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Wo bleiben die Frankenberger?

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Junge Leute für politische Ämter zu begeistern, ist hierzulande nicht so leicht.

Wenn junge und sehr junge Menschen einer Bundestagsdebatte zuschauen oder einen Abgeordneten befragen, heißt es hinterher ganz oft: Von wegen, die jungen Leute sind politikverdrossen. Die stellen doch ganz viele Fragen, sind neugierig, wollen alles wissen. Die haben verstanden, dass dieses Land wache junge Geister braucht, solche, die nicht alles hinnehmen, sondern die Politik beim Wort nehmen möchten. Politik bedeutet Teilhabe, das wissen die wie sonst keiner, und wenn irgendetwas schiefläuft in diesem Land, dann zeigen sie mit dem Finger auf die Stelle, von der das Schieflaufen ausgeht. Junge Menschen sind nicht politikverdrossen, sie haben nur ein anderes Verständnis von Politik, so könnte man es auch sagen. Für sie ist es zum Beispiel nicht mehr so wichtig, was in Ägypten geschieht; dafür setzen sie sich vehement für ein besseres Leben hierzulande ein und fordern ein allgemeines Rauchverbot, Trinkverbot, Schimpfverbot, Was-auch-immer-Verbot. Was sie aber ganz selten tun, ist: selbst in die Politik gehen, ein Amt anstreben, mitgestalten wie der junge Rebell Sebastian Frankenberger, der jetzt bald bayerischer Landtagsabgeordneter werden will, damit er endlich einen anständigen Beruf hat.



Sebastian Frankenberger senkt mit seinen 31 Jahren den Altersdurchschnitt im deutschen Politikbetrieb erheblich. 

In den USA sitzen die jungen Leute nicht in hipsterbräsigen Debattierclubs rum wie in Berlin; sie weisen nicht auf Bruchstellen hin und stellen keinen Abgeordneten in Parlamentskantinen nach. Sie nehmen ohne Wenn und Aber, manchmal sogar ohne vorhergegangene Schulausbildung, herausragende politische Ämter an. Und das schon sehr früh. Robert Tufts zum Beispiel ist im Alter von vier Jahren Bürgermeister seines Heimatorts Dorset geworden. Er hat kraft seines Amtes bereits im vergangenen Jahr die Fischerei-Saison eröffnet und begrüßt regelmäßig die Gäste in den örtlichen Restaurants, von denen es in Dorset ungefähr fünf gibt - Dorset gilt deshalb auch als Restaurant-Metropole, aber das nur nebenbei. Viel wichtiger ist, dass sich Tufts derzeit auf seine zweite Amtszeit vorbereitet. Kontinuität ist nämlich wichtig in einer Gemeinde wie Dorset, die keine eigene Verwaltung besitzt und in welcher die professionelle Lokalpolitik gewissermaßen noch in den Kinderschuhen steckt.

Warum ist es in Deutschland so viel schwerer, sehr junge Menschen an politische Ämter heranzuführen? Erstens natürlich wegen des Wahlgesetzes, das Kandidaten ein bestimmtes Mindestalter vorschreibt. Zum Zweiten bietet der deutsche Wahlkampf wenig Anreize für die Jungen, sich für ein politisches Amt zu bewerben. Peer Steinbrück, der Kanzlerkandidat der SPD, ist jetzt der Erste, der ein ausgeklügelte Lock-Programm für den sehr jungen Politiknachwuchs angekündigt hat. Beim großen Deutschland-Fest im August wird er Märchen vorlesen. Welche, weiß er noch nicht, aber es sollen angeblich nicht dieselben sein, die im Parteiprogramm stehen.

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