Autoversicherer im US-Bundesstaat New York müssen sich wegen ihrer Preispolitik rechtfertigen. Bei einer Anhörung im Unterhaus des Parlaments in Albany konfrontierten Abgeordnete am Donnerstag Branchenvertreter mit Vorwürfen von Verbraucherschützern. Deren Kernaussage: Autofahrer mit schlechtem Bildungshintergrund und einfacheren Arbeitsplätzen müssen bei gleichem Risiko mehr zahlen als Fahrer mit Studium und besser bezahlten Jobs.
Autoversicherer in den USA meinen, dass einen ein niedrigeres Bildungsniveau zu schlecheterem Fahrstil führt
Die Auseinandersetzung ist für die globale Versicherungswirtschaft von Bedeutung. Denn die Nutzung von „Big Data“, die Auswertung aller möglichen Daten über ihre Kunden, steht ganz oben auf der Tagesordnung von Versicherungsvorständen. Zwar zögern deutsche Gesellschaften bisher. Sie fürchten Einwände der Datenschützer, wenn sie etwa – wie ihre französischen Kollegen – alle Daten aus sozialen Netzwerken über ihre Kunden auswerten.
Allerdings: Auch deutsche Anbieter nutzen Tarifierungsmerkmale wie Eigenheimbesitz, Beruf oder Beamtenstatus, die mit dem Fahrstil und dem Auto des Versicherten nichts zu tun haben. Sie begründen das damit, dass sie statistisch eine Beziehung zwischen dem Beruf und den verursachten Schäden nachweisen können. Dieselbe Begründung gaben auch die US-Versicherer in der Anhörung im Unterhaus in Albany.
Die Verbraucherschutzorganisation New York Public Interest Research Group (NYPIRG) hat zuvor die Preispolitik der Autoversicherer untersucht. New York gehört mit durchschnittlichen Prämien von 1109 Dollar (802 Euro) – 39 Prozent über dem US-Schnitt – ohnehin zu den vier teuersten Autoversicherungsregionen des Landes. Dazu komme eine Preisspreizung nach Bildung und Beruf, so die Verbraucherschützer. „Für drei der fünf größten Autoversicherer im Staat New York war bei der Prämienfindung für die gesetzlich vorgeschriebene Auto-Haftpflichtdeckung die Ausbildung ein Kriterium, für zwei war es der ausgeübte Beruf“, so NYPIRG-Versicherungsexperte Andy Morrison.
Marktführer Geico, der zu Warren Buffetts Berkshire Hathaway gehört, berechnet 19 Prozent mehr für eine Bankangestellte mit Schulabschluss der High School als für eine Bankangestellte mit Hochschulabschluss. „Wer mit Schulabschluss im Einzelhandel arbeitet, zahlt 41 Prozent mehr als die Bankangestellte mit Hochschule.“
„Die Kosten der Autoversicherung sollten darauf beruhen, wie man fährt, und nicht, wer man ist“, sagt Morrison. „Unsere Analyse zeigt, dass die Versicherer Einwohner New Yorks mit niedrigem und moderatem Einkommen diskriminieren, und das sind genau diejenigen, die sich die hohen Preise am wenigsten leisten können.“NYPIRG sammelte die Daten über Preisanfragen auf den Webseiten der Versicherer. Bei der Abfrage blieben alle Faktoren außer Beruf und Ausbildung konstant. Als Beispiel verwendeten die Analysten eine 30-jährige allein lebende Frau, die in einem Wohngebiet mit mittlerer Qualität lebt, seit 14 Jahren einen Führerschein hat und mit einem Honda Civic – Baujahr 2008 – rund 12000 Kilometer fährt. NYPIRG und die Consumer Federation of America (CFA) werfen den Autoversicherern außerdem vor, mit so genannten Preisoptimierungsprogrammen gegen die Gesetze der Bundesstaaten zu verstoßen, die Preisunterschiede nur aufgrund von versicherungsmathematisch nachweisbaren Kriterien zulassen. In einem Brief an die Nationale Vereinigung der Versicherungsaufseher verlangte die CFA, die Praxis deshalb abzustellen.
Die Grundidee: Bei Kundengruppen, die erfahrungsgemäß weniger rasch den Versicherer wechseln, erhöhen die Gesellschaften die Preise bis zum „Optimum“ für diese Gruppe. Die CFA begründet ihre Kritik damit, dass Kunden mit niedrigerem Einkommen weniger leicht den Versicherer wechseln – und deshalb durch die Praxis besonders diskriminiert werden. Die Programme für die Preisoptimierung stammen von Spezialunternehmen wie der Firma Earnix. Sie analysiert für die Versicherer, wie viele Kunden in bestimmten Segmenten nach Preiserhöhungen gekündigt haben. Auf der Basis können sie ziemlich sauber vorhersagen, welche Erhöhung zu welchen Kündigungsraten führt.
„Die Versicherungsaufseher beginnen jetzt zu verstehen, wie die Branche diese Werkzeuge einsetzt“, sagte Bob Hunter, Versicherungsexperte der CFA und selbst einst Chef der Aufsicht in Texas. Er erwartet, dass die Aufsichtsbehörden der Bundesstaaten bald tätig werden.
Auch die Preisgestaltung nach Ausbildung und Beruf wie in New York könnte bald der Vergangenheit angehören. Der demokratische Abgeordnete Timothy Kennedy will die Einbringung eines Gesetzes prüfen, das Preiskriterien wie Beruf und Ausbildung verbietet.
Autoversicherer in den USA meinen, dass einen ein niedrigeres Bildungsniveau zu schlecheterem Fahrstil führt
Die Auseinandersetzung ist für die globale Versicherungswirtschaft von Bedeutung. Denn die Nutzung von „Big Data“, die Auswertung aller möglichen Daten über ihre Kunden, steht ganz oben auf der Tagesordnung von Versicherungsvorständen. Zwar zögern deutsche Gesellschaften bisher. Sie fürchten Einwände der Datenschützer, wenn sie etwa – wie ihre französischen Kollegen – alle Daten aus sozialen Netzwerken über ihre Kunden auswerten.
Allerdings: Auch deutsche Anbieter nutzen Tarifierungsmerkmale wie Eigenheimbesitz, Beruf oder Beamtenstatus, die mit dem Fahrstil und dem Auto des Versicherten nichts zu tun haben. Sie begründen das damit, dass sie statistisch eine Beziehung zwischen dem Beruf und den verursachten Schäden nachweisen können. Dieselbe Begründung gaben auch die US-Versicherer in der Anhörung im Unterhaus in Albany.
Die Verbraucherschutzorganisation New York Public Interest Research Group (NYPIRG) hat zuvor die Preispolitik der Autoversicherer untersucht. New York gehört mit durchschnittlichen Prämien von 1109 Dollar (802 Euro) – 39 Prozent über dem US-Schnitt – ohnehin zu den vier teuersten Autoversicherungsregionen des Landes. Dazu komme eine Preisspreizung nach Bildung und Beruf, so die Verbraucherschützer. „Für drei der fünf größten Autoversicherer im Staat New York war bei der Prämienfindung für die gesetzlich vorgeschriebene Auto-Haftpflichtdeckung die Ausbildung ein Kriterium, für zwei war es der ausgeübte Beruf“, so NYPIRG-Versicherungsexperte Andy Morrison.
Marktführer Geico, der zu Warren Buffetts Berkshire Hathaway gehört, berechnet 19 Prozent mehr für eine Bankangestellte mit Schulabschluss der High School als für eine Bankangestellte mit Hochschulabschluss. „Wer mit Schulabschluss im Einzelhandel arbeitet, zahlt 41 Prozent mehr als die Bankangestellte mit Hochschule.“
„Die Kosten der Autoversicherung sollten darauf beruhen, wie man fährt, und nicht, wer man ist“, sagt Morrison. „Unsere Analyse zeigt, dass die Versicherer Einwohner New Yorks mit niedrigem und moderatem Einkommen diskriminieren, und das sind genau diejenigen, die sich die hohen Preise am wenigsten leisten können.“NYPIRG sammelte die Daten über Preisanfragen auf den Webseiten der Versicherer. Bei der Abfrage blieben alle Faktoren außer Beruf und Ausbildung konstant. Als Beispiel verwendeten die Analysten eine 30-jährige allein lebende Frau, die in einem Wohngebiet mit mittlerer Qualität lebt, seit 14 Jahren einen Führerschein hat und mit einem Honda Civic – Baujahr 2008 – rund 12000 Kilometer fährt. NYPIRG und die Consumer Federation of America (CFA) werfen den Autoversicherern außerdem vor, mit so genannten Preisoptimierungsprogrammen gegen die Gesetze der Bundesstaaten zu verstoßen, die Preisunterschiede nur aufgrund von versicherungsmathematisch nachweisbaren Kriterien zulassen. In einem Brief an die Nationale Vereinigung der Versicherungsaufseher verlangte die CFA, die Praxis deshalb abzustellen.
Die Grundidee: Bei Kundengruppen, die erfahrungsgemäß weniger rasch den Versicherer wechseln, erhöhen die Gesellschaften die Preise bis zum „Optimum“ für diese Gruppe. Die CFA begründet ihre Kritik damit, dass Kunden mit niedrigerem Einkommen weniger leicht den Versicherer wechseln – und deshalb durch die Praxis besonders diskriminiert werden. Die Programme für die Preisoptimierung stammen von Spezialunternehmen wie der Firma Earnix. Sie analysiert für die Versicherer, wie viele Kunden in bestimmten Segmenten nach Preiserhöhungen gekündigt haben. Auf der Basis können sie ziemlich sauber vorhersagen, welche Erhöhung zu welchen Kündigungsraten führt.
„Die Versicherungsaufseher beginnen jetzt zu verstehen, wie die Branche diese Werkzeuge einsetzt“, sagte Bob Hunter, Versicherungsexperte der CFA und selbst einst Chef der Aufsicht in Texas. Er erwartet, dass die Aufsichtsbehörden der Bundesstaaten bald tätig werden.
Auch die Preisgestaltung nach Ausbildung und Beruf wie in New York könnte bald der Vergangenheit angehören. Der demokratische Abgeordnete Timothy Kennedy will die Einbringung eines Gesetzes prüfen, das Preiskriterien wie Beruf und Ausbildung verbietet.