Diesmal ist es passiert in Los Angeles. In Chinatown im Stadtzentrum sitzen die Menschen auf der Straße im Kreis. Es ist schon dunkel, hinter ihnen leuchtet das neongrelle Schild des Supermarkts Walmart. Über ihnen kreist ein Helikopter, sie sind umzingelt von Polizisten mit Helmen und schwerer Uniform. Die Walmart-Mitarbeiter sind im Streik, sie demonstrieren gegen Minilöhne und miese Arbeitsbedingungen. Sie sitzen im Schneidersitz und halten ihre Schilder in die Luft. "Walmarts Löhne schaden Amerika" steht da, "Walmart kann 25000 Dollar zahlen" und "Es ist Zeit für einen Wandel". Am Ende nimmt die Polizei 54 von ihnen fest.
Karen Cariel, 15, bei den Protesten für die bessere Bezahlung von Walmart-Mitarbeitern.
Es sei, sagt die Mitarbeiterorganisation Our Walmart, der größte Fall zivilen Ungehorsams in der Geschichte von Walmart, dem größten Einzelhändler der Welt und größten Arbeitgeber der USA mit fast 470 Milliarden Dollar Jahresumsatz und 17 Milliarden Dollar Gewinn.
Die Walmart-Mitarbeiter fordern, dass der Konzern ihnen höhere Gehälter zahlt, mindestens 25000 Dollar pro Jahr für Vollzeit-Mitarbeiter. Wobei die Vollzeit-Beschäftigung ein großes Thema ist: Die Mitarbeiter klagen, dass nur wenige von ihnen fest und Vollzeit eingestellt werden, weil das mit besseren Rechten verbunden wäre. Stattdessen bekommen die Beschäftigten nur wenige Schichten pro Woche, viele sind Zeitarbeiter. Und sie fordern, sich in Gewerkschaften organisieren zu dürfen. Angeblich hat Walmart schon mehrere Mitarbeiter gefeuert, die bei Streiks mitgemacht haben. Wer von Gewerkschaft spricht, könne Gehaltserhöhungen vergessen, heißt es. Walmart weist die Vorwürfe zurück, man habe nicht gegen Arbeitsgesetze verstoßen.
Anthony Goytia ist 31 Jahre alt und Vater von zwei Kindern. "Ich lehne mich gegen Walmart auf, weil wir nicht genug Geld haben, um Essen zu kaufen, und meine Kinder hungern müssen", sagt er. Laut Our Walmart verdienen die Arbeiter des Unternehmens im Schnitt nur 8,81 Dollar pro Stunde, das ist nur wenig mehr als der gesetzliche Mindestlohn von 7,25 Dollar und meist nicht genug zum Leben. Goytia rechnet damit, dass er in diesem Jahr etwa 12000 Dollar von Walmart bekommt. Er spendet Blutplasma und macht bei Arzneimitteltests mit, um seine Familie zu ernähren. Neulich wurde der Strom abgeschaltet, weil er die Rechnung nicht zahlen konnte. Die Demonstranten und die Organisation Our Walmart nennen Walmarts Gehälter "Poverty Wages" - Armutslöhne.
Walmart gerät immer mehr unter Druck, seit Monaten nehmen die offenen Proteste und Streiks zu. In Amerika, diesem eher Demonstrations-uninteressierten Land, ist das mehr als ungewöhnlich. Im August protestierten sie vor dem Walmart-Büro in Washington, in dem die Lobbyisten sitzen. Anfang September demonstrierten sie in 15 Städten. Eine Gruppe zog in knallgrünen T-Shirts durch Manhattans Fifth Avenue. Sie schrien: "Walmart, Walmart, du bist schlecht!", und sie trugen ihre Plakate an Anzugträgern und Touristen vorbei. Gerade organisieren sich die Mitarbeiter für den Black Friday, den Tag nach Thanksgiving Ende November, der das größte Shopping-Event des Jahres ist.
Walmart ist Amerikas größter Arbeitgeber, 2,2 Millionen Menschen arbeiten weltweit für die Kette, 1,3 Millionen davon in den USA. Was bei Walmart geschieht, beobachten andere amerikanische Unternehmen genau. Wenn Walmart schlechtere Bedingungen nicht mehr durchsetzen kann, werden andere Arbeitgeber folgen müssen, so die Hoffnung der Gewerkschafter. Zum Beispiel die Fast-Food-Ketten. Fernsehsender und Zeitungen berichten ausgiebig über die Proteste bei Walmart, die Zeiten für Amerikas Arbeiterbewegung sind so gut wie schon lange nicht mehr. Weil die Wirtschaft in dem Land langsam wieder in Schwung kommt, haben die Menschen mehr Sympathie für die Arbeiter, sie sollen am Aufschwung teilhaben.
Walmarts Vorstandschef Bill Simon gab neulich bekannt, dass 475000 Arbeiter - Walmart nennt sie "Associates"- mehr als je 25000 Dollar verdienen. Die Mehrheit kommt also auf weniger. Gerade in der Vorweihnachtszeit stellt das Unternehmen besonders viele schlecht bezahlte Zeitarbeiter ein. Demokratische Politiker, die den Mindestlohn auf 10,10 Dollar steigern wollen, kritisieren Walmart immer wieder.
Nur wenige der Demonstranten in Los Angeles und den anderen Städten sind tatsächlich Mitarbeiter des Walmart-Geschäfts, vor dem sie protestieren. Viele kommen von der Gewerkschaft United Food and Commercial Workers Union, andere sind Walmart-Mitarbeiter aus anderen Filialen, die gerade einen freien Tag haben.
Walmart nimmt das als Beleg, dass die meisten Mitarbeiter mit den Arbeitsbedingungen und den Gehältern zufrieden sind. "Wir haben es immer wieder gesehen, dass fast keine Associates an diesen orchestrierten Veranstaltungen teilnehmen", sagte ein Unternehmenssprecher der Agentur Reuters. "Wir geben unseren Associates mehr Möglichkeiten für einen Karriereaufstieg und bessere wirtschaftliche Sicherheit für ihre Familien als viele andere Firmen in Amerika." Die Demonstranten sehen das ganz anders: Walmart schüchtere die Mitarbeiter so sehr ein, dass sich kaum einer auf die Straße traue. "Schluss mit den Vergeltungsmaßnahmen" steht auf vielen Plakaten und "Hör auf, uns zum Schweigen zu bringen".
Karen Cariel, 15, bei den Protesten für die bessere Bezahlung von Walmart-Mitarbeitern.
Es sei, sagt die Mitarbeiterorganisation Our Walmart, der größte Fall zivilen Ungehorsams in der Geschichte von Walmart, dem größten Einzelhändler der Welt und größten Arbeitgeber der USA mit fast 470 Milliarden Dollar Jahresumsatz und 17 Milliarden Dollar Gewinn.
Die Walmart-Mitarbeiter fordern, dass der Konzern ihnen höhere Gehälter zahlt, mindestens 25000 Dollar pro Jahr für Vollzeit-Mitarbeiter. Wobei die Vollzeit-Beschäftigung ein großes Thema ist: Die Mitarbeiter klagen, dass nur wenige von ihnen fest und Vollzeit eingestellt werden, weil das mit besseren Rechten verbunden wäre. Stattdessen bekommen die Beschäftigten nur wenige Schichten pro Woche, viele sind Zeitarbeiter. Und sie fordern, sich in Gewerkschaften organisieren zu dürfen. Angeblich hat Walmart schon mehrere Mitarbeiter gefeuert, die bei Streiks mitgemacht haben. Wer von Gewerkschaft spricht, könne Gehaltserhöhungen vergessen, heißt es. Walmart weist die Vorwürfe zurück, man habe nicht gegen Arbeitsgesetze verstoßen.
Anthony Goytia ist 31 Jahre alt und Vater von zwei Kindern. "Ich lehne mich gegen Walmart auf, weil wir nicht genug Geld haben, um Essen zu kaufen, und meine Kinder hungern müssen", sagt er. Laut Our Walmart verdienen die Arbeiter des Unternehmens im Schnitt nur 8,81 Dollar pro Stunde, das ist nur wenig mehr als der gesetzliche Mindestlohn von 7,25 Dollar und meist nicht genug zum Leben. Goytia rechnet damit, dass er in diesem Jahr etwa 12000 Dollar von Walmart bekommt. Er spendet Blutplasma und macht bei Arzneimitteltests mit, um seine Familie zu ernähren. Neulich wurde der Strom abgeschaltet, weil er die Rechnung nicht zahlen konnte. Die Demonstranten und die Organisation Our Walmart nennen Walmarts Gehälter "Poverty Wages" - Armutslöhne.
Walmart gerät immer mehr unter Druck, seit Monaten nehmen die offenen Proteste und Streiks zu. In Amerika, diesem eher Demonstrations-uninteressierten Land, ist das mehr als ungewöhnlich. Im August protestierten sie vor dem Walmart-Büro in Washington, in dem die Lobbyisten sitzen. Anfang September demonstrierten sie in 15 Städten. Eine Gruppe zog in knallgrünen T-Shirts durch Manhattans Fifth Avenue. Sie schrien: "Walmart, Walmart, du bist schlecht!", und sie trugen ihre Plakate an Anzugträgern und Touristen vorbei. Gerade organisieren sich die Mitarbeiter für den Black Friday, den Tag nach Thanksgiving Ende November, der das größte Shopping-Event des Jahres ist.
Walmart ist Amerikas größter Arbeitgeber, 2,2 Millionen Menschen arbeiten weltweit für die Kette, 1,3 Millionen davon in den USA. Was bei Walmart geschieht, beobachten andere amerikanische Unternehmen genau. Wenn Walmart schlechtere Bedingungen nicht mehr durchsetzen kann, werden andere Arbeitgeber folgen müssen, so die Hoffnung der Gewerkschafter. Zum Beispiel die Fast-Food-Ketten. Fernsehsender und Zeitungen berichten ausgiebig über die Proteste bei Walmart, die Zeiten für Amerikas Arbeiterbewegung sind so gut wie schon lange nicht mehr. Weil die Wirtschaft in dem Land langsam wieder in Schwung kommt, haben die Menschen mehr Sympathie für die Arbeiter, sie sollen am Aufschwung teilhaben.
Walmarts Vorstandschef Bill Simon gab neulich bekannt, dass 475000 Arbeiter - Walmart nennt sie "Associates"- mehr als je 25000 Dollar verdienen. Die Mehrheit kommt also auf weniger. Gerade in der Vorweihnachtszeit stellt das Unternehmen besonders viele schlecht bezahlte Zeitarbeiter ein. Demokratische Politiker, die den Mindestlohn auf 10,10 Dollar steigern wollen, kritisieren Walmart immer wieder.
Nur wenige der Demonstranten in Los Angeles und den anderen Städten sind tatsächlich Mitarbeiter des Walmart-Geschäfts, vor dem sie protestieren. Viele kommen von der Gewerkschaft United Food and Commercial Workers Union, andere sind Walmart-Mitarbeiter aus anderen Filialen, die gerade einen freien Tag haben.
Walmart nimmt das als Beleg, dass die meisten Mitarbeiter mit den Arbeitsbedingungen und den Gehältern zufrieden sind. "Wir haben es immer wieder gesehen, dass fast keine Associates an diesen orchestrierten Veranstaltungen teilnehmen", sagte ein Unternehmenssprecher der Agentur Reuters. "Wir geben unseren Associates mehr Möglichkeiten für einen Karriereaufstieg und bessere wirtschaftliche Sicherheit für ihre Familien als viele andere Firmen in Amerika." Die Demonstranten sehen das ganz anders: Walmart schüchtere die Mitarbeiter so sehr ein, dass sich kaum einer auf die Straße traue. "Schluss mit den Vergeltungsmaßnahmen" steht auf vielen Plakaten und "Hör auf, uns zum Schweigen zu bringen".