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US-Außenminister rechtfertigt Putsch gegen Mursi

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Kerry nennt den Sturz des ägyptischen Präsidenten einen "Schritt zur Wiederherstellung der Demokratie"

Kairo - Die USA akzeptieren den Sturz von Ägyptens Islamisten-Präsidenten Mohammed Mursi als "Schritt zur Wiederherstellung der Demokratie". Nachdem Washington lange gezögert hatte, die Machtübernahme vom 3.Juli als Putsch zu qualifizieren, gab US-Außenminister John Kerry der ägyptischen Armeeführung nun nachträglich seinen Segen für die Entmachtung des vor einem Jahr gewählten Staatschefs. Kerry sagte, die Streitkräfte hätten "auf Wunsch von Millionen und Abermillionen Ägyptern gehandelt, die den Sturz des Landes ins Chaos gefürchtet" hätten: "So weit wir sehen können, hat das Militär die Macht bisher nicht selbst übernommen. Eine zivile Regierung kontrolliert das Land. Sie stellen also die Demokratie wieder her."

Der amerikanische Vize-Außenminister William Burns flog am Freitag nach Kairo, um neben Vertretern der Übergangsregierung auch eine Delegation der Muslimbruderschaft zu treffen. Das teilte das Außenministerium in Kairo mit. Zuvor waren EU-Repräsentanten nach Kurzbesuchen in Kairo von ihrer anfangs harten Haltung abgerückt. Sowohl die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton als auch der deutsche Außenminister Guido Westerwelle wiederholten die Forderung, Mursi freizulassen, nicht. Westerwelle vermied es, den Machtwechsel als Putsch darzustellen. "Dies sind die ersten Minuten einer historischen Stunde", sagte der Minister in Kairo. Man müsse jede Eskalation vermeiden.



US-Außenminister John Kerry hält den Putsch in Ägypten für gerechtfertigt.

Washington erkennt den Militärcoup indirekt zu einer Zeit an, da die neue, von der Armee installierte Zivilregierung die notfalls gewaltsame Auflösung der Zeltlager angekündigt hat. In zwei Lagern in Kairo protestieren Zehntausende Mursi-Anhänger gegen den Sturz Mursis. Die Muslimbruderschaft verurteilte die USA. "Würde Außenminister Kerry zusehen, wenn Verteidigungsminister Hagel Präsident Obama stürzt, weil es Massenproteste gibt?", so ein Sprecher. "Könnte die US-Armee einen Staatschef ihrer Wahl einsetzen?"

Washingtons Umdenken hat auch innenpolitische Gründe. Die USA zahlen Ägypten jährlich 1,3 Milliarden Dollar Militärhilfe. Diese darf laut Gesetz nicht an Putsch-Regime gegeben werden. Würde die Regierung den Kairoer Machtwechsel "Coup" nennen, müssten die Zahlungen gestoppt werden. Die Wende könnte aber der Zorn der Islamisten in Ägypten und ihrer Anhänger in anderen Staaten bringen. Das US- Außenministerium kündigte an, aus "Vorsorge" und wegen angeblicher "Hinweise auf geplante Al-Qaida-Anschläge" würden Botschaften und Konsulate im Nahen und Mittleren Osten am Sonntag geschlossen bleiben. Die US-Vertretung in Kairo schloss bereits am Freitag, US-Bürger wurden gewarnt, sich Demonstrationen zu nähern. Vergangenes Jahr hatte ein Mob die Kairoer Botschaft attackiert; Auslöser war ein blasphemischer Mohammed-Film.

In Kairo selbst wuchsen die Anzeichen für neue Gewalt am Wochenende: Die Islamisten sprachen von einem bevorstehenden "Massaker". Das Innenministerium rief die Mursi-Anhänger erneut auf, die Lager zu räumen.

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