Alle kleinen Sprachen sind bedroht? Nicht alle. Im Outback Australiens haben Aborigines-Kinder sogar eine neue Sprache entwickelt.
Es ist eine Nachricht vom Ende der Welt, Linguisten werden sie mit Freude hören: Neue Forschungen belegen nun endgültig, dass in der Tanami Wüste in den Northern Territories Australiens in den vergangenen 35 Jahren eine neue Sprache entstanden ist. "Light Warlpiri" heißt das neue Idiom, das die Wissenschaftlerin Carmel O"Shannessy von der University of Michigan ausführlich in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Language vorstellt (Bd.89, S.328, 2013). Gesprochen wird es vor allem von den Kindern und jungen Erwachsenen des entlegenen Dörfchens Lajamanu, das laut letztem Zensus weniger als 700 Einwohner zählt und gut 100 Kilometer von der nächsten asphaltierten Straße entfernt liegt.
Ursprünglich sprachen die Einwohner Lajamanus - fast ausschließlich Aborigines - das sogenannte Warlpiri, eine indigene Sprache, die von insgesamt 4000 Menschen in der Region gesprochen wird und selbst als potenziell gefährdet gilt. Doch dann nahm die bilinguale Schule Einfluss, in der forciert auch auf Englisch unterrichtet wurde. Dies hatte zur Folge, dass die Schüler sich angewöhnten, zwischen drei Sprachen hin- und her zu springen: zwischen Warlpiri, Englisch und Kriol, einer englisch basierten Kreolsprache, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts beim Kontakt zwischen Siedlern und Aborigines in den Northern Territories gebildet hatte.
Aborigines-Kinder im australischen Outback.
Interessanterweise entwickelten nun die Kinder von Lajamanu in den 1970er und 1980er Jahren aus diesem ständigen Sprachwechsel heraus ein eigenständiges linguistisches System, das letztlich zu einer neuen Muttersprache im Dorf wurde. Als nämlich diese Kinder in den vergangenen Jahren selber zu Eltern wurden, lehrten sie ihrem Nachwuchs als erstes die neue Sprache Light Warlpiri.
Nun lässt sich streiten, ab wann die Variante einer Sprache als etwas wirklich Neues bezeichnet werden kann, das mehr ist als ein Jargon oder Dialekt. Linguistin O"Shannessy jedenfalls ist überzeugt, dass Light Warlpiri die "Eigenschaften einer gemischten Sprache" habe, die über ganz neue Eigenschaften verfüge. So sei die Struktur der Verben aus dem Englischen und dem Kriol entlehnt; die Struktur der Substantive entstamme hingegen dem Warlpiri. Hinzu kämen neue grammatische Formen, die sich in keiner der drei Quellsprachen fänden. So bedeute der Ausdruck "yu-m" im Light Warlpiri, dass jemand in der Vergangenheit und in der Gegenwart sei (abgeleitet vom englischen "I am"="Ich bin", übertragen auf die zweite Person Singular "you"). Die Kinder von Lajamanu hätten demnach die zuvor unbekannte Zeitform der "Nicht-Zukunft" erfunden.
Die neue Sprache aus Australien ist nicht zuletzt deshalb interessant, weil Linguisten sonst rund um den Globus das Sterben von Sprachen beobachten. Von den derzeit 6500 Sprachen gelten mehr als die Hälfte als bedroht.
Es ist eine Nachricht vom Ende der Welt, Linguisten werden sie mit Freude hören: Neue Forschungen belegen nun endgültig, dass in der Tanami Wüste in den Northern Territories Australiens in den vergangenen 35 Jahren eine neue Sprache entstanden ist. "Light Warlpiri" heißt das neue Idiom, das die Wissenschaftlerin Carmel O"Shannessy von der University of Michigan ausführlich in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Language vorstellt (Bd.89, S.328, 2013). Gesprochen wird es vor allem von den Kindern und jungen Erwachsenen des entlegenen Dörfchens Lajamanu, das laut letztem Zensus weniger als 700 Einwohner zählt und gut 100 Kilometer von der nächsten asphaltierten Straße entfernt liegt.
Ursprünglich sprachen die Einwohner Lajamanus - fast ausschließlich Aborigines - das sogenannte Warlpiri, eine indigene Sprache, die von insgesamt 4000 Menschen in der Region gesprochen wird und selbst als potenziell gefährdet gilt. Doch dann nahm die bilinguale Schule Einfluss, in der forciert auch auf Englisch unterrichtet wurde. Dies hatte zur Folge, dass die Schüler sich angewöhnten, zwischen drei Sprachen hin- und her zu springen: zwischen Warlpiri, Englisch und Kriol, einer englisch basierten Kreolsprache, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts beim Kontakt zwischen Siedlern und Aborigines in den Northern Territories gebildet hatte.
Aborigines-Kinder im australischen Outback.
Interessanterweise entwickelten nun die Kinder von Lajamanu in den 1970er und 1980er Jahren aus diesem ständigen Sprachwechsel heraus ein eigenständiges linguistisches System, das letztlich zu einer neuen Muttersprache im Dorf wurde. Als nämlich diese Kinder in den vergangenen Jahren selber zu Eltern wurden, lehrten sie ihrem Nachwuchs als erstes die neue Sprache Light Warlpiri.
Nun lässt sich streiten, ab wann die Variante einer Sprache als etwas wirklich Neues bezeichnet werden kann, das mehr ist als ein Jargon oder Dialekt. Linguistin O"Shannessy jedenfalls ist überzeugt, dass Light Warlpiri die "Eigenschaften einer gemischten Sprache" habe, die über ganz neue Eigenschaften verfüge. So sei die Struktur der Verben aus dem Englischen und dem Kriol entlehnt; die Struktur der Substantive entstamme hingegen dem Warlpiri. Hinzu kämen neue grammatische Formen, die sich in keiner der drei Quellsprachen fänden. So bedeute der Ausdruck "yu-m" im Light Warlpiri, dass jemand in der Vergangenheit und in der Gegenwart sei (abgeleitet vom englischen "I am"="Ich bin", übertragen auf die zweite Person Singular "you"). Die Kinder von Lajamanu hätten demnach die zuvor unbekannte Zeitform der "Nicht-Zukunft" erfunden.
Die neue Sprache aus Australien ist nicht zuletzt deshalb interessant, weil Linguisten sonst rund um den Globus das Sterben von Sprachen beobachten. Von den derzeit 6500 Sprachen gelten mehr als die Hälfte als bedroht.