Die Kings of Leon haben sich entschieden, statt Südstaaten-Punk lieber Rock für große Stadien zu spielen. Auf ihrem Album 'Mechanical Bull' fordern sie nun ihre Unschuld zurück
Es dürfte genug Leute geben, die sich das neue Album der Kings Of Leon mit dem festen Vorsatz anhören, es überflüssig zu finden. Der Mechanismus ist bekannt: Kriegt eine Rockgruppe Platinauszeichnungen, verkauft sie O2-Arenen aus, schließen viele daraus, dass ihre Musik nicht mehr viel wert sein kann. Erst recht bei dieser Band, die beim Start vor rund zehn Jahren so explizit als Gegenmittel zum verpönten Stadionrock galt. Mit einem völlig überraschenden, von keiner MTV-Pose vergifteten Zugang zum Südstaaten-Rock-"n"-Roll, der so lange die Domäne gestriger Rednecks gewesen war.
'Mechanical Bull', das neue, insgesamt sechste Album, klingt beim ersten Hören tatsächlich wie eine richtig gute Platte. Ein Ereignis ist es so oder so, denn heute sind die Kings Of Leon eine der ganz wenigen jüngeren Rockbands, mit denen weltweit richtig Geld verdient werden kann. Ihre Grammy-prämierten Hits 'Sex On Fire' und 'Use Somebody' laufen bei den Formatradios, die ja bekannt dafür sind, sonst wenig Platz für Gitarrenrock zu haben.
Die neuen Songs klingen nun in der Tat besser als die letzten, von großen Gesten begleiteten Werke, bei denen die Kings sich im weiten Hallraum und oft nur mittelmäßig gespielten Sentiment immer mehr zu verlieren schienen.
'Supersoaker', die Vorabsingle, ist ein krachender Comeback-Song, mit moorigem Soul und Gitarren, die endlich wieder ganz vordergründig scheppern. 'Rock City' erreicht fast wieder die Lässigkeit ihres Frühwerks, und 'Don"t Matter' sägt knappe drei Minuten lang so dreckig, wild und halbstark wie derzeit sonst nur die Queens Of The Stone Age.
'Mechanical Bull' überrascht zunächst mit der Art von klanglicher Unmittelbarkeit, die großen Rockbands heute so unglaublich schwer fällt. Zu Beginn der Kings-Karriere erschien das noch viel einfacher. Als die Band 2003 ihr Debütalbum veröffentlichte, war der älteste von ihnen 24. Als Abkömmlinge einer Pfingstpredigerfamilie hatten sie mit Popkultur wenig Berührung gehabt. Entsprechend rumpelten sie drauf los, schnoddrig und cool, wussten als Band noch nicht wirklich, was sie wollten oder konnten. Vor allem in England wurden sie gefeiert: die Jungs mit den langen Haaren, Bärten und verwaschenen T-Shirts. Man spürte das Streben nach Erlösung, die Emphase, die sie aus den Reden des Vaters kannten - keine andere Garagenband hatte damals so viel Feuer.
Bis irgendwann die Tourneen mit Pearl Jam, U2 und Konsorten kamen, die großen Arenen. Schlagzeuger Nathan Followill sagte 2007 in einem Interview, sie hätten dann eben Songs gebraucht, die auch im Madison Square Garden gut klingen. Aus Anmachsprüchen mussten große Behauptungen werden, aus dem Südstaaten-Hobo-Punk eine musikalische Lavawalze, die einem noch hinten am Würstchenstand die Augenbrauen abfackelt.
Heute tragen die Kings Of Leon nicht nur die richtigen Lederjacken, Hemden und kurzen Haare. Sie wissen auch ganz genau, was sie tun, und darin liegt das Problem. Der Grund, warum die Platte so gut losgeht, ist gleichzeitig auch der, warum die Begeisterung so schnell nachlässt: Diese Typen haben alles fest im Griff. Die verlorene Unschuld, die man am Ende des Gottesdienstes ja wieder zurückbekommt, ist im Rock "n" Roll oft unwiederbringlich weg - und je länger 'Mechanical Bull' läuft, je länger die anfängliche Wiedersehensfreude strapaziert wird, desto bitterer ist die Erkenntnis, dass hier nichts wirklich Überraschendes kommt. Nichts, was auf Dauer hängen bleibt. Vor allem in der zweiten Hälfte der Platte, die voll halbgarem Lehrbuchrock ist, wirken die Kings Of Leon oft wie genervte Angestellte, die den Job nach anfänglicher Euphorie möglichst schnell hinter sich bringen wollen.
Dass die Kings Of Leon mit 'Mechanical Bull' ihre Pflicht trotzdem professionell erledigen, dass sie dabei so solide Arbeit abliefern, garantiert immerhin, dass die anvisierten Fan-Millionen nicht enttäuscht werden. Wenn die Songs dann bei den Sommerfestivals 2014 gespielt werden, könnten das trotzdem die Momente werden, in denen alle zum Bierholen gehen. Ein Stadion, das man gefüllt hat, ist auch schnell wieder leergespielt.
Es dürfte genug Leute geben, die sich das neue Album der Kings Of Leon mit dem festen Vorsatz anhören, es überflüssig zu finden. Der Mechanismus ist bekannt: Kriegt eine Rockgruppe Platinauszeichnungen, verkauft sie O2-Arenen aus, schließen viele daraus, dass ihre Musik nicht mehr viel wert sein kann. Erst recht bei dieser Band, die beim Start vor rund zehn Jahren so explizit als Gegenmittel zum verpönten Stadionrock galt. Mit einem völlig überraschenden, von keiner MTV-Pose vergifteten Zugang zum Südstaaten-Rock-"n"-Roll, der so lange die Domäne gestriger Rednecks gewesen war.
'Mechanical Bull', das neue, insgesamt sechste Album, klingt beim ersten Hören tatsächlich wie eine richtig gute Platte. Ein Ereignis ist es so oder so, denn heute sind die Kings Of Leon eine der ganz wenigen jüngeren Rockbands, mit denen weltweit richtig Geld verdient werden kann. Ihre Grammy-prämierten Hits 'Sex On Fire' und 'Use Somebody' laufen bei den Formatradios, die ja bekannt dafür sind, sonst wenig Platz für Gitarrenrock zu haben.
Die neuen Songs klingen nun in der Tat besser als die letzten, von großen Gesten begleiteten Werke, bei denen die Kings sich im weiten Hallraum und oft nur mittelmäßig gespielten Sentiment immer mehr zu verlieren schienen.
'Supersoaker', die Vorabsingle, ist ein krachender Comeback-Song, mit moorigem Soul und Gitarren, die endlich wieder ganz vordergründig scheppern. 'Rock City' erreicht fast wieder die Lässigkeit ihres Frühwerks, und 'Don"t Matter' sägt knappe drei Minuten lang so dreckig, wild und halbstark wie derzeit sonst nur die Queens Of The Stone Age.
'Mechanical Bull' überrascht zunächst mit der Art von klanglicher Unmittelbarkeit, die großen Rockbands heute so unglaublich schwer fällt. Zu Beginn der Kings-Karriere erschien das noch viel einfacher. Als die Band 2003 ihr Debütalbum veröffentlichte, war der älteste von ihnen 24. Als Abkömmlinge einer Pfingstpredigerfamilie hatten sie mit Popkultur wenig Berührung gehabt. Entsprechend rumpelten sie drauf los, schnoddrig und cool, wussten als Band noch nicht wirklich, was sie wollten oder konnten. Vor allem in England wurden sie gefeiert: die Jungs mit den langen Haaren, Bärten und verwaschenen T-Shirts. Man spürte das Streben nach Erlösung, die Emphase, die sie aus den Reden des Vaters kannten - keine andere Garagenband hatte damals so viel Feuer.
Bis irgendwann die Tourneen mit Pearl Jam, U2 und Konsorten kamen, die großen Arenen. Schlagzeuger Nathan Followill sagte 2007 in einem Interview, sie hätten dann eben Songs gebraucht, die auch im Madison Square Garden gut klingen. Aus Anmachsprüchen mussten große Behauptungen werden, aus dem Südstaaten-Hobo-Punk eine musikalische Lavawalze, die einem noch hinten am Würstchenstand die Augenbrauen abfackelt.
Heute tragen die Kings Of Leon nicht nur die richtigen Lederjacken, Hemden und kurzen Haare. Sie wissen auch ganz genau, was sie tun, und darin liegt das Problem. Der Grund, warum die Platte so gut losgeht, ist gleichzeitig auch der, warum die Begeisterung so schnell nachlässt: Diese Typen haben alles fest im Griff. Die verlorene Unschuld, die man am Ende des Gottesdienstes ja wieder zurückbekommt, ist im Rock "n" Roll oft unwiederbringlich weg - und je länger 'Mechanical Bull' läuft, je länger die anfängliche Wiedersehensfreude strapaziert wird, desto bitterer ist die Erkenntnis, dass hier nichts wirklich Überraschendes kommt. Nichts, was auf Dauer hängen bleibt. Vor allem in der zweiten Hälfte der Platte, die voll halbgarem Lehrbuchrock ist, wirken die Kings Of Leon oft wie genervte Angestellte, die den Job nach anfänglicher Euphorie möglichst schnell hinter sich bringen wollen.
Dass die Kings Of Leon mit 'Mechanical Bull' ihre Pflicht trotzdem professionell erledigen, dass sie dabei so solide Arbeit abliefern, garantiert immerhin, dass die anvisierten Fan-Millionen nicht enttäuscht werden. Wenn die Songs dann bei den Sommerfestivals 2014 gespielt werden, könnten das trotzdem die Momente werden, in denen alle zum Bierholen gehen. Ein Stadion, das man gefüllt hat, ist auch schnell wieder leergespielt.