Das Internet hat die Welt der Mode beschleunigt. Trends kommen und gehen noch schneller als früher. Die Transparenz hat zugenommen. Das verändert den Beruf des Designers und schafft neue Arbeitsfelder.
Dass die Berliner Stil haben, davon war Mary Scherpe überzeugt. Die Idee, gut angezogene Menschen auf der Straße zu fotografieren und die Bilder in einem Blog zu präsentieren, kam der damaligen Studentin der Kunstgeschichte im Jahr 2006. 'Ich wollte etwas Praktisches machen, das sich von trockenen Uni-Inhalten abhebt', erzählt sie. Sie startete den Modeblog stilinberlin.de - zu einer Zeit, in der, wie sie sagt, 'noch kein Mensch Geld mit Blogs verdient hat'. Heute kann die 30-Jährige von den Werbeeinnahmen der Internetseite leben.
Mode wird auch im Netz immer wichtiger
Die Modebranche wandelt sich. Große Labels sind verstärkt in sozialen Netzwerken aktiv, öffnen ihre Modenschauen der digitalen Öffentlichkeit und arbeiten mit Bloggerinnen wie Scherpe zusammen. Auch für die Konsumenten nehmen das Internet und allen voran die Blogs einen immer größeren Stellenwert bei der Modeberichterstattung ein. Für viele ist die Meinung der Blogger zur neuen Kollektion eines bestimmten Designers wichtiger als die Einschätzung namhafter Modejournalisten. Und aus den Bildern, die auf sogenannten Streetstyle-Blogs wie dem von Scherpe veröffentlicht sind, ziehen sie Anregungen für die eigene Garderobe. Noch bis vor wenigen Jahren bestimmte ein elitärer Zirkel, was in der nächsten Saison im Trend liegen würde. Die Designer luden ausgewählte Gäste zu ihren Schauen ein, anschließend wurden die Kollektionen in den Hochglanzzeitschriften besprochen. Ein Prozess, der die breite Masse als Zuschauer ausschloss.
'Durch das Internet hat sich der Kreis von Leuten, die in der Mode etwas zu sagen haben, massiv vergrößert', sagt Scherpe. Das zeige sich auch darin, dass Blogger heute auf Modenschauen in der ersten Reihe sitzen. Diese Plätze waren bis vor einigen Jahren ausschließlich Prominenten und Modejournalisten angesagter Magazine vorbehalten. 'Das ist ein großer Einschnitt für die Modeindustrie, einer Branche, in der man sich früher über Jahre hochdienen musste, um sich einen Namen zu machen', sagt Gunnar Hämmerle, der mit styleclicker.de einen der größten Modeblogs in Deutschland gegründet hat.
Mittlerweile hätten die Modeunternehmen den Einfluss der Blogger erkannt und böten einigen von ihnen Geld dafür an, etwas über ein bestimmtes Produkt oder eine Kollektion zu veröffentlichen, erklärt Hämmerle. Um trotzdem ihre Unabhängigkeit zu bewahren, kennzeichne ein Teil der Blogger gekaufte Beiträge als 'Sponsored Posts' oder 'Advertorials' und signalisiere dem Leser so, dass es sich bei den Besprechungen nicht um die persönliche Meinung des Bloggers handelt.
Der schwedische Modekonzern H&M arbeitet laut Sprecherin Nadine Schmidt gerne mit Bloggern zusammen, informiert sie über die neuesten Kollektionen und lädt sie zu Veranstaltungen ein. Zusätzlich setzt der Konzern auf Social Media. Auch andere Mainstream-Modelabels wie Topshop und Mango sind verstärkt in sozialen Netzwerken aktiv. So stellt Topshop Fotoalben von Kleidungsstücken aus den aktuellen Kollektionen online, bevor die Teile im Laden hängen.
An der Schnittstelle zwischen Internetnutzer und Markenpräsentation entstehen neue Betätigungsfelder. Denn die Verbraucher erwarten immer öfter Kommunikation mit den Unternehmen, Mitmach-Angebote und einen echten Dialog. 'Fast jedes Modelabel hat mittlerweile einen Beauftragten für Social Media', sagt Blogger Hämmerle.
Auch namhafte Designer folgen diesem Trend und wollen die Verbraucher nicht mehr ausschließen. Schon im Jahr 2010 präsentierte der Designer Marc Jacobs seine Frühjahrskollektion per Livestream auf Facebook. Die damals 600000 Fans des Labels hatten damit die Möglichkeit, der Modenschau beizuwohnen. Jacobs wollte so einen größeren Personenkreis als nur die üblichen VIPs auf der New Yorker Fashion Week erreichen.
Insgesamt ließen jedoch die Aktivitäten vieler Modelabels in den Sozialen Netzwerken zu wünschen übrig, so das Ergebnis des 'Social-Media-Branchenreports Mode', einer Studie des Marktforschungsinstituts YouGov. Dabei werden Kontaktchancen verschenkt: Denn mehr als 80 Prozent der Konsumenten, die an Mode und Modemarken besonders interessiert sind, nutzen laut YouGov Social Media wie Facebook und Youtube.
Nicht nur im Bereich Social Media verändert sich die Arbeit der Modemacher. Das Internet hat auch Einfluss darauf, wie Mode geschaffen wird. Das sagt Claudia Woerner, die Mitglied im Verband der deutschen Modedesigner ist und seit 25 Jahren als Designerin arbeitet. 'Früher bin ich auf der Suche nach Trends viel gereist, war auf Modenschauen und habe mir Stoffe zeigen lassen', erzählt sie. Ein Großteil dieser Arbeit werde ihr jetzt durch das Internet abgenommen. Mittlerweile gebe es Agenturen, die weltweit umtriebig seien und die wichtigen Trends zusammenfassen. 'Das spart Zeit und Geld', sagt Woerner. Auch die Fahrten zu Modenschauen sind für sie in vielen Fällen überflüssig geworden, da sie auf dem Branchenportal nowfashion.com die Catwalks in Paris, Mailand und New York live beobachten könne, ohne selbst anwesend zu sein.
Das Internet habe dazu beigetragen, das Modegeschäft noch weiter zu beschleunigen, sagt Woerner. 'Trends werden teilweise extrem schnell aufgegriffen und kommen gleich in die Läden. Manchmal geschieht das im Wochenrhythmus', berichtet die Designerin. Dass dabei viel kopiert werde, sei kein Geheimnis. Durch das Internet habe sich diese Tendenz verstärkt, da Informationen über Kollektionen anderer Marken und Labels online für jeden verfügbar seien. 'Dabei geht viel Kreativität verloren', sagt Woerner.
Mary Scherpe glaubt, dass die Modeblogger zumindest einige neue Perspektiven und Blickwinkel in die mitunter sehr selbstbezogene Branche einbringen können. Auch Hämmerle hat den Eindruck, dass Designer und Trendagenturen bei ihrer Recherche auf Blogs vorbeischauen, um sich Anregungen zu holen. Doch nicht nur für diese sei das Netz eine Bereicherung: 'Im Endeffekt kann sich ja jeder online inspirieren lassen. Und das ist das Schöne: Das Internet hat die Modewelt geöffnet.'
Dass die Berliner Stil haben, davon war Mary Scherpe überzeugt. Die Idee, gut angezogene Menschen auf der Straße zu fotografieren und die Bilder in einem Blog zu präsentieren, kam der damaligen Studentin der Kunstgeschichte im Jahr 2006. 'Ich wollte etwas Praktisches machen, das sich von trockenen Uni-Inhalten abhebt', erzählt sie. Sie startete den Modeblog stilinberlin.de - zu einer Zeit, in der, wie sie sagt, 'noch kein Mensch Geld mit Blogs verdient hat'. Heute kann die 30-Jährige von den Werbeeinnahmen der Internetseite leben.
Mode wird auch im Netz immer wichtiger
Die Modebranche wandelt sich. Große Labels sind verstärkt in sozialen Netzwerken aktiv, öffnen ihre Modenschauen der digitalen Öffentlichkeit und arbeiten mit Bloggerinnen wie Scherpe zusammen. Auch für die Konsumenten nehmen das Internet und allen voran die Blogs einen immer größeren Stellenwert bei der Modeberichterstattung ein. Für viele ist die Meinung der Blogger zur neuen Kollektion eines bestimmten Designers wichtiger als die Einschätzung namhafter Modejournalisten. Und aus den Bildern, die auf sogenannten Streetstyle-Blogs wie dem von Scherpe veröffentlicht sind, ziehen sie Anregungen für die eigene Garderobe. Noch bis vor wenigen Jahren bestimmte ein elitärer Zirkel, was in der nächsten Saison im Trend liegen würde. Die Designer luden ausgewählte Gäste zu ihren Schauen ein, anschließend wurden die Kollektionen in den Hochglanzzeitschriften besprochen. Ein Prozess, der die breite Masse als Zuschauer ausschloss.
'Durch das Internet hat sich der Kreis von Leuten, die in der Mode etwas zu sagen haben, massiv vergrößert', sagt Scherpe. Das zeige sich auch darin, dass Blogger heute auf Modenschauen in der ersten Reihe sitzen. Diese Plätze waren bis vor einigen Jahren ausschließlich Prominenten und Modejournalisten angesagter Magazine vorbehalten. 'Das ist ein großer Einschnitt für die Modeindustrie, einer Branche, in der man sich früher über Jahre hochdienen musste, um sich einen Namen zu machen', sagt Gunnar Hämmerle, der mit styleclicker.de einen der größten Modeblogs in Deutschland gegründet hat.
Mittlerweile hätten die Modeunternehmen den Einfluss der Blogger erkannt und böten einigen von ihnen Geld dafür an, etwas über ein bestimmtes Produkt oder eine Kollektion zu veröffentlichen, erklärt Hämmerle. Um trotzdem ihre Unabhängigkeit zu bewahren, kennzeichne ein Teil der Blogger gekaufte Beiträge als 'Sponsored Posts' oder 'Advertorials' und signalisiere dem Leser so, dass es sich bei den Besprechungen nicht um die persönliche Meinung des Bloggers handelt.
Der schwedische Modekonzern H&M arbeitet laut Sprecherin Nadine Schmidt gerne mit Bloggern zusammen, informiert sie über die neuesten Kollektionen und lädt sie zu Veranstaltungen ein. Zusätzlich setzt der Konzern auf Social Media. Auch andere Mainstream-Modelabels wie Topshop und Mango sind verstärkt in sozialen Netzwerken aktiv. So stellt Topshop Fotoalben von Kleidungsstücken aus den aktuellen Kollektionen online, bevor die Teile im Laden hängen.
An der Schnittstelle zwischen Internetnutzer und Markenpräsentation entstehen neue Betätigungsfelder. Denn die Verbraucher erwarten immer öfter Kommunikation mit den Unternehmen, Mitmach-Angebote und einen echten Dialog. 'Fast jedes Modelabel hat mittlerweile einen Beauftragten für Social Media', sagt Blogger Hämmerle.
Auch namhafte Designer folgen diesem Trend und wollen die Verbraucher nicht mehr ausschließen. Schon im Jahr 2010 präsentierte der Designer Marc Jacobs seine Frühjahrskollektion per Livestream auf Facebook. Die damals 600000 Fans des Labels hatten damit die Möglichkeit, der Modenschau beizuwohnen. Jacobs wollte so einen größeren Personenkreis als nur die üblichen VIPs auf der New Yorker Fashion Week erreichen.
Insgesamt ließen jedoch die Aktivitäten vieler Modelabels in den Sozialen Netzwerken zu wünschen übrig, so das Ergebnis des 'Social-Media-Branchenreports Mode', einer Studie des Marktforschungsinstituts YouGov. Dabei werden Kontaktchancen verschenkt: Denn mehr als 80 Prozent der Konsumenten, die an Mode und Modemarken besonders interessiert sind, nutzen laut YouGov Social Media wie Facebook und Youtube.
Nicht nur im Bereich Social Media verändert sich die Arbeit der Modemacher. Das Internet hat auch Einfluss darauf, wie Mode geschaffen wird. Das sagt Claudia Woerner, die Mitglied im Verband der deutschen Modedesigner ist und seit 25 Jahren als Designerin arbeitet. 'Früher bin ich auf der Suche nach Trends viel gereist, war auf Modenschauen und habe mir Stoffe zeigen lassen', erzählt sie. Ein Großteil dieser Arbeit werde ihr jetzt durch das Internet abgenommen. Mittlerweile gebe es Agenturen, die weltweit umtriebig seien und die wichtigen Trends zusammenfassen. 'Das spart Zeit und Geld', sagt Woerner. Auch die Fahrten zu Modenschauen sind für sie in vielen Fällen überflüssig geworden, da sie auf dem Branchenportal nowfashion.com die Catwalks in Paris, Mailand und New York live beobachten könne, ohne selbst anwesend zu sein.
Das Internet habe dazu beigetragen, das Modegeschäft noch weiter zu beschleunigen, sagt Woerner. 'Trends werden teilweise extrem schnell aufgegriffen und kommen gleich in die Läden. Manchmal geschieht das im Wochenrhythmus', berichtet die Designerin. Dass dabei viel kopiert werde, sei kein Geheimnis. Durch das Internet habe sich diese Tendenz verstärkt, da Informationen über Kollektionen anderer Marken und Labels online für jeden verfügbar seien. 'Dabei geht viel Kreativität verloren', sagt Woerner.
Mary Scherpe glaubt, dass die Modeblogger zumindest einige neue Perspektiven und Blickwinkel in die mitunter sehr selbstbezogene Branche einbringen können. Auch Hämmerle hat den Eindruck, dass Designer und Trendagenturen bei ihrer Recherche auf Blogs vorbeischauen, um sich Anregungen zu holen. Doch nicht nur für diese sei das Netz eine Bereicherung: 'Im Endeffekt kann sich ja jeder online inspirieren lassen. Und das ist das Schöne: Das Internet hat die Modewelt geöffnet.'