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Nawaz Sharif zum Dritten

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Die Wähler in Pakistan haben der bisher regierenden Volkspartei wegen Missmanagements und Korruption eine verheerende Niederlage zugefügt. Nun kehrt der Chef der Muslimliga an die Macht zurück - aber auch er hat nicht den allerbesten Ruf


Singapur - Lange war vom Jugend-Idol Pakistans gar nichts mehr zu sehen. Imran Khan, der frühere Cricket-Kapitän und Weltmeister, lag am Wahlwochenende immer noch im Krankenhaus, weil er sich einige Tage zuvor beim Sturz von einer Hebebühne verletzt hatte. Erst am Sonntag wandte er sich in einer Videobotschaft an die pakistanische Nation, um darin seine Niederlage gegenüber seinem Rivalen Nawaz Sharif von der Muslimliga einzugestehen. Der Schmerz darüber sei aber schnell verflogen, als er die Energie gesehen habe, mit der sich die Jugend in diese Wahl stürzte, sagte Khan. Zu diesem Zeitpunkt wartete Pakistan noch immer auf die Bekanntgabe eines vollständiges Ergebnisses.



Der pakistanische Wahlsieger Nawaz Sharif

Parteiführer Khan sicherte sich zumindest einen Parlamentssitz in seinem Wahlkreis Peshawar, wo er zuvor lautstark gegen den Einsatz von US-Drohnen in den Stammesgebieten protestiert hatte. Die Stadt liegt im Nordwesten, sie ist das Tor zu Afghanistan, und in der Nähe hat Khans Familie ihre Wurzeln. Shah Mehmood Qureshi, früher Außenminister und nun Vize-Chef der Khanschen 'Bewegung für Gerechtigkeit' (PTI), kündigte nach der Niederlage eine engagierte Opposition seiner Partei gegen das Establishment an. Qureshi hat allerdings sein eigenes PTI-Mandat verfehlt und wird nicht ins neue Parlament einziehen.

Wahlsieger Nawaz Sharif musste am Sonntag damit rechnen, die absolute Mehrheit doch nicht zu erreichen. In diesem Fall muss er nach verlässlichen Koalitionspartnern suchen, um eine stabile Regierung zu bilden. Allerdings kann er dafür auch auf kleinere Parteien zugehen und braucht offenbar weder die PTI noch die Pakistanische Volkspartei PPP, die bei diesen Wahlen besonders stark eingebrochen ist.

PPP-Spitzenpolitiker Ali Zardari, Witwer der 2007 ermordeten früheren Premierministerin Benazir Bhutto, bleibt noch bis zum September Präsident Pakistans, dann wählen Vertreter aus den Provinzen und dem Abgeordnetenhaus einen Nachfolger im Amt. Zardari, der als Präsident selbst keinen Wahlkampf betreiben durfte, hat die PPP zwar fünf Jahre lang an der Macht gehalten und auch durch zahllose Schwierigkeiten hindurch gesteuert, sein politischer Instinkt und sein taktisches Geschick wird auch von seinen Gegnern anerkannt. Gleichwohl rechnete schon vor der Wahl niemand mehr mit einem guten Ergebnis für die Volkspartei, weil die Menschen gerade diese letzte Amtszeit als noch viel korrupter einstufen als alle anderen zuvor. Vor allem die stundenlangen Stromausfälle im ganzen Land, die dem Missmanagement der PPP zugerechnet werden, haben die Massen gegen Zardari und sein Lager aufgebracht.

Allzu große Schritte zur Erneuerung Pakistans wagte die Mehrheit der Wähler am Samstag nicht. Die meisten entschieden sich für Nawaz Sharif, der einer Industriellen-Familie aus Punjab entstammt und die Muslimliga führt, Pakistans zweite große etablierte Partei. Sharif regierte bereits zweimal in den 90er Jahren, auch ihn trafen immer wieder Vorwürfe krassen Missmanagements. Dennoch gelang es ihm, seine Wählerschaft wieder für die Muslimliga zu gewinnen. Viele seiner Wähler orientieren sich an der Tradition ihrer Familien, die nie etwas anderes gewählt haben.

Trotz der Terror-Drohungen der pakistanischen Taliban (TTP) und einer wochenlangen Serie tödlicher Gewalt zog es dieses Mal weit mehr Pakistaner zu den Wahlurnen als bei früheren Abstimmungen. Etwa die Hälfte der Wahlberechtigten war unter 34 Jahren, viele von ihnen wählten zum ersten Mal. Besonders gefährlich war das in der 20-Millionen-Metropole Karatschi im Süden des Landes, wo mindestens 13 Menschen bei Anschlägen am Wahltag starben.

Kandidaten beklagten massiven Betrug, manche boykottierten die Abstimmung. Noch in der Nacht zuvor hatte ein Sprecher der pakistanischen Taliban gesagt, dass seine Organisation, die TTP, 'mehrere Aktionen' am 11. Mai plane. 'Deshalb appellieren wir an die Leute, sich von den Wahllokalen fernzuhalten, um ihr Leben zu retten.' Aber abgesehen von Karatschi blieb es in vielen anderen Teilen Pakistans völlig ruhig.

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