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Fehler für die Ewigkeit

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Eine Webseite zeigt gelöschte Tweets von Politikern

Manchmal ist es vertrackt. Wie schreibt man gleich diese Frau aus der CDU, die, na, die ehemalige Bundesministerin ... Rita Süßmut, Süssmuth oder Süssmut? So ähnlich wird SPD-Chef Sigmar Gabriel am 18. April gegrübelt haben, als er fleißig am Twittern war. Er war, mutmaßlich, genervt von der Regierungsbank, von der er erwartete, erneut gegen die Frauenquote zu stimmen. 'In der CDU gibt es eben keine Frauen vom Format Rita Süßmuts mehr', grollte der Vorsitzende wütend im Netz.





Nach einer Stunde löschte Gabriel den Tweet. Da hatte ihm vermutlich jemand mitgeteilt, dass man die ehemalige Bundesministerin und einstige Präsidentin des Deutschen Bundestags eben doch anders schreibt, nämlich: Rita Süssmuth. Gabriel schrieb einen neuen Tweet mit richtigem Namen. Und seine Genossinnen, die MdBs Elke Ferner und Sabine Bätzing, die ebenfalls nicht wussten, wie man Süssmuths Namen schreibt, dafür aber ganz genau, dass das Wort des Chefs zu verbreiten ist, löschten ihre fehlerhaften Tweets ebenfalls. So weit, so unspektakulär. Fehler geschehen, in der Politik wie auch, leider, in Zeitungen. Und ein falsch geschriebener Name auf Twitter ist kein Weltuntergang, sondern wäre eigentlich eine Sache, die man mit dem Klick auf 'Löschen' vergessen könnte, auch als SPD-Chef.

Wenn da nicht Alper Çugun wäre. Der 31 Jahre alte Niederländer sagt: 'Ich finde nicht, dass Politiker das Recht haben, ihre Tweets zu löschen.' Er betreut die Webseite Politwoops.de, auf der seit März 2013 alle Tweets, die Mitglieder des Bundestags erst twittern und dann wieder löschen, veröffentlicht werden. Außerdem sendet der Account @politwoopsde alle gelöschten Nachrichten der MdBs erneut ins Twitter-Universum. Unter Sigmar Gabriels gelöschter Kurznachricht steht auf der Webseite: 'Vor über einem Monat gepostet, nach über einer Stunde gelöscht.'

Die Idee hinter Politwoops wurde mittlerweile in 24 Nationen umgesetzt. Sie entstand auf einem Programmierertreffen in den Niederlanden, bei dem ein anwesender Journalist die Idee der Plattform ausformulierte. Für die Hacker war die Umsetzung des Vorschlags nur die Arbeit eines einzelnen Nachmittags.

Çugun arbeitet für die Open State Foundation, eine Organisation, die sich dafür einsetzt, Regierungen und die Daten, über die Regierungen verfügen, transparent im Netz darzustellen. 'Politiker sollten besser begreifen, wie soziale Medien und das Internet insgesamt funktionieren', sagt Çugun. Politwoops ist für ihn ein sehr großer Holzpfahl, mit dem man den MdBs winken kann. Botschaft: Das Netz vergisst nichts. Daten sind leicht zu speichern, und nicht immer ist es schön, wenn Daten gesammelt werden. Das sollen die MdBs jetzt mal am eigenen Leib spüren. 'Politiker wissen eine Menge über uns, die Bürger. Mit Politwoops wissen wir eine Menge über sie', sagt Çugun. 'Wir haben das Machtverhältnis an diesem Punkt umgedreht. Sie bekommen die Konsequenzen ihrer Fehler zu spüren.' Çugun hält das für demokratische Kontrolle, eine Pflicht, die er 'wegen der großen Macht, die Politiker haben' bei Journalisten und im digitalen Zeitalter längst auch bei Programmierern sieht.

Im Gegensatz dazu steht, dass Politwoops in Deutschland bislang keine größeren Skandale erwirkt hat. Auf der Seite stehen vor allem gelöschte Tippfehler von Hinterbänklern oder Tweets, die als Bedienfehler auf die Welt gekommen sind. Sie ermöglichen zwar Einblicke in das Technikverständnis einiger Volksvertreter, wie in das der stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Ferner, die an manchen Tagen gleich drei oder vier Tweets löscht. Ob man sie auf diese Art demokratisch kontrolliert - oder kontrollieren muss - bleibt freilich offen.

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