"Sandy" trifft in der Nacht zum Dienstag auf Land und Millionen Einwohner an der Ostküste warten voller Sorge auf den Hurrikan. New York wird derweil zur Geisterstadt. Börse, Schulen, U-Bahn - alles ist geschlossen
Paulette Rush hat seit 27 Stunden nicht mehr geschlafen. Am Samstag, als der Sturm das öffentliche Leben in New York noch nicht lahmgelegt hatte, war sie mit dem 61er Bus aus Red Hook hochgekommen, um hier im Schutzraum für Evakuierte als Freiwillige auszuhelfen. 'Ich liebe es, mit Menschen umzugehen, mir macht die Arbeit Spaß', sagt die 22-Jährige. Nicht nur ihre Hilfe wird gebraucht in diesen Stunden.
Gut 370000 Menschen in den Küstenzonen Staten Islands, Brooklyns, Queens und Manhattans hat New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg aufgefordert, ihre Wohnungen zu verlassen. Die meisten sind zu Verwandten und Freunden gezogen. Für 2100 Gestrandete, die diese Möglichkeit nicht hatten, stehen 76 Evakuierungszentren bereit, eines davon ist hier in der Sekundarschule K460 im Brooklyner Stadtteil Park Slope. Die Evakuierten, vor allem aus den Arme-Leute-Vierteln Red Hook und Coney Island, wohnen hier getrennt nach Familien, Frauen und Männern; es gibt ein Zentrum für Familienzusammenführung und einen Raum für Haustiere. Die meiste Arbeit wird von Freiwilligen gemacht.
Auch die New Yorker U-Bahn steht wegen Hurrikan "Sandy" still.
Hier, wie überall in New York, warteten die Menschen mehr oder weniger fatalistisch auf die Ankunft von Sandy. Sturmstärke und Regen nahmen beständig zu, einzelne Böen erreichten bis zu 70 Kilometer in der Stunde. Der eigentliche 'Frankenstorm', wie ihn Meteorologen getauft hatten, wütete dabei noch draußen auf dem Atlantik vor der Küste von Virginia. Er sollte am Montagabend (Ortszeit) die Küste von Delaware auf der Höhe von Philadelphia erreichen. Wenn es so weit sein würde, rechneten Experten mit Stromausfällen in weiten Teilen der nordöstlichen USA. In New York gilt besonders der Stadtteil Staten Island als gefährdet. Dort sind die meisten Straßen von Bäumen gesäumt, zudem liegen fast alle Stromleitungen oberirdisch und sind so Wind und Wetter ausgesetzt.
Eines der Probleme der Stadtverwaltung von New York war, dass etliche Bürger die Gefahr immer noch nicht ernst genug nahmen. Viele blieben trotz mehrfacher Warnung in ihren gefährdeten Wohnungen. 'Es ist wie immer - wieder mal ein neuer Sturm', sagte einer aus Queens dem lokalen Fernsehen. Roscoe Halprin, ein anderer Helfer im Evakuierungszentrum von Park Slope, ärgert sich. 'Bei uns in Red Hook sind auch viele geblieben. Ich finde, der Bürgermeister sollte sie aus ihren Wohnungen holen. Wenn was passiert, ist er dran.' Den Mietern von Sozialwohnungen in der Hochrisikozone A hat die Verwaltung Heizung, Warmwasser und die Stromzufuhr zu den Aufzügen abgedreht. 1000 Obdachlose aus acht Unterkünften mussten in Sicherheit gebracht werden.
Am Ernst der Lage konnte es am Montag keine Zweifel mehr geben. Der Sturm hatte sich auf dem Weg zur Küste noch verstärkt und erreichte jetzt Geschwindigkeiten von 135 Kilometern in der Stunde. An der Ostküste wurden 9000 Flüge gestrichen, der Flughafen John F. Kennedy blieb geschlossen. Die Lufthansa teilte mit, dass es auch am Dienstag keine Flüge zwischen New York und Deutschland geben würde.
An der Wall Street wurde die New Yorker Börse geschlossen - zum ersten Mal seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Nach den jüngsten Plänen sollte der Handel auch am Dienstag unterbrochen bleiben. Das Börsengebäude, das in einem überschwemmungsgefährdeten Gebiet liegt, wurde mit Sandsäcken gesichert. Zunächst hatte das Börsenmanagement vorgehabt, den Handel wenigstens auf einer elektronischen Plattform aufrecht zu erhalten, aber das erwies sich offenbar als zu kompliziert. Auch sonst begann Sandy das Geschäftsleben in der Metropole zu beeinträchtigen, noch ehe der Hurrikan richtig eingetroffen war. Google sagte die Präsentation eines neuen Smartphones ab, der Pharmakonzern Pfizer die Vorstellung der Geschäftszahlen. Wegen des Hurrikans ging auch der Ölpreis leicht zurück. Ein Fass (159 Liter) Nordsee-Öl der Sorte Brent fiel am Montag in London um einen halben Dollar auf 109 Dollar, weil die Händler mit Nachfrageausfällen rechneten.
Alle Behörden und Schulen in New York blieben am Montag geschlossen. In Washington stellten die Bundesbehörden ihren Publikumsverkehr ein. Die New York Times und das Wall Street Journal boten alle Berichte über den Sturm auf ihren Internetseiten umsonst an. Eigentlich müssen Leser für die Inhalte bezahlen.
Seit Sonntagabend verkehren in New York weder U-Bahn, noch Busse, Vorortzüge oder Fähren. Zwei Tunnel, die New Jersey und Brooklyn mit Manhattan verbinden, wurden ebenfalls geschlossen.
Sandy ist deshalb so gefährlich, weil er erst auf ein Hochdruckgebiet im Atlantik stößt und dann auf eine Kaltfront im Binnenland. Die Kombination sorgt für zerstörerische Stürme, Flutwellen, Starkregen, Schnee. Der Gouverneur von Connecticut, Dannel Malloy, warnte die Bevölkerung eindringlich. 'Wir müssen uns auf ausgedehnte Überschwemmungen einstellen, womöglich die schlimmsten seit 70 Jahren.' An Teilen der Küste sollte das Hochwasser bis zu drei Meter erreichen. In einer dramatischen Rettungsaktion mussten Mitglieder der US-Küstenwache die Besatzung des legendären Filmschiffes Bounty aus Seenot retten. Das Schiff hatte mit 17 Mann vor North Carolina gesegelt. Zwei Crewmitglieder wurden als vermisst gemeldet. Ob das führerlose Schiff den Hurrikan überstehen kann, gilt als zweifelhaft.
Sandy brachte auch die Terminpläne am Ende der Präsidentschaftskandidaten durcheinander. Sowohl Barack Obama als auch sein Herausforderer Mitt Romney sagten Auftritte ab. Der Präsident rief für die Millionenmetropolen Washington und New York sowie die Bundesstaaten Maryland und Massachusetts den Notstand aus.
Paulette Rush hat seit 27 Stunden nicht mehr geschlafen. Am Samstag, als der Sturm das öffentliche Leben in New York noch nicht lahmgelegt hatte, war sie mit dem 61er Bus aus Red Hook hochgekommen, um hier im Schutzraum für Evakuierte als Freiwillige auszuhelfen. 'Ich liebe es, mit Menschen umzugehen, mir macht die Arbeit Spaß', sagt die 22-Jährige. Nicht nur ihre Hilfe wird gebraucht in diesen Stunden.
Gut 370000 Menschen in den Küstenzonen Staten Islands, Brooklyns, Queens und Manhattans hat New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg aufgefordert, ihre Wohnungen zu verlassen. Die meisten sind zu Verwandten und Freunden gezogen. Für 2100 Gestrandete, die diese Möglichkeit nicht hatten, stehen 76 Evakuierungszentren bereit, eines davon ist hier in der Sekundarschule K460 im Brooklyner Stadtteil Park Slope. Die Evakuierten, vor allem aus den Arme-Leute-Vierteln Red Hook und Coney Island, wohnen hier getrennt nach Familien, Frauen und Männern; es gibt ein Zentrum für Familienzusammenführung und einen Raum für Haustiere. Die meiste Arbeit wird von Freiwilligen gemacht.
Auch die New Yorker U-Bahn steht wegen Hurrikan "Sandy" still.
Hier, wie überall in New York, warteten die Menschen mehr oder weniger fatalistisch auf die Ankunft von Sandy. Sturmstärke und Regen nahmen beständig zu, einzelne Böen erreichten bis zu 70 Kilometer in der Stunde. Der eigentliche 'Frankenstorm', wie ihn Meteorologen getauft hatten, wütete dabei noch draußen auf dem Atlantik vor der Küste von Virginia. Er sollte am Montagabend (Ortszeit) die Küste von Delaware auf der Höhe von Philadelphia erreichen. Wenn es so weit sein würde, rechneten Experten mit Stromausfällen in weiten Teilen der nordöstlichen USA. In New York gilt besonders der Stadtteil Staten Island als gefährdet. Dort sind die meisten Straßen von Bäumen gesäumt, zudem liegen fast alle Stromleitungen oberirdisch und sind so Wind und Wetter ausgesetzt.
Eines der Probleme der Stadtverwaltung von New York war, dass etliche Bürger die Gefahr immer noch nicht ernst genug nahmen. Viele blieben trotz mehrfacher Warnung in ihren gefährdeten Wohnungen. 'Es ist wie immer - wieder mal ein neuer Sturm', sagte einer aus Queens dem lokalen Fernsehen. Roscoe Halprin, ein anderer Helfer im Evakuierungszentrum von Park Slope, ärgert sich. 'Bei uns in Red Hook sind auch viele geblieben. Ich finde, der Bürgermeister sollte sie aus ihren Wohnungen holen. Wenn was passiert, ist er dran.' Den Mietern von Sozialwohnungen in der Hochrisikozone A hat die Verwaltung Heizung, Warmwasser und die Stromzufuhr zu den Aufzügen abgedreht. 1000 Obdachlose aus acht Unterkünften mussten in Sicherheit gebracht werden.
Am Ernst der Lage konnte es am Montag keine Zweifel mehr geben. Der Sturm hatte sich auf dem Weg zur Küste noch verstärkt und erreichte jetzt Geschwindigkeiten von 135 Kilometern in der Stunde. An der Ostküste wurden 9000 Flüge gestrichen, der Flughafen John F. Kennedy blieb geschlossen. Die Lufthansa teilte mit, dass es auch am Dienstag keine Flüge zwischen New York und Deutschland geben würde.
An der Wall Street wurde die New Yorker Börse geschlossen - zum ersten Mal seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Nach den jüngsten Plänen sollte der Handel auch am Dienstag unterbrochen bleiben. Das Börsengebäude, das in einem überschwemmungsgefährdeten Gebiet liegt, wurde mit Sandsäcken gesichert. Zunächst hatte das Börsenmanagement vorgehabt, den Handel wenigstens auf einer elektronischen Plattform aufrecht zu erhalten, aber das erwies sich offenbar als zu kompliziert. Auch sonst begann Sandy das Geschäftsleben in der Metropole zu beeinträchtigen, noch ehe der Hurrikan richtig eingetroffen war. Google sagte die Präsentation eines neuen Smartphones ab, der Pharmakonzern Pfizer die Vorstellung der Geschäftszahlen. Wegen des Hurrikans ging auch der Ölpreis leicht zurück. Ein Fass (159 Liter) Nordsee-Öl der Sorte Brent fiel am Montag in London um einen halben Dollar auf 109 Dollar, weil die Händler mit Nachfrageausfällen rechneten.
Alle Behörden und Schulen in New York blieben am Montag geschlossen. In Washington stellten die Bundesbehörden ihren Publikumsverkehr ein. Die New York Times und das Wall Street Journal boten alle Berichte über den Sturm auf ihren Internetseiten umsonst an. Eigentlich müssen Leser für die Inhalte bezahlen.
Seit Sonntagabend verkehren in New York weder U-Bahn, noch Busse, Vorortzüge oder Fähren. Zwei Tunnel, die New Jersey und Brooklyn mit Manhattan verbinden, wurden ebenfalls geschlossen.
Sandy ist deshalb so gefährlich, weil er erst auf ein Hochdruckgebiet im Atlantik stößt und dann auf eine Kaltfront im Binnenland. Die Kombination sorgt für zerstörerische Stürme, Flutwellen, Starkregen, Schnee. Der Gouverneur von Connecticut, Dannel Malloy, warnte die Bevölkerung eindringlich. 'Wir müssen uns auf ausgedehnte Überschwemmungen einstellen, womöglich die schlimmsten seit 70 Jahren.' An Teilen der Küste sollte das Hochwasser bis zu drei Meter erreichen. In einer dramatischen Rettungsaktion mussten Mitglieder der US-Küstenwache die Besatzung des legendären Filmschiffes Bounty aus Seenot retten. Das Schiff hatte mit 17 Mann vor North Carolina gesegelt. Zwei Crewmitglieder wurden als vermisst gemeldet. Ob das führerlose Schiff den Hurrikan überstehen kann, gilt als zweifelhaft.
Sandy brachte auch die Terminpläne am Ende der Präsidentschaftskandidaten durcheinander. Sowohl Barack Obama als auch sein Herausforderer Mitt Romney sagten Auftritte ab. Der Präsident rief für die Millionenmetropolen Washington und New York sowie die Bundesstaaten Maryland und Massachusetts den Notstand aus.