Spielzeugautos und bunte Bauklötze türmen sich im Schaufenster. „Lütt & Plietsch“ steht quer auf der Scheibe. Der Spielwarenladen steht mitten in Westerland auf Sylt; er erzählt viel von dem Image, das sie hier liebevoll pflegen. Davon, dass die Welt auf der Insel noch in Ordnung ist und überdies sauber, dass es sich hier genussvoll und mit Stil urlauben lässt – wenn man genug Geld mitbringt.
Doch seit einiger Zeit ist diese Idylle empfindlich gestört. Denn in Westerland will einer investieren, der bei Genuss und Stil an ganz andere Dinge denkt.
In der Fußgängerzone, im selben Gebäude wie Lütt & Plietsch, will Jürgen Rudloff ein Luxusbordell hochziehen. Etwa 2,5 Millionen Euro will der Bordell-Betreiber aus Stuttgart ausgeben, um das ehemalige Kino Strandburg zu einem Klub mit zwölf bis 15 Prostituierten umzubauen. „Wir werden dort auch sexuelle Dienstleistungen anbieten“, sagt Rudloffs Marketingmanager Michael Beretin.
Gegen diese Pläne laufen die Sylter nun Sturm. „Ich werde alles tun, um das zu verhindern“, verspricht die parteilose Bürgermeisterin Petra Reiber. „Der Betrieb könnte Menschenhandel und organisierte Kriminalität nach Westerland bringen.“
Der schwäbische Kaufmann Rudloff ist für Superlative bekannt. In Stuttgart betreibt er Europas größtes Bordell mit knapp 55000 Freiern pro Jahr. Zuletzt hat der 60-Jährige ein 4500 Quadratmeter großes Etablissement in Saarbrücken errichtet. Im März soll es losgehen. Erwartet werden viele Touristen aus Frankreich – dort ist die Prostitution viel strenger geregelt.
In Westerland auf der idyllischen Nordseeinsel Sylt soll ein „Gentlemen’s Club“ eröffnen. Viele Anwohner fürchten Kriminalität und unerwünschte Gäste.
Stuttgart, Saarbrücken und jetzt Westerland: Ausgerechnet in einer der zwei Flaniermeilen, der autofreien Strandstraße, will Rudloff einen „Gentlemen’s Club“ für „gut situierte Männer ab 25“ hochziehen. Sein Geschäftsmodell ist in ganz Deutschland gleich. Die Kunden müssen zweimal zahlen: gut 80 Euro für den Eintritt, Sex kostet extra. Künftig soll hinter der piefigen Rotklinker-Fassade ein Ambiente locken, wie es die Sansibar an der Westküste nicht schöner versprechen könnte: Oben soll es eine Lounge mit Zigarren und Whiskey sowie einen Arbeitsraum geben. Unten an der Bar arbeiten dann die Escort-Frauen. „Für Extras stehen fünf, sechs Zimmer mit Sauna und Dampfbad bereit“, verspricht Beretin. Die Prostituierten würden wie in den anderen Städten auch „auf selbständiger Basis“ arbeiten. „Zuhälter gibt es bei uns keine.“
Wenn der Puff erst mal da ist, dann kommen die Dänen rüber, sagt die Bürgermeisterin
Das klingt alles nach ausgefeilter Planung, auf der Insel allerdings hatten viele davon nichts mitbekommen. Denn nicht Rudloff hat vor mehr als einem Jahr den Bauantrag für den Nobelpuff beim Bauamt Nordfriesland gestellt, sondern die Frau des Unternehmers Rolf Deyhle. Dem Ehepaar gehört das Gebäude, in dem bereits eine billige Tabledance-Bar versteckt ist. Rolf Deyhle ist mit Rudloff befreundet und kennt sich aus im Showbusiness: Einst leitete er die Musical-Firma Stella („Cats“, „Phantom der Oper“). Spätestens bei der Lektüre des Bauantrags hätte das Bauamt aufmerksam werden können: Dort ist von einem „bordellähnlichen Betrieb“ die Rede. Es ist schwer zu glauben, dass die Nordfriesen das nicht richtig verstanden haben.
Bürgermeisterin Reiber hält das Vorhaben so oder so für „eine akute Fehlentwicklung der Insel Sylt“. Wenn der Puff komme, werde er neben Urlaubern auch Sextouristen aus den Nachbarländern locken. „Dann kommen die Dänen rüber“, sagt die 56-Jährige. Dagegen will sie kämpfen, und sie ist nicht allein. Vor Kurzem hat sie Unterstützung von Alice Schwarzer erhalten. Über ihren Emma-Verlag hat die Frauenrechtlerin ein Bücherpaket nach Sylt geschickt. Darin war reichlich Stoff zur Prostitution in Deutschland. Die Lektüre habe sie ernüchtert, erzählt Reiber. Ihr sei klar geworden, dass sich der genehmigte Edelpuff rechtlich schwer stoppen lasse. Daher will die Politikerin nun harte Auflagen durchsetzen und die Betriebszeiten des Bordells einschränken. Sie will erreichen, dass sich die Wege von Spielzeugkäufern, Kindern und Bordellbesuchern keinesfalls tagsüber kreuzen, sondern nur am Abend. Ein letztes Druckmittel soll dabei helfen: Rudloff fehlt noch die Gewerbe-Erlaubnis.
Um die ganze Aufregung zu verstehen, muss man wissen, wie sie auf Deutschlands nördlichster Insel bisher den bezahlten Sex handhaben: sauber, ordentlich und vor allem intern geregelt. Wer Sex gegen Geld will, kann Eve’s Bordell besuchen, ein kleines Etablissement am Rand von Westerland, über das es kaum Beschwerden gibt. Seit acht Jahren führe eine Insulanerin das Haus, erzählt Reiber, alles laufe sehr harmonisch. „Die Betreiberin singt in Keitum im Kirchenchor.“
Rudloff will sich aber nicht bremsen lassen, der Umbau werde bald beginnen, sagt Beretin: „Wir möchten Ende des Sommers aufmachen.
Doch seit einiger Zeit ist diese Idylle empfindlich gestört. Denn in Westerland will einer investieren, der bei Genuss und Stil an ganz andere Dinge denkt.
In der Fußgängerzone, im selben Gebäude wie Lütt & Plietsch, will Jürgen Rudloff ein Luxusbordell hochziehen. Etwa 2,5 Millionen Euro will der Bordell-Betreiber aus Stuttgart ausgeben, um das ehemalige Kino Strandburg zu einem Klub mit zwölf bis 15 Prostituierten umzubauen. „Wir werden dort auch sexuelle Dienstleistungen anbieten“, sagt Rudloffs Marketingmanager Michael Beretin.
Gegen diese Pläne laufen die Sylter nun Sturm. „Ich werde alles tun, um das zu verhindern“, verspricht die parteilose Bürgermeisterin Petra Reiber. „Der Betrieb könnte Menschenhandel und organisierte Kriminalität nach Westerland bringen.“
Der schwäbische Kaufmann Rudloff ist für Superlative bekannt. In Stuttgart betreibt er Europas größtes Bordell mit knapp 55000 Freiern pro Jahr. Zuletzt hat der 60-Jährige ein 4500 Quadratmeter großes Etablissement in Saarbrücken errichtet. Im März soll es losgehen. Erwartet werden viele Touristen aus Frankreich – dort ist die Prostitution viel strenger geregelt.
In Westerland auf der idyllischen Nordseeinsel Sylt soll ein „Gentlemen’s Club“ eröffnen. Viele Anwohner fürchten Kriminalität und unerwünschte Gäste.
Stuttgart, Saarbrücken und jetzt Westerland: Ausgerechnet in einer der zwei Flaniermeilen, der autofreien Strandstraße, will Rudloff einen „Gentlemen’s Club“ für „gut situierte Männer ab 25“ hochziehen. Sein Geschäftsmodell ist in ganz Deutschland gleich. Die Kunden müssen zweimal zahlen: gut 80 Euro für den Eintritt, Sex kostet extra. Künftig soll hinter der piefigen Rotklinker-Fassade ein Ambiente locken, wie es die Sansibar an der Westküste nicht schöner versprechen könnte: Oben soll es eine Lounge mit Zigarren und Whiskey sowie einen Arbeitsraum geben. Unten an der Bar arbeiten dann die Escort-Frauen. „Für Extras stehen fünf, sechs Zimmer mit Sauna und Dampfbad bereit“, verspricht Beretin. Die Prostituierten würden wie in den anderen Städten auch „auf selbständiger Basis“ arbeiten. „Zuhälter gibt es bei uns keine.“
Wenn der Puff erst mal da ist, dann kommen die Dänen rüber, sagt die Bürgermeisterin
Das klingt alles nach ausgefeilter Planung, auf der Insel allerdings hatten viele davon nichts mitbekommen. Denn nicht Rudloff hat vor mehr als einem Jahr den Bauantrag für den Nobelpuff beim Bauamt Nordfriesland gestellt, sondern die Frau des Unternehmers Rolf Deyhle. Dem Ehepaar gehört das Gebäude, in dem bereits eine billige Tabledance-Bar versteckt ist. Rolf Deyhle ist mit Rudloff befreundet und kennt sich aus im Showbusiness: Einst leitete er die Musical-Firma Stella („Cats“, „Phantom der Oper“). Spätestens bei der Lektüre des Bauantrags hätte das Bauamt aufmerksam werden können: Dort ist von einem „bordellähnlichen Betrieb“ die Rede. Es ist schwer zu glauben, dass die Nordfriesen das nicht richtig verstanden haben.
Bürgermeisterin Reiber hält das Vorhaben so oder so für „eine akute Fehlentwicklung der Insel Sylt“. Wenn der Puff komme, werde er neben Urlaubern auch Sextouristen aus den Nachbarländern locken. „Dann kommen die Dänen rüber“, sagt die 56-Jährige. Dagegen will sie kämpfen, und sie ist nicht allein. Vor Kurzem hat sie Unterstützung von Alice Schwarzer erhalten. Über ihren Emma-Verlag hat die Frauenrechtlerin ein Bücherpaket nach Sylt geschickt. Darin war reichlich Stoff zur Prostitution in Deutschland. Die Lektüre habe sie ernüchtert, erzählt Reiber. Ihr sei klar geworden, dass sich der genehmigte Edelpuff rechtlich schwer stoppen lasse. Daher will die Politikerin nun harte Auflagen durchsetzen und die Betriebszeiten des Bordells einschränken. Sie will erreichen, dass sich die Wege von Spielzeugkäufern, Kindern und Bordellbesuchern keinesfalls tagsüber kreuzen, sondern nur am Abend. Ein letztes Druckmittel soll dabei helfen: Rudloff fehlt noch die Gewerbe-Erlaubnis.
Um die ganze Aufregung zu verstehen, muss man wissen, wie sie auf Deutschlands nördlichster Insel bisher den bezahlten Sex handhaben: sauber, ordentlich und vor allem intern geregelt. Wer Sex gegen Geld will, kann Eve’s Bordell besuchen, ein kleines Etablissement am Rand von Westerland, über das es kaum Beschwerden gibt. Seit acht Jahren führe eine Insulanerin das Haus, erzählt Reiber, alles laufe sehr harmonisch. „Die Betreiberin singt in Keitum im Kirchenchor.“
Rudloff will sich aber nicht bremsen lassen, der Umbau werde bald beginnen, sagt Beretin: „Wir möchten Ende des Sommers aufmachen.