Quantcast
Channel: jetzt.de - SZ
Viewing all articles
Browse latest Browse all 3345

Ein Mensch, zwei Pässe

$
0
0
Für junge Deutsch-Türken ist der Mittwoch ein guter Tag. Mit der Entscheidung von Union und SPD, die Doppelpass-Regelung auszuweiten, bleibt vielen Migrantenkindern künftig die Entscheidung erspart zwischen deutschem und ausländischem Pass - und den Behörden viel Aufwand. Für ältere Zuwanderer ändert sich nichts. Das ist der Kompromiss zwischen der SPD, die eine generelle Einführung der Doppelstaatigkeit forderte und der Union, die das ablehnte.



In der Diskussion um die doppelte Staatsbürgerschaft haben sich SPD und CDU auf einen Kompromiss geeinigt.

Bisher erhalten Kinder von legalen Zuwanderern, die in Deutschland geboren werden, mit der Geburt automatisch den deutschen Pass, auch wenn sie gleichzeitig die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern haben. Wenn sie volljährig sind, müssen sie sich für einen Pass entscheiden. Wer die Staatsangehörigkeit des Herkunftslandes behält - oder eine Entscheidung verpasst - verliert zum 23. Geburtstag automatisch den deutschen Pass. Allerdings gibt es Ausnahmen: EU-Bürger und einige andere Staatsangehörige können den zweiten Pass behalten. Diese Regelung empfinden vor allem Deutsch-Türken als diskriminierend. Sie signalisierte: Ihr seid Deutsche auf Abruf. Mit dem Kompromiss wird diese Ungleichbehandlung aufgehoben.

In Einbürgerungsbehörden stöhnt man schon länger über diese Regelung. Denn selbst EU-Bürger müssen die Beibehaltung ihres Passes beantragen, manche Betroffene wissen nicht einmal, dass sie qua Geburt auch etwa als Armenier gelten und deshalb diese Staatsangehörigkeit niederlegen müssen. Hinzu kommen zahlreiche Ausnahmeregelungen. Das alles müssen die Behörden prüfen. Anfang 2013 begann diese sogenannte Optionspflicht voll zu greifen, bis dahin mussten sich gut 3300 Zuwandererkinder entscheiden, etwa 200 haben ihren deutschen Pass bisher verloren.

Viele ältere Einbürgerungskandidaten profitieren dagegen nicht vom Kompromiss. Für sie gilt weiterhin: Wer den deutschen Pass will, muss den alten abgeben - wiederum ausgenommen EU-Bürger und einige weitere Staatsangehörige. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat, lehnte die Einigung deshalb als unzureichend ab. Zumindest wirft sie weitere Fragen auf: Etwa die, warum ein hier geborenes Kind den Doppelpass behalten kann, nicht aber sein älterer Bruder, der mit einem Jahr ins Land kam.

Viewing all articles
Browse latest Browse all 3345