Floribeth Mora Díaz kommen die Tränen, mit halberstickter Stimme spricht sie über die Tage, als sie mit dem Leben schon abgeschlossen hatte, fürchtete, ihre fünf Kinder alleinlassen zu müssen. Die Ärzte in Costa Rica hatten sie zum Sterben nach Hause geschickt, einen Monat gaben sie ihr noch, denn das Geld für eine Operation ihres Hirn-Aneurysmas in Mexiko hatte die Familie nicht. Jetzt ist sie mit ihrem Mann und zwei Söhnen nach Rom gekommen, um noch einmal zu erzählen, wie sie nach Tagen und Nächten im Gebet und einer Abbildung von Johannes Paul II. in der Hand plötzlich aufstehen konnte, als sie im Fernsehen, es war zwei Uhr nachts am 1. Mai 2011 in Mittelamerika, die Übertragung der Seligsprechung des polnischen Papstes verfolgte und dann seine Stimme hörte, die ihr sagte, "Hab' keine Angst, steh auf, dir geht es gut."
Theologie-Studenten sind zur Heiligsprechung von Johannes Paul II. und Johannes XXIII. angereist.
Und so war es, die Ärzte haben keine Erklärung für das spurlose Verschwinden ihres Aneurysmas, und dass es der blonden, rundlichen Frau gut geht, ist offenkundig. Die Spontanheilung von Floribeth Mora Díaz ist das "Wunder", das es brauchte, damit an diesem Sonntag Papst Franziskus die Heiligsprechung von Johannes Paul II. auf dem Petersplatz vollziehen kann. Die medizinischen Befunde über das Wunder, sein heiligenmäßiges Leben, der Einfluss, den er auf Millionen Menschen hatte - all das haben die Postulatoren, die Anwälte des Glaubens und die "Avvocati Diaboli" bei der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen geprüft und für gut befunden und die Zustimmung des Papstes für die Kanonisierung erhalten.
Mit Johannes Paul II. wird Johannes XXIII. "zur Ehre der Altäre" aufsteigen, "der gute Papst", wie der 1963 verstorbene Pontifex bei den Italienern heißt. Die Frau, an der er ein Wunder vollbracht haben soll, die Nonne Caterina Capitani, lebt nicht mehr. Aber Schwester Adele Labianca, eine kaum 1,50 Meter große Nonne in der blauen Tracht der "Töchter der Caritas", bezeugt drei Tage vor der Heiligsprechung das unerklärliche Ereignis. Sie, die meint, ihre Gebete hätten den verstorbenen Papst zum Eingreifen gebracht, war an der Seite von Caterina in Neapel, die mit hohem Fieber und offenen Geschwüren, dem Tod näher als dem Leben, im Marinehospital lag. Eine andere Ordensschwester legte der Sterbenden eine Reliquie von Johannes XXIII. auf eine ihrer Wunden, und drei Tage später, so schildert es die Nonne, erhob sich Schwester Caterina vom Krankenbett, ohne Schmerzen. Das war am 25. Mai 1966 um 14.40 Uhr. Der gute Papst sei ihr erschienen zur Linken ihres Krankenbetts, berichtete sie. Der Papst habe zu ihr gesprochen, und sie habe eine Hand auf ihrer Wunde gespürt: "Schwester Caterina, du hast viel zu mir gebetet, dir geht es gut, du hast nichts mehr." Die Ärzte hatten keine Erklärung für die plötzliche Veränderung, allerdings waren noch 14 Operationen nötig, ehe Caterina ganz gesund war. Dort, wo der Papst gestanden haben soll, haben sie einen Gedenkstein in den Boden des Klinikzimmers eingelassen.
Am Sonntag werden beide Päpste mit einer großen Messe auf dem Petersplatz heiliggesprochen. 5000 weltliche Ehrengäste aus 55 Ländern - unter ihnen 19 Staats- und 25 Regierungschefs; aus Deutschland ist Arbeitsministerin Andrea Nahles da - und 5000 geistliche Honoratioren werden auf den Stufen vor dem Petersdom sitzen, über dessen Portale seit Tagen die Bilder der künftigen Heiligenpäpste hängen. Eine Million Menschen werden auf dem Platz und in der Via della Conciliazione erwartet. 18 Großleinwände übertragen das Geschehen auf andere Plätze der Stadt.
Die Stimmung ist schon in den Tagen vorher aufgekratzt. Auf Roms Straßen herrscht Gedränge wie sonst nur im Hochsommer. Wie viele am Ende wirklich kommen werden, zwei Millionen, vier Millionen - niemand weiß es. Längst nicht alle haben Zimmer reserviert oder erreichen Rom mit den angemeldeten 1700 Bussen aus Polen, fünf Sonderzügen und 58 Charterflügen. Der Mann, der für die Stadt Rom Großereignisse plant, Maurizio Pucci, versichert, die Stadt sei gerüstet. Stadtreinigungsteams sind rund um die Uhr im Einsatz. 990 chemische Toiletten sind aufgestellt, 440 davon allein an den Kolonnaden am Petersplatz. Und nicht zu erwähnen vergisst Pucci, dass dafür gesorgt sei, dass die Häuschen am Petersplatz keine unangenehmen Gerüche verströmen würden.
Rom kennt sich aus mit Masseereignissen und dem daraus resultierenden Ausnahmezustand in der Stadt. Erst im vergangenen Jahr gab es die Papstwahl, davor waren die Menschen zu den Seligsprechungen und aus Anlass des Todes von Johannes Paul II. nach Rom gepilgert. Metro- und Busfahrer legen Sonderschichten ein, Extrabusse pendeln vom Bahnhof nach San Pietro. 5000 Freiwillige bietet die Stadt auf, zu den 2000 Stadtpolizisten werden weitere 2000 aus ganz Italien zusammengezogen. Selbst Psychologen sind im Einsatz. Die App "Santo Subito" in vier Sprachen soll den Pilgern digital weiterhelfen, und spiritueller Beistand ist sowieso gesichert. In der Nacht zuvor stehen Kirchen im Zentrum offen, 5000 Priester sind am Sonntag bei der Arbeit, allein an der Via della Conciliazione und am Petersplatz werden 200 Priester und 800 Ministranten Hostien an die Gläubigen erteilen. Fünf Millionen Euro, schätzt Referent Pucci, werde der Mega-Event die Kommune kosten, und da sie völlig pleite ist, hofft sie, dass der Staat ordentlich zuschießt.
Die meisten ausländischen Pilger kommen natürlich aus Polen, um "ihrem Papst", Karol Wojtyła, nahe zu sein, der längst Nationalheiliger ist. Sein Geburtshaus in Wadowice bei Krakau wurde gerade als Museum erneuert und erweitert. "Alle nach Rom", lautete vor drei Tagen die Schlagzeile der größten polnischen Boulevardzeitung Fakt. Die Reisen waren da längst gebucht, meist organisiert von Pfarreien und Diözesen. Auch die polnische Politik macht sich auf an den Tiber: 3000 Mitglieder der rechtskatholischen Partei Recht und Gerechtigkeit samt ihrem Anführer Jarosław Kaczyński und 60 Sejm-Abgeordnete - und Präsident Bronisław Komorowski mit seinen Vorgängern Lech Wałesa und Aleksander Kwasniewski. Daheim in Polen werden in den Messen am Sonntag Laternen angezündet, mit denen die Gläubigen "den Heiligsprechungsfunken" mit nach Hause nehmen sollen.
Was das Heiligsein ausmacht, darüber haben natürlich viele geredet in diesen Wochen in Polen und in Rom, und immer klingt es ein bisschen anders. Der einstige Pressesprecher von Johannes Paul II., Joaquin Navarro Valls, sagt, er habe gewusst, dass Karol Wojtyła ein Heiliger sei, als er ihn das erste Mal ins Gebet versunken sah. Auch der heute 86-jährige Kardinal Elio Sgreccia stand Johannes Paul sehr nahe, er blieb im OP bei ihm, als der Papst nach dem Attentat 1981 operiert wurde. Sgreccia, ein international renommierter Bioethiker und der Wissenschaft sehr zugewandt, sagt , Heilige seien der Beleg, dass sich ein heiligenmäßiges Leben führe lasse - so, wie sich in der Mathematik Beweise führen ließen. "Heiligkeit gibt es auch ohne Wunder", sagt Sgreccia. "Wunder sind nur der Zusatz", für ihn liegen sie da, wo sich mit den Mitteln der Wissenschaft keine Erklärungen finden. Auch Schwester Adele, die eine wundersame Genesung mit eigenen Augen sah, weiß dazu einiges zu sagen. Zu Heiligen zu beten nütze stets, selbst wenn die erflehte Hilfe für den Körper nicht gewährt werden könne, "der Seele hilft es immer". Sie hat auch eine Erklärung dafür, dass es häufiger Frauen sind, denen Wunder zuteil werden: "Männer beten nicht so", sagt die Nonne, "sie haben sich leider oft weit entfernt vom Glauben. Aber", setzt sie hinzu, "es gibt Hoffnung für sie."
Theologie-Studenten sind zur Heiligsprechung von Johannes Paul II. und Johannes XXIII. angereist.
Und so war es, die Ärzte haben keine Erklärung für das spurlose Verschwinden ihres Aneurysmas, und dass es der blonden, rundlichen Frau gut geht, ist offenkundig. Die Spontanheilung von Floribeth Mora Díaz ist das "Wunder", das es brauchte, damit an diesem Sonntag Papst Franziskus die Heiligsprechung von Johannes Paul II. auf dem Petersplatz vollziehen kann. Die medizinischen Befunde über das Wunder, sein heiligenmäßiges Leben, der Einfluss, den er auf Millionen Menschen hatte - all das haben die Postulatoren, die Anwälte des Glaubens und die "Avvocati Diaboli" bei der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen geprüft und für gut befunden und die Zustimmung des Papstes für die Kanonisierung erhalten.
"Schwester Caterina, dir geht es gut, du hast nichts mehr."
Mit Johannes Paul II. wird Johannes XXIII. "zur Ehre der Altäre" aufsteigen, "der gute Papst", wie der 1963 verstorbene Pontifex bei den Italienern heißt. Die Frau, an der er ein Wunder vollbracht haben soll, die Nonne Caterina Capitani, lebt nicht mehr. Aber Schwester Adele Labianca, eine kaum 1,50 Meter große Nonne in der blauen Tracht der "Töchter der Caritas", bezeugt drei Tage vor der Heiligsprechung das unerklärliche Ereignis. Sie, die meint, ihre Gebete hätten den verstorbenen Papst zum Eingreifen gebracht, war an der Seite von Caterina in Neapel, die mit hohem Fieber und offenen Geschwüren, dem Tod näher als dem Leben, im Marinehospital lag. Eine andere Ordensschwester legte der Sterbenden eine Reliquie von Johannes XXIII. auf eine ihrer Wunden, und drei Tage später, so schildert es die Nonne, erhob sich Schwester Caterina vom Krankenbett, ohne Schmerzen. Das war am 25. Mai 1966 um 14.40 Uhr. Der gute Papst sei ihr erschienen zur Linken ihres Krankenbetts, berichtete sie. Der Papst habe zu ihr gesprochen, und sie habe eine Hand auf ihrer Wunde gespürt: "Schwester Caterina, du hast viel zu mir gebetet, dir geht es gut, du hast nichts mehr." Die Ärzte hatten keine Erklärung für die plötzliche Veränderung, allerdings waren noch 14 Operationen nötig, ehe Caterina ganz gesund war. Dort, wo der Papst gestanden haben soll, haben sie einen Gedenkstein in den Boden des Klinikzimmers eingelassen.
Am Sonntag werden beide Päpste mit einer großen Messe auf dem Petersplatz heiliggesprochen. 5000 weltliche Ehrengäste aus 55 Ländern - unter ihnen 19 Staats- und 25 Regierungschefs; aus Deutschland ist Arbeitsministerin Andrea Nahles da - und 5000 geistliche Honoratioren werden auf den Stufen vor dem Petersdom sitzen, über dessen Portale seit Tagen die Bilder der künftigen Heiligenpäpste hängen. Eine Million Menschen werden auf dem Platz und in der Via della Conciliazione erwartet. 18 Großleinwände übertragen das Geschehen auf andere Plätze der Stadt.
Die Stimmung ist schon in den Tagen vorher aufgekratzt. Auf Roms Straßen herrscht Gedränge wie sonst nur im Hochsommer. Wie viele am Ende wirklich kommen werden, zwei Millionen, vier Millionen - niemand weiß es. Längst nicht alle haben Zimmer reserviert oder erreichen Rom mit den angemeldeten 1700 Bussen aus Polen, fünf Sonderzügen und 58 Charterflügen. Der Mann, der für die Stadt Rom Großereignisse plant, Maurizio Pucci, versichert, die Stadt sei gerüstet. Stadtreinigungsteams sind rund um die Uhr im Einsatz. 990 chemische Toiletten sind aufgestellt, 440 davon allein an den Kolonnaden am Petersplatz. Und nicht zu erwähnen vergisst Pucci, dass dafür gesorgt sei, dass die Häuschen am Petersplatz keine unangenehmen Gerüche verströmen würden.
Rom kennt sich aus mit Masseereignissen und dem daraus resultierenden Ausnahmezustand in der Stadt. Erst im vergangenen Jahr gab es die Papstwahl, davor waren die Menschen zu den Seligsprechungen und aus Anlass des Todes von Johannes Paul II. nach Rom gepilgert. Metro- und Busfahrer legen Sonderschichten ein, Extrabusse pendeln vom Bahnhof nach San Pietro. 5000 Freiwillige bietet die Stadt auf, zu den 2000 Stadtpolizisten werden weitere 2000 aus ganz Italien zusammengezogen. Selbst Psychologen sind im Einsatz. Die App "Santo Subito" in vier Sprachen soll den Pilgern digital weiterhelfen, und spiritueller Beistand ist sowieso gesichert. In der Nacht zuvor stehen Kirchen im Zentrum offen, 5000 Priester sind am Sonntag bei der Arbeit, allein an der Via della Conciliazione und am Petersplatz werden 200 Priester und 800 Ministranten Hostien an die Gläubigen erteilen. Fünf Millionen Euro, schätzt Referent Pucci, werde der Mega-Event die Kommune kosten, und da sie völlig pleite ist, hofft sie, dass der Staat ordentlich zuschießt.
Die meisten ausländischen Pilger kommen natürlich aus Polen, um "ihrem Papst", Karol Wojtyła, nahe zu sein, der längst Nationalheiliger ist. Sein Geburtshaus in Wadowice bei Krakau wurde gerade als Museum erneuert und erweitert. "Alle nach Rom", lautete vor drei Tagen die Schlagzeile der größten polnischen Boulevardzeitung Fakt. Die Reisen waren da längst gebucht, meist organisiert von Pfarreien und Diözesen. Auch die polnische Politik macht sich auf an den Tiber: 3000 Mitglieder der rechtskatholischen Partei Recht und Gerechtigkeit samt ihrem Anführer Jarosław Kaczyński und 60 Sejm-Abgeordnete - und Präsident Bronisław Komorowski mit seinen Vorgängern Lech Wałesa und Aleksander Kwasniewski. Daheim in Polen werden in den Messen am Sonntag Laternen angezündet, mit denen die Gläubigen "den Heiligsprechungsfunken" mit nach Hause nehmen sollen.
"Heiligkeit gibt es auch ohne Wunder. Wunder sind nur der Zusatz."
Was das Heiligsein ausmacht, darüber haben natürlich viele geredet in diesen Wochen in Polen und in Rom, und immer klingt es ein bisschen anders. Der einstige Pressesprecher von Johannes Paul II., Joaquin Navarro Valls, sagt, er habe gewusst, dass Karol Wojtyła ein Heiliger sei, als er ihn das erste Mal ins Gebet versunken sah. Auch der heute 86-jährige Kardinal Elio Sgreccia stand Johannes Paul sehr nahe, er blieb im OP bei ihm, als der Papst nach dem Attentat 1981 operiert wurde. Sgreccia, ein international renommierter Bioethiker und der Wissenschaft sehr zugewandt, sagt , Heilige seien der Beleg, dass sich ein heiligenmäßiges Leben führe lasse - so, wie sich in der Mathematik Beweise führen ließen. "Heiligkeit gibt es auch ohne Wunder", sagt Sgreccia. "Wunder sind nur der Zusatz", für ihn liegen sie da, wo sich mit den Mitteln der Wissenschaft keine Erklärungen finden. Auch Schwester Adele, die eine wundersame Genesung mit eigenen Augen sah, weiß dazu einiges zu sagen. Zu Heiligen zu beten nütze stets, selbst wenn die erflehte Hilfe für den Körper nicht gewährt werden könne, "der Seele hilft es immer". Sie hat auch eine Erklärung dafür, dass es häufiger Frauen sind, denen Wunder zuteil werden: "Männer beten nicht so", sagt die Nonne, "sie haben sich leider oft weit entfernt vom Glauben. Aber", setzt sie hinzu, "es gibt Hoffnung für sie."