Eine ARD-Doku beschäftigt sich mit Frauen in der Karrierefalle und fordert sie auf, mehr zu wagen. Leider macht sich der Film dabei zu sehr die männliche Sichtweise zu eigen.
Es gibt zwei Möglichkeiten, sich der Frage zu nähern, warum es so wenige Frauen auf Chefpositionen schaffen. Feministinnen der alten Schule sagen, es liege an den Männern. Die anderen finden sich ein bisschen mutiger: Die Frauen sollten bei sich selbst anfangen. Sind sie vielleicht zu bequem für die Macht? Die Filmemacherin Rita Knobel-Ulrich hat den zweiten Weg gewählt. Ihr Film "Frauen, bewegt euch" ist eine Aufforderung an Mütter, auch mal was zu wagen. Den Partner einzuspannen bei der Kinderbetreuung, beim Wort 'Rabenmutter' wegzuhören und sich nicht einschüchtern zu lassen von den Anzugträgern in der Chefetage - sind schließlich auch nur Väter, die ihre Kinder fremdbetreuen lassen.
Kind und Küche statt Karriere? Die ARD-Doku "Frauen, bewegt euch" will vor allem Mütter bewegen, mehr Freiheiten einzufordern.
Damit ist das Grundproblem des Films aber schon genannt: Er macht sich die männliche (und von einigen Frauen gerne adaptierte) Sichtweise zu eigen, dass der Aufstieg weiblicher Führungskräfte in erster Linie daran scheitert, dass Frauen sich der Familie wegen zu wenig ins Getümmel stürzen. Frauen sehen das jedoch oft anders, wie Antonella Mei-Pochtler, Senior-Partnerin bei Boston-Consulting, es kürzlich auf einer Tagung darstellte: 'Fragt man die Frauen, sagen sie, sie werden nicht für Schlüsselprojekte eingesetzt, sie werden nicht ernst genommen.' Frauen erlebten männlich definierte Auswahlkriterien, aggressives Verhalten und Präsenz-Kultur als so kräftezehrend, dass viele irgendwann aufgeben. Und ja: Es gibt ausreichend hoch qualifizierte kinderlose Frauen. Hätten die nicht längst in Vorständen, Aufsichtsräten, auf Chefarzt-Positionen oder Edel-Professuren landen müssen?
'Frauen haben zu wenig Lust auf Macht', darf denn auch der Personalberater Heiner Thorborg in dem Film sagen. Da kommt er der Sache schon näher. Denn Macht wird von Frauen im (alpha-)männlichen Umfeld oft in ihrer negativen Variante erlebt. Viele Männer hingegen genießen sie, weil ihnen das Gestalten, Statussymbole und das Gefühl der Zugehörigkeit zu mächtigen Gruppen einen Kick geben.
Die zweite Schwäche des Films ist die Ursachenforschung für den angeblich fehlenden Gestaltungswillen. So schwenkt die Kamera in eine Kita, in der Mädchen beim Berufswunsch unisono 'Prinzessin' angeben. Jungs hingegen dürfen natürlich raufen. In Ländern allerdings, in denen es Frauen auf dem Weg in die Chefetagen deutlich weitergebracht haben als hier, werden Mädchen teils noch viel heftiger darauf getrimmt, Rosa zu tragen und ihre weiblichen Qualitäten zur Schau zu stellen.
Diese Kritik mal beiseitegelassen, ermutigt der Film aber auch. Knobel-Ulrich beobachtet präzise. Sie gibt ihren Gesprächspartnern Raum. Deshalb finden auch alle Frauen (Mütter!) jemanden, mit dem sie sich identifizieren können. Vom scheidenden Eon-Vorstand Regine Stachelhaus, deren Mann daheim die Söhne großzog, über die erfolgreiche Unternehmensberaterin und Mutter Tanja Wielgoß, die, wie ihr Mann, in einer Vier-Tage-Woche arbeitet, bis hin zur derzeit Vollzeit-Mutter Milka Grävendiek, die früher mal 'ganz nach oben' wollte. Knobel-Ulrich urteilt nicht, sie gibt Anstöße. 'Lean in' ist ihre Botschaft, häng" dich rein, ganz wie es die Facebook-Managerin Sheryl Sandberg in ihrem Bestseller mit diesem Titel empfiehlt.
Allerdings wird die Nachricht nicht viele erreichen. Bis zum Sendetermin um 23.15 Uhr dürften nur die wenigsten Mütter im Wachzustand ausharren. Und der einsame Manager in seinem Hotelzimmer, der sich versehentlich in die Sendung zappt, kann danach beruhigt einschlafen: Von der weiblichen Konkurrenz droht noch lange keine Gefahr.
Frauen, bewegt euch, ARD, Montag, 23.15 Uhr.
Es gibt zwei Möglichkeiten, sich der Frage zu nähern, warum es so wenige Frauen auf Chefpositionen schaffen. Feministinnen der alten Schule sagen, es liege an den Männern. Die anderen finden sich ein bisschen mutiger: Die Frauen sollten bei sich selbst anfangen. Sind sie vielleicht zu bequem für die Macht? Die Filmemacherin Rita Knobel-Ulrich hat den zweiten Weg gewählt. Ihr Film "Frauen, bewegt euch" ist eine Aufforderung an Mütter, auch mal was zu wagen. Den Partner einzuspannen bei der Kinderbetreuung, beim Wort 'Rabenmutter' wegzuhören und sich nicht einschüchtern zu lassen von den Anzugträgern in der Chefetage - sind schließlich auch nur Väter, die ihre Kinder fremdbetreuen lassen.
Kind und Küche statt Karriere? Die ARD-Doku "Frauen, bewegt euch" will vor allem Mütter bewegen, mehr Freiheiten einzufordern.
Damit ist das Grundproblem des Films aber schon genannt: Er macht sich die männliche (und von einigen Frauen gerne adaptierte) Sichtweise zu eigen, dass der Aufstieg weiblicher Führungskräfte in erster Linie daran scheitert, dass Frauen sich der Familie wegen zu wenig ins Getümmel stürzen. Frauen sehen das jedoch oft anders, wie Antonella Mei-Pochtler, Senior-Partnerin bei Boston-Consulting, es kürzlich auf einer Tagung darstellte: 'Fragt man die Frauen, sagen sie, sie werden nicht für Schlüsselprojekte eingesetzt, sie werden nicht ernst genommen.' Frauen erlebten männlich definierte Auswahlkriterien, aggressives Verhalten und Präsenz-Kultur als so kräftezehrend, dass viele irgendwann aufgeben. Und ja: Es gibt ausreichend hoch qualifizierte kinderlose Frauen. Hätten die nicht längst in Vorständen, Aufsichtsräten, auf Chefarzt-Positionen oder Edel-Professuren landen müssen?
'Frauen haben zu wenig Lust auf Macht', darf denn auch der Personalberater Heiner Thorborg in dem Film sagen. Da kommt er der Sache schon näher. Denn Macht wird von Frauen im (alpha-)männlichen Umfeld oft in ihrer negativen Variante erlebt. Viele Männer hingegen genießen sie, weil ihnen das Gestalten, Statussymbole und das Gefühl der Zugehörigkeit zu mächtigen Gruppen einen Kick geben.
Die zweite Schwäche des Films ist die Ursachenforschung für den angeblich fehlenden Gestaltungswillen. So schwenkt die Kamera in eine Kita, in der Mädchen beim Berufswunsch unisono 'Prinzessin' angeben. Jungs hingegen dürfen natürlich raufen. In Ländern allerdings, in denen es Frauen auf dem Weg in die Chefetagen deutlich weitergebracht haben als hier, werden Mädchen teils noch viel heftiger darauf getrimmt, Rosa zu tragen und ihre weiblichen Qualitäten zur Schau zu stellen.
Diese Kritik mal beiseitegelassen, ermutigt der Film aber auch. Knobel-Ulrich beobachtet präzise. Sie gibt ihren Gesprächspartnern Raum. Deshalb finden auch alle Frauen (Mütter!) jemanden, mit dem sie sich identifizieren können. Vom scheidenden Eon-Vorstand Regine Stachelhaus, deren Mann daheim die Söhne großzog, über die erfolgreiche Unternehmensberaterin und Mutter Tanja Wielgoß, die, wie ihr Mann, in einer Vier-Tage-Woche arbeitet, bis hin zur derzeit Vollzeit-Mutter Milka Grävendiek, die früher mal 'ganz nach oben' wollte. Knobel-Ulrich urteilt nicht, sie gibt Anstöße. 'Lean in' ist ihre Botschaft, häng" dich rein, ganz wie es die Facebook-Managerin Sheryl Sandberg in ihrem Bestseller mit diesem Titel empfiehlt.
Allerdings wird die Nachricht nicht viele erreichen. Bis zum Sendetermin um 23.15 Uhr dürften nur die wenigsten Mütter im Wachzustand ausharren. Und der einsame Manager in seinem Hotelzimmer, der sich versehentlich in die Sendung zappt, kann danach beruhigt einschlafen: Von der weiblichen Konkurrenz droht noch lange keine Gefahr.
Frauen, bewegt euch, ARD, Montag, 23.15 Uhr.