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Durch Schweigen ans Ziel

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Sigmar Gabriel schweigt. Keine Interviews, keine schrillen Forderungen, nur hin und wieder diese Warnung. Aus Brüssel, so raunt Gabriel dann, drohe böses, böses Unheil. So genau sieht die Kampfordnung aus, seit Wochen schon: Die EU-Kommission in Brüssel, die ernste Bedenken gegen die deutschen Ökostromregeln angemeldet hat, insbesondere gegen großzügige Rabatte für die hiesige Industrie. Sigmar Gabriel, der als Energieminister ganz schnell eine Reform des zugehörigen Gesetzes durchpeitschen will, immer mit Verweis auf Brüssel. Und natürlich Heerscharen von Interessenvertretern, denen die Einschnitte bei der Ökostromförderung zu weit gehen; jedenfalls bei jenem Teil der Förderung, der sie selbst betrifft. Auch die Länder melden Bedenken an, zuletzt Hessen, an diesem Dienstag.



Vizekanzler Sigmar Gabriel kämpft für die Ökostrom-Reform

Doch viel spricht dafür, dass Gabriels Plan aufgeht. Seit Kurzem kursiert in Brüssel ein Entwurf für neue Beihilfeleitlinien, er könnte den Streit über Industrieausnahmen auflösen. Das Papier listet 65 Branchen auf, die weiter Rabatte bekommen dürfen. Die Industrie, sagte auch EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Dienstag in Brüssel, solle nicht wegen hoher Energiekosten in anderen Weltregionen investieren statt in Europa. Im Übrigen bleibe man verhandlungsbereit.

Das trifft sich gut, denn verhandeln will auch die Bundesregierung noch. So sieht der Brüsseler Vorschlag vor, die begünstigten Unternehmen zumindest 20 Prozent der Ökostromumlage zahlen zu lassen. Bei 6,24 Cent regulärer Umlage wären das immerhin 1,25 Cent je Kilowattstunde. „Inakzeptabel“, sagt dazu SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil. „Aber offensichtlich gibt es Bewegung.“ Einige der Vorschläge müsse man jetzt noch mal „ganz genau durchrechnen“. Und auch der CDU-Europaabgeordnete Werner Langen lobt Almunias neue Flexibilität. Nur Gabriel, klar, schweigt.

Blieben noch die Länder, seit jeher ein besonders harter Brocken bei Reformen des Ökostromgesetzes EEG. Vorigen Donnerstag trafen sich die Ministerpräsidenten in Berlin, auf der Tagesordnung stand dick die EEG-Reform. Doch die Runde vertagte sich, für Beschlüsse sei es noch zu früh. Man stehe aber, so Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) „in ständiger Verhandlung mit der Bundesseite“. Letztere plant nach SZ-Informationen nun eine Art High Noon für das Ökostromgesetz: ein Spitzentreffen zwischen Kanzlerin Angela Merkel, Vizekanzler Gabriel und den Ministerpräsidenten. Das Treffen am 1. April solle klären, ob angesichts der vielen Änderungswünsche aus den Ländern eine schnelle Einigung möglich ist. Genau eine Woche später soll die Reform durchs Kabinett.

Wünsche gibt es reichlich. So stört sich etwa Hessen am Stichtag für die Reform. Nach Gabriels Vorstellungen sollen nur Anlagen, die bis zum 22. Januar genehmigt worden sind, die bisherige Einspeisevergütung erhalten, alle anderen würden künftig eine gestutzte Vergütung erhalten. Von den Stichtagsplänen Gabriels, so warnt Hessens grüner Umweltminister Tarek Al-Wazir, wären in Hessen 35 Windkraftanlagen mit einem Investitionsvolumen von mehr als 90 Millionen Euro betroffen. Eine Verschiebung, möglichst auf Dezember, würde die EEG-Umlage kaum erhöhen, wahrscheinlich um nicht mehr als 0,003 Cent pro Kilowattstunde. Für einen solch geringen Betrag dürfe man nicht die Energiewende in Hessen aufs Spiel setzen.

Ähnlich argumentieren andere Länder auch. So stören sich Schleswig-Holstein und Niedersachsen an Gabriels Deckel für die Windkraft. Danach soll die Förderung sinken, wenn in einem Jahr Windräder mit einer Gesamtleistung von mehr als 2500 Megawatt gebaut werden. Sie fordern, nur den Zubau unter dem Strich zu erfassen, also abzüglich jener Windräder, die zerlegt und durch größere ersetzt werden. Gabriel schweigt dazu. Bayern wiederum fordert eine Zukunft für Biomasse-Kraftwerke, die doch der Energieminister massiv beschneiden will. Vom Minister selbst kein Wort dazu. Jedenfalls nicht vor dem 1. April.

So geht die Zeit ins Land, die Gefahr aus Brüssel immer im Rücken. Ohne Einigung mit der Kommission, so warnt Gabriel gern, gebe es auch keine Industrierabatte mehr. Das bedrohe dann selbst große Unternehmen. Nicht unpraktisch, denn darin sind sich die Länder einig: Das will keiner.

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