Weit oben in den Billboard Charts, viele Fans, gut besuchte Konzerte: Eine Band wie "Grizzly Bear" müsste doch eigentlich ziemlich gut verdienen. Denkt man. Die Realität sieht anders aus.
Die amerikanische Indie-Rock-Band Grizzly Bear habe, so steht es in der deutschen Wikipedia, 'ihren kommerziellen Durchbruch im Sommer 2009 mit der Veröffentlichung des Albums "Veckatimest" (...) erreicht.' Schön, denkt man, die vier Musiker von Grizzly Bear sind bekannt, sie spielten vor Radiohead und TV on the Radio, auch einmal mit Paul Simon. Wenn Wikipedia den kommerziellen Durchbruch also seit 2009 notiert, dann muss man sich um die Herren aus dem New Yorker Stadtteil Brooklyn wohl keine Sorgen mehr machen. Die werden ihre Schäfchen dann ja wohl im Trockenen haben, denkt man. Ihre in diesem Jahr herausgekommene LP heißt 'Shields', sie rangiert mittlerweile auf Platz 7 der Billboard Charts, sogar noch besser als die Platzierung von 'Veckatimest' damals. Ihre Musikvideos sind auch ganz lustig, so ein Untergeher-Indie-Spaß eben, aber professionell gemacht. Another star is born, glaubt man.
Ja, das mag sein, dass sie Stars sind mittlerweile, aber was verdienen diese Stars? Gerade haben die Journalisten von Vulture.com ein sehr offenes Gespräch mit Grizzly Bear geführt, in dem auch deren 'kommerzieller Durchbruch' erörtert wurde. Vulture.com ist Teil eines Netzwerks von Print- und Online-Angeboten, die das New York Magazine verantwortet. Flankierend zu den Einblicken in die wahren Einkommensverhältnisse der Band, hat das Magazin Daten aus der 'neuen Mathematik im Musikgeschäft' veröffentlicht.
Wenn niemand ihre Platten kauft, verdienen sich auch erfolgreiche Bands keine goldene Nase mit ihrer Musik.
Ed Droste, der Gründer der Grizzlys, sagt in dem Gespräch: 'Die Leute machen sich falsche Vorstellungen, von unserem Einkommen. Klar, wir sind eine bekannte Band und, klar, wir füllen mittlerweile die Radio City Music Hall alleine. Aber fast niemand kauft unsere Platten.' Was stimmt. Jedenfalls im Vergleich zu früher. Man muss jetzt auf die Zahlen schauen: Um heute wie die Grizzlys auf Platz sieben der meistverkauften Alben zu kommen, benötigt man jetzt 39000 verkaufte Tonträger. Dieselbe Verkaufszahl brachte Timbaland mit 'Shock Value 2' im Jahr 2009 nur auf Platz 32. Grizzly Bear erwirtschaften Geld mit Konzerten, Merchandising, Online-Verkauf und Streaming. Alles Peanuts. Dazu muss man wissen, dass gerade das Music-Streaming von Diensten wie Spotify für die Bands kaum wirtschaftlich sinnvoll ist. Man spricht von 0.005 $ pro Stream, der in der Bandkasse landet - oder anders. Ein Song muss 200 mal gehört werden, damit er 1$ (in Worten: einen) ins Band-Portemonnaie spült. Die Band Coldplay hat darum nicht gestattet, dass ihr neues Album 'Mylo Xyloto' in das Streaming-Sortiment von spotify aufgenommen wird. Das Magazin Wired berichtete unlängst über die Ergebnisse einer Studie, die gemeinsam von der amerikanischen Musikindustrie (NARM) und dem Marktforschungsunternehmen 'NPD Group' zum Musikkaufverhalten von Abonnenten der Streaming-Dienste durchgeführt wurde. Demnach halten sich junge Konsumenten beim Kauf von Musik zurück, wenn sie bereits für wenig Geld Musik aus der Internet-Jukebox abonniert haben. Dieses Resultat brachte sogleich den Musik-Distributor 'STHoldings' dazu, den Gesamtbestand der über 200 Musiklabels, die von ihm vertreten werden, von den Streaming-Diensten: Spotify, Napster, Simfy und Rdio abzuziehen. Zitiert wird ein Sprecher des Distributors mit den Worten: 'Die Mehrheit unserer Labels will nicht mehr bei diesen Diensten auftauchen wegen der geringen Ausschüttungen und der negativen Auswirkungen auf anderweitige Verkäufe. Außerdem verliert unsere Musik ihre Specialness, wenn sie als geringwertiges oder gar freies Gut verramscht wird. Um eines unserer labels zu zitieren: "Lasst uns unsere Musik special halten! Fuck Spotify."'
Denn sie verdienen nur dann ganz gut, wenn sie einen Song für einen Werbespot verkaufen oder auf dem Soundtrack eines Blockbuster erscheinen. 'Das ist so etwas wie: "Yippieh, die Miete für zwei Monate steht."' Ja, meint Droste, 'wir haben ein Auskommen. Einige von uns sind sogar krankenversichert, manche aber nicht.'
Einst war es so, dass Bands, deren Platten zu den zwanzig meistverkauften des Landes gehörten, damit mindestens so viel verdienten wie ihre Zahnärzte. Vorbei. Das Streaming im Netz macht den Kohl nicht fett, es sind Marginalbeträge, so weist es die Statistik aus: Wenn ein Song 200 mal bei einem Dienst wie Spotify angehört wurde, spült das gerade einen Dollar (1!) in die Bandkasse. Ein Song, der bei iTunes 125000 mal verkauft wurde, macht die Band um 31250 Dollar reicher. Wenn bei einem Konzert 250 T-Shirts verkauft werden, sind das 4000 Dollar. Und noch eine schöne Zahl: Seit 2008 haben es 66 Songs auf Platz eins der US-Charts gebracht. Fast die Hälfte davon stammen von denselben sechs Künstlern/Bands: Rihanna, Katy Perry, Adele, Lady Gaga, Flo Rida und The Blackeyed Peas.
Text: Bernd Graff
Die amerikanische Indie-Rock-Band Grizzly Bear habe, so steht es in der deutschen Wikipedia, 'ihren kommerziellen Durchbruch im Sommer 2009 mit der Veröffentlichung des Albums "Veckatimest" (...) erreicht.' Schön, denkt man, die vier Musiker von Grizzly Bear sind bekannt, sie spielten vor Radiohead und TV on the Radio, auch einmal mit Paul Simon. Wenn Wikipedia den kommerziellen Durchbruch also seit 2009 notiert, dann muss man sich um die Herren aus dem New Yorker Stadtteil Brooklyn wohl keine Sorgen mehr machen. Die werden ihre Schäfchen dann ja wohl im Trockenen haben, denkt man. Ihre in diesem Jahr herausgekommene LP heißt 'Shields', sie rangiert mittlerweile auf Platz 7 der Billboard Charts, sogar noch besser als die Platzierung von 'Veckatimest' damals. Ihre Musikvideos sind auch ganz lustig, so ein Untergeher-Indie-Spaß eben, aber professionell gemacht. Another star is born, glaubt man.
Ja, das mag sein, dass sie Stars sind mittlerweile, aber was verdienen diese Stars? Gerade haben die Journalisten von Vulture.com ein sehr offenes Gespräch mit Grizzly Bear geführt, in dem auch deren 'kommerzieller Durchbruch' erörtert wurde. Vulture.com ist Teil eines Netzwerks von Print- und Online-Angeboten, die das New York Magazine verantwortet. Flankierend zu den Einblicken in die wahren Einkommensverhältnisse der Band, hat das Magazin Daten aus der 'neuen Mathematik im Musikgeschäft' veröffentlicht.
Wenn niemand ihre Platten kauft, verdienen sich auch erfolgreiche Bands keine goldene Nase mit ihrer Musik.
Ed Droste, der Gründer der Grizzlys, sagt in dem Gespräch: 'Die Leute machen sich falsche Vorstellungen, von unserem Einkommen. Klar, wir sind eine bekannte Band und, klar, wir füllen mittlerweile die Radio City Music Hall alleine. Aber fast niemand kauft unsere Platten.' Was stimmt. Jedenfalls im Vergleich zu früher. Man muss jetzt auf die Zahlen schauen: Um heute wie die Grizzlys auf Platz sieben der meistverkauften Alben zu kommen, benötigt man jetzt 39000 verkaufte Tonträger. Dieselbe Verkaufszahl brachte Timbaland mit 'Shock Value 2' im Jahr 2009 nur auf Platz 32. Grizzly Bear erwirtschaften Geld mit Konzerten, Merchandising, Online-Verkauf und Streaming. Alles Peanuts. Dazu muss man wissen, dass gerade das Music-Streaming von Diensten wie Spotify für die Bands kaum wirtschaftlich sinnvoll ist. Man spricht von 0.005 $ pro Stream, der in der Bandkasse landet - oder anders. Ein Song muss 200 mal gehört werden, damit er 1$ (in Worten: einen) ins Band-Portemonnaie spült. Die Band Coldplay hat darum nicht gestattet, dass ihr neues Album 'Mylo Xyloto' in das Streaming-Sortiment von spotify aufgenommen wird. Das Magazin Wired berichtete unlängst über die Ergebnisse einer Studie, die gemeinsam von der amerikanischen Musikindustrie (NARM) und dem Marktforschungsunternehmen 'NPD Group' zum Musikkaufverhalten von Abonnenten der Streaming-Dienste durchgeführt wurde. Demnach halten sich junge Konsumenten beim Kauf von Musik zurück, wenn sie bereits für wenig Geld Musik aus der Internet-Jukebox abonniert haben. Dieses Resultat brachte sogleich den Musik-Distributor 'STHoldings' dazu, den Gesamtbestand der über 200 Musiklabels, die von ihm vertreten werden, von den Streaming-Diensten: Spotify, Napster, Simfy und Rdio abzuziehen. Zitiert wird ein Sprecher des Distributors mit den Worten: 'Die Mehrheit unserer Labels will nicht mehr bei diesen Diensten auftauchen wegen der geringen Ausschüttungen und der negativen Auswirkungen auf anderweitige Verkäufe. Außerdem verliert unsere Musik ihre Specialness, wenn sie als geringwertiges oder gar freies Gut verramscht wird. Um eines unserer labels zu zitieren: "Lasst uns unsere Musik special halten! Fuck Spotify."'
Denn sie verdienen nur dann ganz gut, wenn sie einen Song für einen Werbespot verkaufen oder auf dem Soundtrack eines Blockbuster erscheinen. 'Das ist so etwas wie: "Yippieh, die Miete für zwei Monate steht."' Ja, meint Droste, 'wir haben ein Auskommen. Einige von uns sind sogar krankenversichert, manche aber nicht.'
Einst war es so, dass Bands, deren Platten zu den zwanzig meistverkauften des Landes gehörten, damit mindestens so viel verdienten wie ihre Zahnärzte. Vorbei. Das Streaming im Netz macht den Kohl nicht fett, es sind Marginalbeträge, so weist es die Statistik aus: Wenn ein Song 200 mal bei einem Dienst wie Spotify angehört wurde, spült das gerade einen Dollar (1!) in die Bandkasse. Ein Song, der bei iTunes 125000 mal verkauft wurde, macht die Band um 31250 Dollar reicher. Wenn bei einem Konzert 250 T-Shirts verkauft werden, sind das 4000 Dollar. Und noch eine schöne Zahl: Seit 2008 haben es 66 Songs auf Platz eins der US-Charts gebracht. Fast die Hälfte davon stammen von denselben sechs Künstlern/Bands: Rihanna, Katy Perry, Adele, Lady Gaga, Flo Rida und The Blackeyed Peas.
Text: Bernd Graff