Obwohl Udo Pastörs erst kürzlich zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt wurde, wird sein alter Rivale Udo Voigt die Spitzenliste für die Europawahl anführen.
Alles wirkt wie die Kulisse für die Wahl einer Weinkönigin: Von den Holzbalken der Scheune hinter dem Hotel „Historischer Fachwerkhof“ im thüringischen Kirchheim winden sich Ranken aus Plastik herunter, an der Decke hängen Wagenräder, mit künstlichen Tannenzweigen geschmückt. Doch dann steht da Udo Pastörs, den der Vorstand der NPD erst vor einer Woche zum neuen Bundesvorsitzenden ausgerufen hat. Nach den wochenlangen Querelen um den Rücktritt seines Vorgängers Holger Apfel stellt er sich bei diesem Bundesparteitag zum ersten Mal den Kameraden von der Parteibasis – und holt sich sogleich eine schwere Abfuhr.
Denn in einer Kampfabstimmung setzen die Delegierten nicht den Parteichef an die Spitze der Kandidatenliste für die Europawahl, sondern einen alten Rivalen: Udo Voigt, der 15 Jahre die NPD leitete, bis ihn Apfel im Verein mit Pastörs 2011 stürzte. Nun trat Pastörs nach seiner Niederlage im Ringen um den Europa-Spitzenplatz für die hinteren Plätze auf der Liste gar nicht mehr an.
Pastörs und Voigt nehmen sich nichts, was ihre rechtsextreme Einstellung angeht. Während Pastörs Deutschland auch mal als „Judenrepublik“ bezeichnete, nannte Voigt Hitler in einem Interview „einen großen deutschen Staatsmann“. Beide setzen schon lange darauf, radikale Neonazi-Kameradschaften an die NPD zu binden. Es trennt sie jedoch ihre langjährige Rivalität. Schon 2009 hatte Pastörs, damals wie heute Chef der NPD-Fraktion im Schweriner Landtag, vergeblich versucht, dem durch die Finanzaffären der Neonazis angeschlagenen Voigt aus dem Parteivorsitz zu kippen. Das gelang ihm erst zwei Jahre später im Bündnis mit Apfel.
Doch nun ist Voigt wieder da. Sein Comeback kam spät: Stunde um Stunde hatte sich die Wahl des Spitzenkandidaten verzögert. Zu groß war hinter verschlossenen Türen der Gesprächsbedarf darüber, wie es weitergehen sollte, nachdem Apfel mit Vorwürfen sexueller Belästigungen zum Abgang gedrängt wurde. Schließlich steckt die NPD nicht nur wegen des Verbotsverfahrens in Karlsruhe in einer Existenzkrise. Sie ist zerstritten, hat Schulden und könnte im Sommer bei der Wahl in Sachsen ihre einträglichen Landtagsmandate verlieren. Doch darüber verlor Pastörs in seiner Parteitagsrede kein Wort. Stattdessen erklärte er umständlich, warum die NPD ins Europa-Parlament gehöre: „Das gibt uns die Möglichkeit, uns mit anderen nationalistischen Kräften zu vereinen.“ Der Applaus war nur mäßig.
Begleitet wurde der Parteitag von Protesten versammelten sich 200 Menschen in Rufweite der Scheune in Kirchheim. Noch deutlich mehr Widerstand regte sich am Samstag gegen einen Aufmarsch von Neonazis in Magdeburg. In Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt versammelten sich 12000 Menschen, um gegen eine Kundgebung von 700 Rechtsextremen zu demonstrieren.