Thomas Roth startet am Montag bei den "Tagesthemen" mit einer Kurzversion in der Halbzeitpause vom DFB-Pokal
Er war an der Frontlinie der Nordallianz in Afghanistan. Hat Nelson Mandela als erster Reporter überhaupt nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis nach 28 Jahren in Südafrika interviewt. War auf Sendung, als im Tschetschenienkrieg live Raketen hinter ihm einschlugen. Als der Putsch gegen Gorbatschow losging.
Und jetzt die Herausforderung: Lächeln.
In einem Hamburger Hotel an der Alster steht Thomas Roth auf einem tagesthemenblauen Teppich vor einer tagesthemenblauen Wand, zwei Dutzend Fotografen haben ihre Kameras im Anschlag. "Lächeln!", ruft einer. Roth presst die Lippen aufeinander. Ein Fotograf wischt sich den Schweiß von der Stirn. "Läächeln!" Irgendwann dehnt Roth sie, bis immerhin ein freundlicher Strich draus wird. Mehr geht nicht. "Ich stehe ungern im Mittelpunkt", sagt er später, was erstaunlich ist, weil der gewiefte Reporter mit der Königspudelfrisur bald nur noch im Mittelpunkt steht.
Der neue Mr. Tagesthemen: Thomas Roth
Der Korrespondent mit Johannesburg-Kairo-Moskau-Berlin-Köln-New-York-Erfahrung ist der Nachfolger von Tom Buhrow bei den Tagesthemen. Von Montag an wird der 61-Jährige im Wechsel mit Caren Miosga, 44, die Nachrichtensendung moderieren. Die beiden dürfen sich nun Erste Moderatoren nennen, und Ingo Zamperoni, 39, ist Erste Aushilfskraft. Ein paar Stunden nach der offiziellen Vorstellung des neuen Moderators sitzt Roth in einem Sessel, lehnt sich zurück, und sagt diesen Satz, der so viel erklärt, das Nichtlächeln, sein Selbstverständnis und den Journalismus: "Meine Grundfarbe ist Sachlichkeit."
Es ist nun nicht so, dass Tom Buhrow der größte Witzknicker vor dem Herrn gewesen wäre. Thomas Roth gleichwohl unternimmt beim ersten Auftritt am Donnerstag in neuer Rolle nicht einmal den Versuch, irgendwie gearteten Erwartungen nach Modernität und Jugendhaftigkeit zu entsprechen, etwa den viven US-Anchorman zu geben, wie Claus Kleber ihn beim Heute-Journal zuweilen karikiert. Diese Schmissigkeit würde man Roth mit dem silberweißen Haar und Schnauz ohnehin nicht abnehmen. "Nachrichten sind Schwarzbrot", sagt er, und schiebt programmatisch nach: "Politik und Nachrichten dürfen nicht durch Unterhaltung aufgeweicht werden." Hefte raus, Klassenarbeit.
Die Ernsthaftigkeit sei der Charakter der Tagesthemen, und dazu passe er gut. "Je schwieriger die Zeiten werden, desto mehr suchen die Zuschauer Orientierung", sagt der gebürtige Heilbronner mit sonoren Bass, die hoffe er geben zu können. "Leute, es lohnt sich, dass ihr aufgeblieben seid", um dieses Versprechen gehe es doch. Nicht um ihn als Person. "Ich bin nicht wichtig." Im Team wolle er wirken. Mit "der Caren" und "dem Ingo".
Die beiden sind bei der Vorstellung ebenfalls zugegen, lachen breit, alles bestens, danke der Nachfrage, alle eine große Familie. Ingo Zamperoni, heiß gehandelt für die Buhrow-Nachfolge, hat der NDR aus dem Urlaub in Frankreich einfliegen lassen, um mutmaßlich Geschlossenheit zu dokumentieren. Er hält sich im Hintergrund, spricht von einer "eleganten Lösung", wobei unklar ist, worin die Eleganz besteht, nicht berücksichtigt worden zu sein. "Es ist ja keine Entscheidung gegen mich, sondern eine für Thomas Roth", sagt er freundlich.
Roth füllt perfekt die Rolle des Elder Statesman aus, der mit sonorem Bass und einem Rollkoffer voller Erfahrungen aus drei Jahrzehnten ARD die Welt ordnet. Er wird das sicher souverän machen, auch aus der Stärke einer ausgeprägten Selbstgewissheit heraus, der manchen Kollegen eine gewisse Nähe zur Selbstverliebtheit nachsagen. Es gab noch nie einen Moderator bei den Tagesthemen mit mehr Korrespondentenerfahrung, und, wenn alles so läuft wie geplant, auch selten einen, der so genau wusste, wann er aufhört. "Mein Vertrag endet nach drei Jahren und vier Monaten", sagt Roth, dann werde er 65 Jahre alt.
Ob er denn auch Jüngere ansprechen kann? Er habe kein anderes Gesicht, antwortet Roth darauf trocken.
Als Elizabeth Königin von England wurde, saß sie in Afrika in einem Baumhaus, Joachim Gauck fuhr auf dem Weg in Bundespräsidialamt ungeduscht Taxi - und Thomas Roth wanderte im Grand Canyon, als ihn der Anruf ereilte, ob er sich vorstellen könnte, einen der exponiertesten TV-Jobs hierzulande zu übernehmen. Von der kolportierten Idee, ihn nur für eine Woche im Monat einfliegen zu lassen, habe er nie etwas gehört. "So ein Unsinn. Das hätte ich nie gemacht", sagt Roth. Er mache Jobs ganz oder gar nicht. Und die Annahme, dass nach Buhrow als WDR-Mann ein WDR-Mann folgen musste, Ingo Zamperoni als NDR-Mann also nie eine Chance hatte? Roth verzieht keine Miene, sagt nur: "Ich gehe schon davon aus, dass so ein wichtiger Platz mit einem Menschen besetzt wird, der mehr mitbringt als nur zum richtigen Sender zu gehören."
Moderator der Tagesthemen zu sein, ist natürlich etwas sehr anderes als Bundespräsident oder Monarch, gleichwohl wird die Ankunft des neuen Herrn ähnlich aufgeregt wahrgenommen. Vielleicht ist es da ganz gut, dass Roth unaufgeregt am Montag mit einem Destillat der Tagesthemen startet. In der Halbzeitpause des DFB-Pokal-Spiels, wenn Bayern München auf den Regionalligisten Schwarz-Weiss Rehen trifft, wird er sein Debüt haben. Sieben statt gewohnter fünfzehn Minuten wird die Sendung dauern. Man hat nicht den Eindruck, dass Roth dieses Debüt missfällt. Ob auch er eine neue Tradition beginnt, einen Betthupferlsatz etwa, wie Wickerts "geruhsame Nacht" oder Buhrows "Morgen ist ein neuer Tag", weiß er noch nicht. Er werde jedenfalls am Montag nicht sagen: "Schlafen Sie gut", wenn nachher noch Fußball gespielt wird." Alles weitere werde er danach entscheiden.
New York werde er natürlich vermissen, sagt Roth, wie er jeden Ort vermisst habe, den er als Korrespondent verlassen habe. Gibt es für ihn, den neuen Ersten Moderator, Vorbilder im amerikanischen Fernsehen? Diana Sawyer, die legendäre Anchorwoman der World News bei ABC, mit 68 Jahren noch auf dem Sender. Oder natürlich 60 Minutes, das investigative Nachrichtenjournal. Dessen Gründungsmoderator Mike Wallace hat dort übrigens moderiert, bis er 88 Jahre alt war. Da geht also noch einiges.
Er war an der Frontlinie der Nordallianz in Afghanistan. Hat Nelson Mandela als erster Reporter überhaupt nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis nach 28 Jahren in Südafrika interviewt. War auf Sendung, als im Tschetschenienkrieg live Raketen hinter ihm einschlugen. Als der Putsch gegen Gorbatschow losging.
Und jetzt die Herausforderung: Lächeln.
In einem Hamburger Hotel an der Alster steht Thomas Roth auf einem tagesthemenblauen Teppich vor einer tagesthemenblauen Wand, zwei Dutzend Fotografen haben ihre Kameras im Anschlag. "Lächeln!", ruft einer. Roth presst die Lippen aufeinander. Ein Fotograf wischt sich den Schweiß von der Stirn. "Läächeln!" Irgendwann dehnt Roth sie, bis immerhin ein freundlicher Strich draus wird. Mehr geht nicht. "Ich stehe ungern im Mittelpunkt", sagt er später, was erstaunlich ist, weil der gewiefte Reporter mit der Königspudelfrisur bald nur noch im Mittelpunkt steht.
Der neue Mr. Tagesthemen: Thomas Roth
Der Korrespondent mit Johannesburg-Kairo-Moskau-Berlin-Köln-New-York-Erfahrung ist der Nachfolger von Tom Buhrow bei den Tagesthemen. Von Montag an wird der 61-Jährige im Wechsel mit Caren Miosga, 44, die Nachrichtensendung moderieren. Die beiden dürfen sich nun Erste Moderatoren nennen, und Ingo Zamperoni, 39, ist Erste Aushilfskraft. Ein paar Stunden nach der offiziellen Vorstellung des neuen Moderators sitzt Roth in einem Sessel, lehnt sich zurück, und sagt diesen Satz, der so viel erklärt, das Nichtlächeln, sein Selbstverständnis und den Journalismus: "Meine Grundfarbe ist Sachlichkeit."
Es ist nun nicht so, dass Tom Buhrow der größte Witzknicker vor dem Herrn gewesen wäre. Thomas Roth gleichwohl unternimmt beim ersten Auftritt am Donnerstag in neuer Rolle nicht einmal den Versuch, irgendwie gearteten Erwartungen nach Modernität und Jugendhaftigkeit zu entsprechen, etwa den viven US-Anchorman zu geben, wie Claus Kleber ihn beim Heute-Journal zuweilen karikiert. Diese Schmissigkeit würde man Roth mit dem silberweißen Haar und Schnauz ohnehin nicht abnehmen. "Nachrichten sind Schwarzbrot", sagt er, und schiebt programmatisch nach: "Politik und Nachrichten dürfen nicht durch Unterhaltung aufgeweicht werden." Hefte raus, Klassenarbeit.
Die Ernsthaftigkeit sei der Charakter der Tagesthemen, und dazu passe er gut. "Je schwieriger die Zeiten werden, desto mehr suchen die Zuschauer Orientierung", sagt der gebürtige Heilbronner mit sonoren Bass, die hoffe er geben zu können. "Leute, es lohnt sich, dass ihr aufgeblieben seid", um dieses Versprechen gehe es doch. Nicht um ihn als Person. "Ich bin nicht wichtig." Im Team wolle er wirken. Mit "der Caren" und "dem Ingo".
Die beiden sind bei der Vorstellung ebenfalls zugegen, lachen breit, alles bestens, danke der Nachfrage, alle eine große Familie. Ingo Zamperoni, heiß gehandelt für die Buhrow-Nachfolge, hat der NDR aus dem Urlaub in Frankreich einfliegen lassen, um mutmaßlich Geschlossenheit zu dokumentieren. Er hält sich im Hintergrund, spricht von einer "eleganten Lösung", wobei unklar ist, worin die Eleganz besteht, nicht berücksichtigt worden zu sein. "Es ist ja keine Entscheidung gegen mich, sondern eine für Thomas Roth", sagt er freundlich.
Roth füllt perfekt die Rolle des Elder Statesman aus, der mit sonorem Bass und einem Rollkoffer voller Erfahrungen aus drei Jahrzehnten ARD die Welt ordnet. Er wird das sicher souverän machen, auch aus der Stärke einer ausgeprägten Selbstgewissheit heraus, der manchen Kollegen eine gewisse Nähe zur Selbstverliebtheit nachsagen. Es gab noch nie einen Moderator bei den Tagesthemen mit mehr Korrespondentenerfahrung, und, wenn alles so läuft wie geplant, auch selten einen, der so genau wusste, wann er aufhört. "Mein Vertrag endet nach drei Jahren und vier Monaten", sagt Roth, dann werde er 65 Jahre alt.
Ob er denn auch Jüngere ansprechen kann? Er habe kein anderes Gesicht, antwortet Roth darauf trocken.
Als Elizabeth Königin von England wurde, saß sie in Afrika in einem Baumhaus, Joachim Gauck fuhr auf dem Weg in Bundespräsidialamt ungeduscht Taxi - und Thomas Roth wanderte im Grand Canyon, als ihn der Anruf ereilte, ob er sich vorstellen könnte, einen der exponiertesten TV-Jobs hierzulande zu übernehmen. Von der kolportierten Idee, ihn nur für eine Woche im Monat einfliegen zu lassen, habe er nie etwas gehört. "So ein Unsinn. Das hätte ich nie gemacht", sagt Roth. Er mache Jobs ganz oder gar nicht. Und die Annahme, dass nach Buhrow als WDR-Mann ein WDR-Mann folgen musste, Ingo Zamperoni als NDR-Mann also nie eine Chance hatte? Roth verzieht keine Miene, sagt nur: "Ich gehe schon davon aus, dass so ein wichtiger Platz mit einem Menschen besetzt wird, der mehr mitbringt als nur zum richtigen Sender zu gehören."
Moderator der Tagesthemen zu sein, ist natürlich etwas sehr anderes als Bundespräsident oder Monarch, gleichwohl wird die Ankunft des neuen Herrn ähnlich aufgeregt wahrgenommen. Vielleicht ist es da ganz gut, dass Roth unaufgeregt am Montag mit einem Destillat der Tagesthemen startet. In der Halbzeitpause des DFB-Pokal-Spiels, wenn Bayern München auf den Regionalligisten Schwarz-Weiss Rehen trifft, wird er sein Debüt haben. Sieben statt gewohnter fünfzehn Minuten wird die Sendung dauern. Man hat nicht den Eindruck, dass Roth dieses Debüt missfällt. Ob auch er eine neue Tradition beginnt, einen Betthupferlsatz etwa, wie Wickerts "geruhsame Nacht" oder Buhrows "Morgen ist ein neuer Tag", weiß er noch nicht. Er werde jedenfalls am Montag nicht sagen: "Schlafen Sie gut", wenn nachher noch Fußball gespielt wird." Alles weitere werde er danach entscheiden.
New York werde er natürlich vermissen, sagt Roth, wie er jeden Ort vermisst habe, den er als Korrespondent verlassen habe. Gibt es für ihn, den neuen Ersten Moderator, Vorbilder im amerikanischen Fernsehen? Diana Sawyer, die legendäre Anchorwoman der World News bei ABC, mit 68 Jahren noch auf dem Sender. Oder natürlich 60 Minutes, das investigative Nachrichtenjournal. Dessen Gründungsmoderator Mike Wallace hat dort übrigens moderiert, bis er 88 Jahre alt war. Da geht also noch einiges.