsgebiet, der Norden von Mali, besteht im wesentlichen aus Wüste, und Staatsgrenzen sind in der Wüste naturgemäß oft nicht viel mehr als ein abstrakter Gedanke. Deshalb betrifft der Krieg in Mali die gesamte Region. Die Islamistengruppen, die im vergangenen Jahr eine Tuareg-Rebellion im Norden Malis gekapert haben, agieren im wahrsten Sinne grenzüberschreitend: Unter ihnen sind viele Dschihadisten, die das Nachbarland Algerien in langen und zähen Kämpfen von seinem Staatsgebiet vertrieben hat, und sie sind aufgerüstet aus den Waffenarsenalen des gestürzten libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi. Das ist einer der Gründe, weshalb viele afrikanische Politiker einer Intervention westlicher Mächte in Mali bis zuletzt skeptisch gegenüberstanden: Sie werfen der Nato vor, beim Sturz Gaddafis die Folgen für die umliegenden Staaten zu wenig bedacht zu haben. Eine Intervention in Mali sollte deshalb unbedingt eine afrikanisch geführte sein.



In Mali feiert man den Eingriff von französischer Seite als unerwartete Hilfe.

Nicht, dass die Regierungen von Malis Nachbarländern nichts unternommen hätten: Die westafrikanische Regionalorganisation Ecowas hat bereits seit Monaten auf ein Mandat des Weltsicherheitsrats für eine afrikanisch geführte Intervention in Mali mit 3300 Mann gedrungen; der Rat in New York hatte jedoch immer wieder konkretere Zeit- und Aktionspläne von der Ecowas gefordert. Es war vor allem das Drängen Frankreichs, das im Dezember den Beschluss der Vereinten Nationen brachte. Und wäre Frankreichs Präsident François Hollande jetzt nicht mit dem Marschbefehl für die französischen Truppen vorgeprescht, so hätte es womöglich noch bis September 2013 gedauert, bis eine Offensive gestartet worden wäre. Allerdings ist die Intervention nun nicht wirklich eine afrikanisch geführte - dieser Makel soll schleunigst behoben werden, indem afrikanische Staaten Truppen schicken, die dann an der Seite Frankreichs gegen die islamistischen Milizen kämpfen.

Es sind bislang sechs Staaten, die eine direkte Beteiligung ankündigen: Nigeria - als Anführer der afrikanischen Kräfte - will 600 Mann schicken, Senegal, Burkina Faso und Togo jeweils 500 und Benin 300Soldaten. Auch der Präsident des benachbarten Wüstenstaats Niger, Mahamadou Issoufou, kündigte am Montag in einem Interview mit dem französischen Auslandssender RFI an, 500 Mann zu mobilisieren: 'Niger wird seiner Verantwortung darin gerecht werden, den Norden von Mali zu befreien und den Sahel von diesen Kriminellen zu säubern.' Die nigrische Nationalversammlung soll am Mittwoch in einer außerordentlichen Sitzung über den Militäreinsatz abstimmen - den Einsatz einer 'afrikanischen Truppe', wie Issoufou sagte, 'die wir mit der Unterstützung Frankreichs einsetzen werden.'

Niger hat seit dem militärischen Vorstoß Frankreichs in Mali ein gesteigerte Interesse daran, gegen die Dschihadisten vorzugehen. Ein Sprecher der Islamistengruppe Mujao drohte am Montag: 'Frankreich hat den Islam angegriffen. Wir werden Frankreich ins Herz treffen'. Ein ehrgeiziges Vorhaben - wesentlich leichter dürfte es fallen, französische Interessen und Verbündete in Afrika zu treffen. Niger, auf dessen Territorium sowohl französische als auch malische Soldaten stationiert sind, dürfte da als mögliches Ziel von Vergeltungsschlägen besonders gefährdet sein.

Das überraschendste Zeichen der Unterstützung kommt von der Regionalmacht Algerien: Dessen Regierung hat Frankreichs Luftwaffe umfassende Überflugrechte eingeräumt. Bislang hatte Präsident Abdelaziz Bouteflika einer Intervention im Nachbarland Mali sehr skeptisch gegenübergestanden. Er fürchtete unter anderem, die Islamisten könnten den Konflikt über die Wüstengrenzen in der Sahara wieder in sein Land tragen. Diese Gefahr konkretisiert sich nun offenbar: Laut Omar Belhouchet, Chefredakteur der algerischen Zeitung al-Watan, sind seit den Bombardements von Stellungen der radikalislamistischen Gruppen in Nordmali durch die Franzosen bereits eine Reihe von deren Kämpfern auf der Flucht in Richtung algerische Grenze.

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