Die Outdoor-Firma Patagonia fordert ihre Kunden auf, nur Dinge zu kaufen, die sie wirklich brauchen - zum Schutz der Umwelt. Wirklich erfolgreich ist sie mit dem Aufruf nicht: Die Marke ist populär, das US-Unternehmen wächst seit Jahren rasant
Der Plan hat nicht funktioniert. Patagonia, die amerikanische Ökomarke für Outdoor-Klamotten, hat eine Anzeige auf einer ganzen Seite in der New York Times geschaltet. Zu sehen ist eine blaue, kuschelige Fleece-Jacke der Firma und ein riesiger Schriftzug: "Don"t buy this Jacket" (Kauf die Jacke nicht). Passend dazu gibt es eine Internetseite, auf der Kunden - in diesem Fall Nicht-Kunden - einen Eid schwören sollen: "Ich gelobe, nur die Dinge zu kaufen, die ich wirklich brauche (und die halten), zu reparieren, was kaputt geht, weiterzugeben, was ich nicht mehr brauche und den Rest zu recyceln."
Es ist eine Kampagne zum Konsumverzicht, denn nur Konsumverzicht sei wirklich gut für die Umwelt, so Patagonia.
Und was machen die Kunden? Sie unterzeichnen den Eid, inzwischen haben sich schon mehr als 59000 Menschen auf der Internetseite von Patagonia zum Konsumverzicht verpflichtet - und dann ziehen sie los und konsumieren.
Fast zwei Jahre ist die Kampagne nun alt und sie hat genau das Gegenteil von dem bewirkt, was sie eigentlich aussagt. Die Nachfrage nach den Jacken und anderen Outdoor-Klamotten von Patagonia wächst rasant, das Unternehmen expandiert. Seit 2008 klettert der Umsatz Jahr für Jahr um rund ein Viertel, im Moment steigt er zwischen zehn und 15 Prozent, sagt Marketingchef Vincent Stanley. Im vergangenen Geschäftsjahr lag er bei 575 Millionen Dollar.
Wäre Patagonia nicht Patagonia, könnte man hinter der Anzeige einen sehr geschickten Marketing-Trick vermuten. Aber Patagonia meint es ernst, sagt Stanley. Die Firma wolle nicht Gewinne maximieren wie die anderen, sondern möglichst im Einklang mit der Natur und ohne Ausbeutung von billigen Arbeitskräften arbeiten, auch wenn das dazu führe, dass sie weniger verdiene als sie könne.
"Wir machen keine wahnsinnigen Margen", sagt Stanley. "Wir sind angetreten, um traditionelle Geschäftsstrukturen herauszufordern." Patagonia aus dem kalifornischen Strandort Ventura ist in der Outdoor-Industrie der Musterschüler in Sachen Unternehmensverantwortung und Umweltschutz.
Yvon Chouinard hat Patagonia 1973 gegründet. Der Frankokandadier, inzwischen 74 Jahre alt, ist leidenschaftlicher Bergsteiger. Aber was es an Kletterhaken so gibt, gefällt dem jungen Mann in den 50er Jahren so gar nicht. Im Hinterhof seiner Eltern beginnt er, selbst Hardware für Bergsteiger zu fertigen. In den Anfangsjahren der Firma kommen robuste Shirts zum Klettern hinzu, dicke, dicht gestrickte Wollpullover, die den Wind abhalten, und Segeltuch-Shorts mit doppeltem Hosenboden.
Das Unternehmen wächst, expandiert ins Ausland. Inzwischen ist Patagonia in Amerika eine der größten und bekanntesten Outdoor-Marken. "Und in den letzten Jahren haben wir auch in Europa ganz schön Fahrt aufgenommen, das Geschäft wächst besonders in Deutschland und in Frankreich", sagt Marketingchef Stanley. Outdoor-Unternehmen wie The North Face, Jack Wolfskin oder Adidas nehmen die Konkurrenz aus Kalifornien ernst.
Patagonia kann es sich leisten, auf Gewinnmaximierung zu verzichten: Es ist das größte Unternehmen in der Outdoor-Industrie, das nicht an der Börse notiert ist oder an einen Investor verkauft wurde, sondern noch immer der Gründerfamilie gehört. Gründer Chouinard macht weniger Druck als Aktionäre, die steigende Kurse und Dividenden verlangen. Patagonia leistet sich darum teure Materialien und Produktionsprozesse, verwendet zum Beispiel zu hundert Prozent Biobaumwolle. Fleecejacken fertigt das Unternehmen zum Teil aus alten Plastikflaschen, auch recycelter Nylon und recyceltes Polyester kommen zum Einsatz.
Außerdem gibt das Unternehmen viel Geld für Forschung und Entwicklung aus, etwa um möglichst schadstoffarme Chemikalien für die wasserabweisenden Stoffe zu finden. Im Moment arbeitet Patagonia mit dem Materialproduzenten Yulex an einem Bio-Gummi unter anderem für Neoprenanzüge. Seit 30 Jahren spendet Patagonia außerdem jedes Jahr ein Prozent des Umsatzes an Umweltgruppen.
Neben Umweltschutz hat sich Patagonia auch zu besseren Bedingungen für die Arbeiter in den Kleidungsfabriken verpflichtet. Die Firma produziert unter anderem in Indien, China, Vietnam und auch in Bangladesch, will aber die Fabriken stärker kontrollieren als die anderen Klamottenhersteller. Dabei helfen konzerneigene Kontrolleure und die Prüfer der Fair Labor Association, die Fabriken ein Gütesiegel geben. "Wir haben schon mehrmals zusätzliche Anforderungen an Fabriken gestellt, bevor wir unsere Kleidung dort produzieren ließen", erzählt Stanley.
Auch in der Unternehmenszentrale in Kalifornien sind die Arbeitsbedingungen anders als in anderen Unternehmen. Es gibt einen Kindergarten, der zur Firma gehört, Überstunden sind nicht erwünscht. Das Unternehmen versuche, sich trotz der inzwischen mehr als 1500 Mitarbeiter eine Arbeitsatmosphäre wie in einem kleinen Familienbetrieb zu erhalten, erzählt Stanley. "In der Mittagspause gehen die Leute bei uns schon mal surfen oder Radfahren."
Diese Art zu wirtschaften ist auf den ersten Blick teuer, lohne sich aber langfristig, glaubt der Marketingchef. "Seit der Wirtschaftskrise haben viele Leute eine Wut auf Großkonzerne", sagt er. Das treibe sie zu Unternehmen, bei denen sie mit besserem Gewissen einkaufen. "Gerade Europäer machen sich mehr Gedanken und wissen auch mehr über Umweltschutz und soziale Themen. Sie wissen Bescheid über Arbeitsbedingungen in den Fabriken."
Bei allem Verantwortungsbewusstsein ist es allerdings nicht so, dass Patagonia die Kosten für Umweltschutz und bessere Herstellung ganz allein übernimmt zu Lasten der Gewinnmarge. Auch die Kunden tragen die Kosten mit, die Produkte der Firma sind enorm teuer. Ein Daunen-Parka kann schon 700 Dollar kosten. So wird Patagonia zur Ökomarke für diejenigen, die es sich leisten können, sich ein grünes Gewissen zu kaufen. "Eigentlich zahlt niemand von uns, kein Konsument der Welt, genug für die Produkte, die wir so kaufen", sagt Stanley. "Egal um welches Produkt es geht, die Umweltkosten sind nie im Preis eingerechnet." Schließlich verbraucht jede Fabrik Energie, die meist aus Kohle- oder Atomkraftwerken stammt.
Patagonia versuche ständig, herauszufinden, wo die Grenze liegt, wie viel Geld man pro Produkt von Kunden verlangen kann, sagt der Marketingchef. "Es ist aber nicht so, dass nur die Superreichen bei uns einkaufen. Es kaufen auch durchaus Menschen mit bescheidenen Vermögensverhältnissen bei Patagonia ein. Sie kaufen zwar weniger Dinge, aber dafür bessere, von denen sie glauben, dass sie länger halten." Seit der Wirtschaftskrise sei die Nachfrage gestiegen, weil Menschen mehr auf Qualität achteten, wenn sie weniger Geld ausgeben können. Außerdem machten die Leute weniger Fernreisen und stattdessen Wanderurlaub - ausgestattet von Patagonia. "Die Rezession hat uns geholfen."
Da ist er wieder: der Konsumverzicht. Patagonia hat sogar eine Plattform auf Ebay geschaffen, auf der man gebrauchte Kleidung ersteigern kann, statt neue zu kaufen. "Für die Umwelt ist es am besten, wenn die Leute so wenig wie möglich kaufen", sagt Stanley. Aber dieser Plan funktioniert nicht, trotz ganzseitiger Anzeigen.
Der Plan hat nicht funktioniert. Patagonia, die amerikanische Ökomarke für Outdoor-Klamotten, hat eine Anzeige auf einer ganzen Seite in der New York Times geschaltet. Zu sehen ist eine blaue, kuschelige Fleece-Jacke der Firma und ein riesiger Schriftzug: "Don"t buy this Jacket" (Kauf die Jacke nicht). Passend dazu gibt es eine Internetseite, auf der Kunden - in diesem Fall Nicht-Kunden - einen Eid schwören sollen: "Ich gelobe, nur die Dinge zu kaufen, die ich wirklich brauche (und die halten), zu reparieren, was kaputt geht, weiterzugeben, was ich nicht mehr brauche und den Rest zu recyceln."
Es ist eine Kampagne zum Konsumverzicht, denn nur Konsumverzicht sei wirklich gut für die Umwelt, so Patagonia.
Und was machen die Kunden? Sie unterzeichnen den Eid, inzwischen haben sich schon mehr als 59000 Menschen auf der Internetseite von Patagonia zum Konsumverzicht verpflichtet - und dann ziehen sie los und konsumieren.
Fast zwei Jahre ist die Kampagne nun alt und sie hat genau das Gegenteil von dem bewirkt, was sie eigentlich aussagt. Die Nachfrage nach den Jacken und anderen Outdoor-Klamotten von Patagonia wächst rasant, das Unternehmen expandiert. Seit 2008 klettert der Umsatz Jahr für Jahr um rund ein Viertel, im Moment steigt er zwischen zehn und 15 Prozent, sagt Marketingchef Vincent Stanley. Im vergangenen Geschäftsjahr lag er bei 575 Millionen Dollar.
Wäre Patagonia nicht Patagonia, könnte man hinter der Anzeige einen sehr geschickten Marketing-Trick vermuten. Aber Patagonia meint es ernst, sagt Stanley. Die Firma wolle nicht Gewinne maximieren wie die anderen, sondern möglichst im Einklang mit der Natur und ohne Ausbeutung von billigen Arbeitskräften arbeiten, auch wenn das dazu führe, dass sie weniger verdiene als sie könne.
"Wir machen keine wahnsinnigen Margen", sagt Stanley. "Wir sind angetreten, um traditionelle Geschäftsstrukturen herauszufordern." Patagonia aus dem kalifornischen Strandort Ventura ist in der Outdoor-Industrie der Musterschüler in Sachen Unternehmensverantwortung und Umweltschutz.
Yvon Chouinard hat Patagonia 1973 gegründet. Der Frankokandadier, inzwischen 74 Jahre alt, ist leidenschaftlicher Bergsteiger. Aber was es an Kletterhaken so gibt, gefällt dem jungen Mann in den 50er Jahren so gar nicht. Im Hinterhof seiner Eltern beginnt er, selbst Hardware für Bergsteiger zu fertigen. In den Anfangsjahren der Firma kommen robuste Shirts zum Klettern hinzu, dicke, dicht gestrickte Wollpullover, die den Wind abhalten, und Segeltuch-Shorts mit doppeltem Hosenboden.
Das Unternehmen wächst, expandiert ins Ausland. Inzwischen ist Patagonia in Amerika eine der größten und bekanntesten Outdoor-Marken. "Und in den letzten Jahren haben wir auch in Europa ganz schön Fahrt aufgenommen, das Geschäft wächst besonders in Deutschland und in Frankreich", sagt Marketingchef Stanley. Outdoor-Unternehmen wie The North Face, Jack Wolfskin oder Adidas nehmen die Konkurrenz aus Kalifornien ernst.
Patagonia kann es sich leisten, auf Gewinnmaximierung zu verzichten: Es ist das größte Unternehmen in der Outdoor-Industrie, das nicht an der Börse notiert ist oder an einen Investor verkauft wurde, sondern noch immer der Gründerfamilie gehört. Gründer Chouinard macht weniger Druck als Aktionäre, die steigende Kurse und Dividenden verlangen. Patagonia leistet sich darum teure Materialien und Produktionsprozesse, verwendet zum Beispiel zu hundert Prozent Biobaumwolle. Fleecejacken fertigt das Unternehmen zum Teil aus alten Plastikflaschen, auch recycelter Nylon und recyceltes Polyester kommen zum Einsatz.
Außerdem gibt das Unternehmen viel Geld für Forschung und Entwicklung aus, etwa um möglichst schadstoffarme Chemikalien für die wasserabweisenden Stoffe zu finden. Im Moment arbeitet Patagonia mit dem Materialproduzenten Yulex an einem Bio-Gummi unter anderem für Neoprenanzüge. Seit 30 Jahren spendet Patagonia außerdem jedes Jahr ein Prozent des Umsatzes an Umweltgruppen.
Neben Umweltschutz hat sich Patagonia auch zu besseren Bedingungen für die Arbeiter in den Kleidungsfabriken verpflichtet. Die Firma produziert unter anderem in Indien, China, Vietnam und auch in Bangladesch, will aber die Fabriken stärker kontrollieren als die anderen Klamottenhersteller. Dabei helfen konzerneigene Kontrolleure und die Prüfer der Fair Labor Association, die Fabriken ein Gütesiegel geben. "Wir haben schon mehrmals zusätzliche Anforderungen an Fabriken gestellt, bevor wir unsere Kleidung dort produzieren ließen", erzählt Stanley.
Auch in der Unternehmenszentrale in Kalifornien sind die Arbeitsbedingungen anders als in anderen Unternehmen. Es gibt einen Kindergarten, der zur Firma gehört, Überstunden sind nicht erwünscht. Das Unternehmen versuche, sich trotz der inzwischen mehr als 1500 Mitarbeiter eine Arbeitsatmosphäre wie in einem kleinen Familienbetrieb zu erhalten, erzählt Stanley. "In der Mittagspause gehen die Leute bei uns schon mal surfen oder Radfahren."
Diese Art zu wirtschaften ist auf den ersten Blick teuer, lohne sich aber langfristig, glaubt der Marketingchef. "Seit der Wirtschaftskrise haben viele Leute eine Wut auf Großkonzerne", sagt er. Das treibe sie zu Unternehmen, bei denen sie mit besserem Gewissen einkaufen. "Gerade Europäer machen sich mehr Gedanken und wissen auch mehr über Umweltschutz und soziale Themen. Sie wissen Bescheid über Arbeitsbedingungen in den Fabriken."
Bei allem Verantwortungsbewusstsein ist es allerdings nicht so, dass Patagonia die Kosten für Umweltschutz und bessere Herstellung ganz allein übernimmt zu Lasten der Gewinnmarge. Auch die Kunden tragen die Kosten mit, die Produkte der Firma sind enorm teuer. Ein Daunen-Parka kann schon 700 Dollar kosten. So wird Patagonia zur Ökomarke für diejenigen, die es sich leisten können, sich ein grünes Gewissen zu kaufen. "Eigentlich zahlt niemand von uns, kein Konsument der Welt, genug für die Produkte, die wir so kaufen", sagt Stanley. "Egal um welches Produkt es geht, die Umweltkosten sind nie im Preis eingerechnet." Schließlich verbraucht jede Fabrik Energie, die meist aus Kohle- oder Atomkraftwerken stammt.
Patagonia versuche ständig, herauszufinden, wo die Grenze liegt, wie viel Geld man pro Produkt von Kunden verlangen kann, sagt der Marketingchef. "Es ist aber nicht so, dass nur die Superreichen bei uns einkaufen. Es kaufen auch durchaus Menschen mit bescheidenen Vermögensverhältnissen bei Patagonia ein. Sie kaufen zwar weniger Dinge, aber dafür bessere, von denen sie glauben, dass sie länger halten." Seit der Wirtschaftskrise sei die Nachfrage gestiegen, weil Menschen mehr auf Qualität achteten, wenn sie weniger Geld ausgeben können. Außerdem machten die Leute weniger Fernreisen und stattdessen Wanderurlaub - ausgestattet von Patagonia. "Die Rezession hat uns geholfen."
Da ist er wieder: der Konsumverzicht. Patagonia hat sogar eine Plattform auf Ebay geschaffen, auf der man gebrauchte Kleidung ersteigern kann, statt neue zu kaufen. "Für die Umwelt ist es am besten, wenn die Leute so wenig wie möglich kaufen", sagt Stanley. Aber dieser Plan funktioniert nicht, trotz ganzseitiger Anzeigen.