Ägyptens Militär lässt Catherine Ashton zum gestürzten Präsidenten Mursi vor. Die EU feiert das bereits als Erfolg für ihre Chefdiplomatin und sieht sich als ehrlicher Mittler in dem verfahrenen Konflikt.
Kairo/Brüssel - Catherine Ashton ist herum gekommen in der Welt, aber dieses Treffen muss selbst für die EU-Außenbeauftragte ungewöhnlich, ja eindrücklich gewesen sein. Mitten in der Nacht wurde sie vom ägyptischen Militär zu Mohammed Mursi gebracht, dem von eben diesen Armeeoffizieren gestürzten islamistischen Staatschef. 'Mursi geht es gut', sagte die EU-Chefdiplomatin nach dem zweistündigen Treffen an unbekanntem Ort. Angeblich wurde sie mit einem Helikopter dorthin geflogen. Offenbar wird der Muslimbruder in einer Villa des Militärs außerhalb Kairos festgehalten, irgendwo an einer der Überlandstraßen zum Suezkanal. Ashton sagte nur: 'Ich habe den Ort gesehen, aber ich weiß nicht, wo es war.'
Ashton gab sich wortkarg, weil sie sowohl bei der Armee und der neuen Regierung als auch bei Mursis Gefolgsleuten im Wort steht als unparteiische Vermittlerin. Die Baronin aus Großbritannien ist die erste und bisher einzige ausländische Vertreterin, die den Ex-Präsidenten sehen durfte. 'Er kann fernsehen und Zeitungen lesen', sagte sie. Viel mehr wollte sie nach dem zweistündigen, 'in die Tiefe gegangenen' Gespräch mit Ägyptens neuem Staatsfeind Nummer eins aber nicht sagen: Da Mursi selbst sie nicht korrigieren könne, 'werde ich ihm nichts in den Mund legen'.
EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton durfte jetzt den gestürzten Präsidenten Mursi besuchen.
Die EU-Chefdiplomatin hat sich viel vorgenommen. Die Fronten im ägyptischen Machtkampf sind starr, blutig. Die Islamisten in ihren Kairoer Protestlagern setzen auf Eskalation, rufen nach dem Ashton-Mursi-Treffen zu neuen Demonstrationen der 'Märtyrer des Staatsstreichs' auf: 'Wir werden die Proteste jetzt ausweiten', so ein Sprecher. Es war nicht klar, ob dahinter der Wunsch nach dem eigenen Heldentod stand oder der gewagte Versuch, mit dem Druck der Straße eine Exit-Strategie zu eröffnen für die in die Ecke gedrängten Fundamentalisten. Denn der Staat unter der neuen Führung am Gängelband der Armee reagiert bisher mit äußerster Härte auf den Protestmarathon und die damit fast zwangsläufig verbundenen Ausschreitungen zwischen den Mursi-Anhängern, ihren Gegnern und der Polizei. Am Wochenende waren etwa 80 Demonstranten getötet worden, als die Sicherheitskräfte einen Protestzug mit scharfer Munition stoppten. Diese unverhältnismäßige Gewalt könnte dann auch der Grund dafür gewesen sein, dass die Führung Ashton den Mursi-Besuch gestattete: 'Nach diesem Blutbad müssen wir uns flexibel zeigen, damit wir das öffentliche Bild nicht beschädigen', zitierte die Zeitung al-Ahram einen ungenannten Regierungsmann.
Die Ashton-Vermittlung als ägyptisches Placebo für die Weltöffentlichkeit? In Kairo ist weder bei den Politikern noch bei der in unversöhnliche Lager gespaltenen Bevölkerung Spielraum zu erkennen für politische Bewegung, geschweige denn für Versöhnung. Ashton, die vor ihrem nächtlichen Geheimtreffen neben Muslimbrüdern auch Interimspräsident Adli Mansur und Armeechef Abdel Fattah al-Sisi als den eigentlich starken Mann traf, hatte vorab erklärt, was die EU erwartet: Ägyptens rasche Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung, freie Wahlen, eine wirklich zivile Regierung und die Einbeziehung der Muslimbrüder in den politischen Prozess.
Mit Sicherheit hat die EU-Politikerin einen Vermittlungsplan skizziert. Sie und die EU genießen bei beiden Konfliktparteien mehr Vertrauen als die Amerikaner, da hören die gegen Einmischung von außen allergischen Ägypter zumindest der Höflichkeit halber zu. Die Zeitung al-Shourouq berichtet ohne Quellenangabe von einem Sechs-Punkte-Plan: Die Muslimbrüder lösen ihre Protestcamps auf, dafür werden einige inhaftierte Führer freigelassen, Mursi wird der Kontakt wenigstens zu Teilen der Außenwelt gestattet. Die nach dem Putsch geschlossenen Zeitungen und Sender der Islamisten werden wieder zugelassen. Das Blutbad vom Wochenende wird untersucht. Vor allem, und das ist wohl der politische Kern, wird der Fahrplan zu Wahlen und Regierungsbildung verkürzt. Sisi erteilte dem Ashton-Plan, wenn er denn so aussieht, indirekt eine Absage. Auch er sei für Versöhnung, vorausgesetzt, die Islamisten geben den Protest auf. Und: 'Wir gehen keinen Schritt zurück.' Unter Hinweis auf den von ihm bei Mursis Sturz am 3. Juli verfügten Zeitplan für die Transformation sagte er: 'Ägypten setzt seine Roadmap um.'
So ist der Erfolg der 'Mission Mursi' nach dem nächtlichen Ashton-Besuch offen. Die EU jedenfalls ist schon stolz auf sich in der Rolle des ehrlichen Maklers am Nil: 'Die EU ist die einzige Organisation, mit der alle willens sind zu reden', sagte Ashtons Sprecher. Die Frage ist, wie intensiv die Ägypter zuhören. Natürlich klang das, was Ashton vor ihrer Abreise sagte, optimistischer. Neben ihr stand schließlich Ägyptens Vizepräsident Mohamed ElBaradei, der ziemlich machtlose Erzliberale und Friedensnobelpreisträger. Der spricht im Duett eher die allen Seiten Hoffnung machende Sprache einer EU-Diplomatin als die eines Generals Sisi.
Kairo/Brüssel - Catherine Ashton ist herum gekommen in der Welt, aber dieses Treffen muss selbst für die EU-Außenbeauftragte ungewöhnlich, ja eindrücklich gewesen sein. Mitten in der Nacht wurde sie vom ägyptischen Militär zu Mohammed Mursi gebracht, dem von eben diesen Armeeoffizieren gestürzten islamistischen Staatschef. 'Mursi geht es gut', sagte die EU-Chefdiplomatin nach dem zweistündigen Treffen an unbekanntem Ort. Angeblich wurde sie mit einem Helikopter dorthin geflogen. Offenbar wird der Muslimbruder in einer Villa des Militärs außerhalb Kairos festgehalten, irgendwo an einer der Überlandstraßen zum Suezkanal. Ashton sagte nur: 'Ich habe den Ort gesehen, aber ich weiß nicht, wo es war.'
Ashton gab sich wortkarg, weil sie sowohl bei der Armee und der neuen Regierung als auch bei Mursis Gefolgsleuten im Wort steht als unparteiische Vermittlerin. Die Baronin aus Großbritannien ist die erste und bisher einzige ausländische Vertreterin, die den Ex-Präsidenten sehen durfte. 'Er kann fernsehen und Zeitungen lesen', sagte sie. Viel mehr wollte sie nach dem zweistündigen, 'in die Tiefe gegangenen' Gespräch mit Ägyptens neuem Staatsfeind Nummer eins aber nicht sagen: Da Mursi selbst sie nicht korrigieren könne, 'werde ich ihm nichts in den Mund legen'.
EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton durfte jetzt den gestürzten Präsidenten Mursi besuchen.
Die EU-Chefdiplomatin hat sich viel vorgenommen. Die Fronten im ägyptischen Machtkampf sind starr, blutig. Die Islamisten in ihren Kairoer Protestlagern setzen auf Eskalation, rufen nach dem Ashton-Mursi-Treffen zu neuen Demonstrationen der 'Märtyrer des Staatsstreichs' auf: 'Wir werden die Proteste jetzt ausweiten', so ein Sprecher. Es war nicht klar, ob dahinter der Wunsch nach dem eigenen Heldentod stand oder der gewagte Versuch, mit dem Druck der Straße eine Exit-Strategie zu eröffnen für die in die Ecke gedrängten Fundamentalisten. Denn der Staat unter der neuen Führung am Gängelband der Armee reagiert bisher mit äußerster Härte auf den Protestmarathon und die damit fast zwangsläufig verbundenen Ausschreitungen zwischen den Mursi-Anhängern, ihren Gegnern und der Polizei. Am Wochenende waren etwa 80 Demonstranten getötet worden, als die Sicherheitskräfte einen Protestzug mit scharfer Munition stoppten. Diese unverhältnismäßige Gewalt könnte dann auch der Grund dafür gewesen sein, dass die Führung Ashton den Mursi-Besuch gestattete: 'Nach diesem Blutbad müssen wir uns flexibel zeigen, damit wir das öffentliche Bild nicht beschädigen', zitierte die Zeitung al-Ahram einen ungenannten Regierungsmann.
Die Ashton-Vermittlung als ägyptisches Placebo für die Weltöffentlichkeit? In Kairo ist weder bei den Politikern noch bei der in unversöhnliche Lager gespaltenen Bevölkerung Spielraum zu erkennen für politische Bewegung, geschweige denn für Versöhnung. Ashton, die vor ihrem nächtlichen Geheimtreffen neben Muslimbrüdern auch Interimspräsident Adli Mansur und Armeechef Abdel Fattah al-Sisi als den eigentlich starken Mann traf, hatte vorab erklärt, was die EU erwartet: Ägyptens rasche Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung, freie Wahlen, eine wirklich zivile Regierung und die Einbeziehung der Muslimbrüder in den politischen Prozess.
Mit Sicherheit hat die EU-Politikerin einen Vermittlungsplan skizziert. Sie und die EU genießen bei beiden Konfliktparteien mehr Vertrauen als die Amerikaner, da hören die gegen Einmischung von außen allergischen Ägypter zumindest der Höflichkeit halber zu. Die Zeitung al-Shourouq berichtet ohne Quellenangabe von einem Sechs-Punkte-Plan: Die Muslimbrüder lösen ihre Protestcamps auf, dafür werden einige inhaftierte Führer freigelassen, Mursi wird der Kontakt wenigstens zu Teilen der Außenwelt gestattet. Die nach dem Putsch geschlossenen Zeitungen und Sender der Islamisten werden wieder zugelassen. Das Blutbad vom Wochenende wird untersucht. Vor allem, und das ist wohl der politische Kern, wird der Fahrplan zu Wahlen und Regierungsbildung verkürzt. Sisi erteilte dem Ashton-Plan, wenn er denn so aussieht, indirekt eine Absage. Auch er sei für Versöhnung, vorausgesetzt, die Islamisten geben den Protest auf. Und: 'Wir gehen keinen Schritt zurück.' Unter Hinweis auf den von ihm bei Mursis Sturz am 3. Juli verfügten Zeitplan für die Transformation sagte er: 'Ägypten setzt seine Roadmap um.'
So ist der Erfolg der 'Mission Mursi' nach dem nächtlichen Ashton-Besuch offen. Die EU jedenfalls ist schon stolz auf sich in der Rolle des ehrlichen Maklers am Nil: 'Die EU ist die einzige Organisation, mit der alle willens sind zu reden', sagte Ashtons Sprecher. Die Frage ist, wie intensiv die Ägypter zuhören. Natürlich klang das, was Ashton vor ihrer Abreise sagte, optimistischer. Neben ihr stand schließlich Ägyptens Vizepräsident Mohamed ElBaradei, der ziemlich machtlose Erzliberale und Friedensnobelpreisträger. Der spricht im Duett eher die allen Seiten Hoffnung machende Sprache einer EU-Diplomatin als die eines Generals Sisi.