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Mein Freund, die Suchmaschine

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In den Übernahme-Dimensionen, in denen sich Google mittlerweile bewegt, klingt der Zukauf des Londoner Unternehmens Deep Mind zunächst eher unspektakulär. Über die Firma ist nicht allzu viel bekannt, nur so viel: Sie beschäftigt sich mit künstlicher Intelligenz, also mit einer Technik, bei der sich Computer selbst neue Fähigkeiten beibringen, ohne dass sie dafür menschliche Hilfe bräuchten. Was genau also könnte es sein, das den milliardenschweren Internetkonzern bewogen hat, Deep Mind zu kaufen?

Larry Wasserman, Professor an der Carnegie Mellon University, hätte da vielleicht eine Idee. Nach einem Treffen mit Shane Legg, einem der drei Firmengründer, beschrieb er vor zwei Jahren auf seiner Webseite Deep Mind als Firma, die „versucht, ein denkendes System zu errichten“. Legg habe ihm bereits damals von den gewaltigen Fortschritten berichtet, maschinelles Lernen und Neurowissenschaften zu verbinden. „Plötzlich leben wir in einer Welt, in der superintelligente Computer die Menschen übertreffen“, so Wasserman damals. Das Besondere an der Technik: Man kann sie sozusagen unvorbereitet auf große Mengen an unstrukturierten Daten loslassen – Daten also, die nicht im Hinblick auf spätere Verwertung durch Maschinen angelegt wurden.

Genau das Richtige also für Google, wo man mit dem Problem kämpft, dass die Nutzer am liebsten Fragen stellen würden. Doch entweder, das System versteht diese Fragen nicht, oder aber die Daten, auf die es zugreift, sind nicht so, dass sich die gewünschten Informationen einfach herauslesen lassen. Wie wichtig der Deal für Google war, zeigt sich auch daran, dass Gründer und Geschäftsführer Larry Page die Verhandlungen persönlich geführt und dabei auch Facebook ausgestochen haben soll. Auch dessen Chef Mark Zuckerberg war nämlich an der Firma interessiert.



Google baut sein Firmennetzwerk weiter aus. Die neuste Errungenschaft des Giganten: Der Konzern Deep Mind, der mit künstlicher Intelligenz forscht.

Gegründet wurde Deep Mind vor zwei Jahren von dem Schach-Wunderkind Demis Hassabis zusammen mit Shane Legg und Mustafa Suleyman. Kolportierter Kaufpreis: 400 bis 500 Millionen Dollar. Google bestätigte die Übernahme, wollte sich aber weder zu der Summe noch zu den Details äußern. Eine Anfrage bei Deep Mind blieb gleich ganz unbeantwortet.

Die Übernahme ist die jüngste in einer ganzen Reihe, die alle in eine Richtung zu weisen scheinen: Sie alle könnten eine Rolle spielen im sogenannten Internet der Dinge, in dem Maschinen quasi selbständig kommunizieren. Unter anderem kaufte Google für 3,2 Milliarden US-Dollar das Unternehmen Nest Labs, das lernfähige Heizungsregler in schickem Design herstellt und für Google quasi die Eintrittskarte ins vernetzte Heim darstellt. Im Dezember hatte man sich Boston Dynamics einverleibt. Die Firma produziert unter anderem Roboter, die denen aus dem Film „Terminator“ gar nicht einmal so unähnlich sehen.

Die Übernahme von Deep Mind ist jedoch auch aus anderen Gründen interessant. Zum einen ist da der brillante Mitgründer Hassabis, zum anderen sind da die Menschen, die Deep Mind in den vergangenen Jahren unterstützt haben. Zum Beispiel Paypal-Mitgründer Peter Thiel. Ebenfalls dabei: Bart Swanson, der mit der Datingseite Badoo reich geworden ist, und Li Ka-shing, Unternehmer aus Hongkong und einer der reichsten Menschen Asiens. Sie alle glauben an Deep Mind.

Google ist jedoch bei Weitem nicht das einzige Unternehmen aus dem Silicon Valley, das enorm viel Geld in künstliche Intelligenz pumpt. Facebook zum Beispiel hat kürzlich Yann LeCun von der New York University abgeworben und ihm die Leitung des neuen Labors für künstliche Intelligenz übertragen. Der kriselnde Internet-Dinosaurier Yahoo hat das Start-up Look Flow gekauft, das sich nun gemeinsam mit dem Fotoportal Flickr um maschinelles Lernen kümmern soll. IBM investierte kürzlich eine Milliarde US-Dollar in sein Computersystem Watson, das seinen großen Auftritt vor drei Jahren in der Quizshow „Jeopardy“ gehabt hatte. Damals hatte es zwei menschliche Champions besiegt. Die Frage, wie schlau Maschinen werden können, scheint diese großen Firmen also derzeit so brennend zu interessieren wie kaum etwas sonst.

Google selbst hatte bereits im Dezember 2012 den Wissenschaftler und Futuristen Ray Kurzweil verpflichtet, der ankündigte, die Suchmaschine so weiterentwickeln zu wollen, dass sie wie ein „kybernetischer Freund“ daherkomme. Die nunmehr eingekaufte Technologie könnte dabei helfen, diesem Ziel näher zu kommen.

Und das ist noch nicht alles. Im Mai vergangenen Jahres ging Google eine Kooperation mit der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa ein und gründete das Quantum Artificial Intelligence Lab. Mehrere Medien berichten nun, dass Deep Mind bei den Verhandlungen darauf bestanden habe, eine Deep-Mind-Google-Ethikkommission einzurichten. Ihr Job: darüber zu wachen, wofür Google die künstliche Intelligenz einsetzen darf und wofür nicht.

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