Sunanda Pushkar zeigte sich kurz vor ihrem Tod einträchtig mit ihrem Ehemann Shashi Tharoor. Die beiden wollten Gerüchte über eine Ehekrise zerstreuen.
„Lasst ihre Seele nun in Frieden ruhen“, bittet der Sohn. Aber noch ist keine Stille eingekehrt, noch immer diskutiert Indien über den mysteriösen Tod von Sunanda Pushkar, der Gattin des prominenten Politikers Shashi Tharoor. Und vieles passt noch immer nicht zusammen in dieser Vip-Affäre um Liebe, Eifersucht und gefährliche Medikamenten-Cocktails. Weil sich das Drama auch noch durch Vorwürfe gegen eine pakistanische Journalistin auflädt, ist es schwer, die Neugierde der Inder zu stoppen.
Sashi Tharoor ist führendes Mitglied der Kongresspartei, er war sogar Stellvertreter des UN-Generalsekretärs Kofi Annan. Der Staatsminister im Bildungsministerium hat viele Interessen, er schreibt Kolumnen, Geschichtsbücher und auch schon mal Romane. Der 57-Jährige ist beliebt und bekannt im Land, die Ehe mit der Geschäftsfrau Sunanda Pushkar galt lange Zeit als vorbildlich. Doch nun deute alles darauf hin, dass seine Ehefrau an einer gefährlichen Mischung von Antidepressiva, Migräne-Mitteln und weiteren, nicht näher benannten Stoffen gestorben sei, hieß es aus Kreisen der Polizei.
Ihr Mann hatte sie vor einer Woche in ihrer Suite im Leela Palace Hotel in Delhi tot aufgefunden. Das Paar war dorthin gezogen, weil offenbar zu Hause die Maler arbeiteten. Pushkars Sohn aus zweiter Ehe will den Verdacht, seine Mutter habe Selbstmord begangen, keinesfalls gelten lassen: „Jeder, der meine Mutter kannte, weiß, dass sie einfach zu stark für einen Suizid war,“ erklärte er. „Es war eine unglückliche Mischung aus Medienstress, Spannungen und der falschen Kombination von Medikamenten“, so sieht das ihr Sohn. „Ihr Tod war friedlich, sie starb im Schlaf.“
Doch diese Version passt kaum zu Berichten, dass am Körper der Toten angeblich auch einige Verletzungen gefunden wurden. Die Polizei ermittelt in jede Richtung: Mord, Selbstmord, Unfall – alles sei möglich. Es könnten jetzt allerdings bis zu neun Monate vergehen, bis die Ergebnisse einer eingehenden forensischen Untersuchung bekannt gemacht werden.
Dass Tharoor selbst seiner Frau etwas angetan haben könnte, hält der Stiefsohn für ausgeschlossen. Sind also doch vielleicht finstere Kräfte im Hintergrund im Spiel, die wollten, dass die Ministergattin für immer schweigt? Und welche Rolle spielt eigentlich die pakistanische Journalistin in dieser Affäre? Zwei Tage vor ihrem Tod machte Pushkar mit obskuren Tweets von sich reden. Diese Botschaften attackierten eine Frau namens Mehr Tarar. Die Pakistanerin sei eine Stalkerin und stelle ihrem Mann nach, hieß es. Als pakistanische Agentin wurde sie in den Kurzbotschaften beschimpft, und deshalb sei sie nun auch ein Fall für den indischen Geheimdienst, lautete eine der wüsten Drohungen gegen die Journalistin der Daily Times in Lahore im benachbarten Pakistan. Nun sah es so aus, als fürchte Pushkar, eine Rivalin aus Pakistan wolle ihr den Ehemann stehlen.
Eine heimliche Liebesaffäre im Minenfeld pakistanisch-indischer Erzfeindschaft? Dieser Stoff musste rasend schnell auf dem Subkontinent die Runde machen, zumal auch noch rätselhafte Liebesnachrichten an eben jene Journalistin aus Lahore auftauchten – angeblich versandt vom Twitter-Account Tharoors.
Um die Wogen zu glätten, präsentierte sich das Ehepaar kurze Zeit später wieder in großer Eintracht, die beiden erklärten gemeinsam, dass sie glücklich verheiratet seien und dass sie diese Tweets niemals verfasst hätten. Hacker müssten die Schuldigen sein, sagten sie. Nun also sah plötzlich alles nach einem bösen Komplott aus, mit unbekannten Hintermännern.
Wenige Stunden später war Frau Pushkar tot.
Ihr Mann Tharoor schweigt seither in der Öffentlichkeit. Dem Innenminister hat er allerdings geschrieben, dass er bei den Ermittlungen kooperieren wolle, wie indische Medien berichteten. Mehr Tarar, die pakistanische Journalisten, hat inzwischen alle Nachrichten über eine angebliche Liebesaffäre ins Reich der Märchen verwiesen. Sie versicherte, dass sie zu dem indischen Politiker lediglich – via Twitter – eine „virtuelle Freundschaft“ pflegte, die sich im Austausch von digital übermittelten Botschaften erschöpft habe. Zwar habe sie Shashi Tharoor in der Vergangenheit tatsächlich getroffen, aber nur, um ein Interview mit ihm zu führen.
Gewisper über angebliche Probleme in der Ehe Tharoors gab es schon länger, das Paar hatte im Jahr 2010 geheiratet, für beide war es bereits der dritte Eheschluss. Am Silvesterabend hatte man sie allerdings wieder einträchtig in Goa das Neue Jahr feiern sehen, berichteten indische Zeitungen. Während die Polizei ermittelt, spüren auch die Medien dem Fall weiter mit großem Eifer nach. Denn noch immer gibt es zahllose Fragen und nur wenig Antworten im Drama um den Tod von Sunanda Pushkar.