Xavier bezieht seine neue Wohnung in Chinatown im New-York-Stil: Weil die Straßen vollkommen verstopft sind, schleift er verzweifelt drei große Matratzen auf einem Sackkarren hinter sich her. Ein Anblick, für den die abgebrühten Passanten nicht einmal mehr einen müden Blick übrig haben – während Xavier, Anfang vierzig und nicht ganz glücklich darüber, sich fragt, ob er nicht langsam zu alt ist für solch studentische Umzüge.
Natürlich ist auch Audrey Tautou dabei, wenn Jungschriftsteller Xavier in New York herumneurotiziert
„Beziehungsweise New York“ ist der dritte Teil von Cédric Klapischs „L’auberge espagnole“-Trilogie, die 2002 mit der gleichnamigen Erasmus-Komödie in Barcelona begann und 2005 mit „Wiedersehen in St. Petersburg“ fortgesetzt wurde. Der Franzose Xavier mauserte sich damals vom schüchternen VWL-Studenten mit einem Frauenproblem, der taschenbeladen und verzweifelt in Barcelona ein WG-Zimmer sucht, zum erfolgreichen Jungschriftsteller mit vielen Frauenproblemen.
Und weil wahre Neurotiker nur in einer Stadt auf der Welt wirklich gut aufgehoben sind, verpflanzt Klapisch seinen Protagonisten nun von seiner Heimat Paris, der Stadt der unbezahlbaren Mieten und fiesen Taxifahrer, nach New York – der Stadt der noch unbezahlbareren Mieten und noch fieseren Taxifahrer.
Klapischs Vorbild ist François Truffauts Antoine-Doinel-Zyklus, in dem dieser Jean-Pierre Léaud im Abstand von mehreren Jahrzehnten beim Aufwachsen, Älterwerden und Lieben zusah. Die Abstände bei Klapisch sind zwar etwas kürzer – insgesamt auch kürzer als bei Richard Linklater, der mit Julie Delpy und Ethan Hawke in den „Before“-Filmen ein ähnliches Zeitporträt in Paarform betreibt. Aber das Erzählprinzip hat natürlich trotzdem den gleichen Schwierigkeitsgrad, weil man als Filmemacher so eine der großen Zaubereien des Kinos aushebelt: nämlich mitten in einer Biografie einen Punkt setzen zu können, den es im wirklichen Leben nur durch den Tod gibt – das klassische Happy-End-Prinzip. Klapisch kommt mit dieser Dauererzählung nicht ganz so elegant zurecht wie Truffaut und Linklater, aber Spaß macht es natürlich trotzdem, seinem Xavier nicht nur einmal von A nach B zu folgen, sondern immer weiter.
Xavier (Romain Duris) verlässt Paris, weil seine britische Ehefrau Wendy (Kelly Reilly), die er in Teil eins in der Barcelona-WG kennenlernte und in die er sich in Teil zwei verliebte, sich scheiden lassen will. Sie hat einen Amerikaner kennengelernt, zieht nach New York, und Xavier folgt ihr, um in der Nähe der beiden gemeinsamen Kinder sein zu können.
Ebenfalls in New York versammelt haben sich seine beste Freundin Isabelle (Cécile de France) sowie seine Jugendliebe Martine (Audrey Tautou), die beide auch schon in den Vorgängerfilmen eingeführt wurden. Diese Reunion ist dramaturgisch zwar etwas an den Haaren herbeigezogen, porträtiert andererseits aber schön pointiert eine Generation, die aufgrund des Lebenslauf-Tuning-Wahns zum ständigen Globetrotten gezwungen ist. Aber Klapischs große Stärke ist ohnehin nicht die Welt der dramaturgischen Plausibilität, was sich am doch sehr überdrehten Frauenchaos zeigt, durch das er Xavier diesmal jagt: Seine Frau will nur noch über ihren Anwalt mit ihm sprechen, seine beste lesbische Freundin will sein Sperma für ein Kind, seine Ex will eine Affäre – und um eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, geht er eine Scheinehe mit einer Amerikanerin ein. Was Klapisch aber ganz ausgezeichnet beherrscht, ist, aus diesem Problemtopf den neurotischen Kosmos von Xavier und seinen Mädels als schrägen Beziehungscomic zu zeigen, mit einem deutlich am Slapstick geschulten Humor. Zum Beispiel, als er Wendys neuen Lover kennenlernt, einen riesigen, Fitnessstudio-geformten Klischee-Amerikaner, neben dem der kleine, schlaksige Xavier fast verschwindet. Oder in den Szenen, in denen der strenge Beamte der Einwanderungsbehörde ihm nachstellt, der als gnadenloses Bürokratiemonster prüfen will, ob Xaviers neue Ehe echt ist.
Noch etwas ist unerlässlich in Klapischs Universum: die großen Denker, die seinem Protagonisten in seiner Phantasie akute Lebenshilfe bieten. In „L’auberge espagnole“ traf er auf Erasmus von Rotterdam. Und jetzt unterhält sich Xavier nachts, auf seiner Matratze, in seinem kleinen Apartment in Chinatown, mit Schopenhauer und Hegel, die ihn vorsichtig darauf vorbereiten, dass Happy Ends im richtigen Leben eher häppchenweise serviert werden.
Natürlich ist auch Audrey Tautou dabei, wenn Jungschriftsteller Xavier in New York herumneurotiziert
„Beziehungsweise New York“ ist der dritte Teil von Cédric Klapischs „L’auberge espagnole“-Trilogie, die 2002 mit der gleichnamigen Erasmus-Komödie in Barcelona begann und 2005 mit „Wiedersehen in St. Petersburg“ fortgesetzt wurde. Der Franzose Xavier mauserte sich damals vom schüchternen VWL-Studenten mit einem Frauenproblem, der taschenbeladen und verzweifelt in Barcelona ein WG-Zimmer sucht, zum erfolgreichen Jungschriftsteller mit vielen Frauenproblemen.
Und weil wahre Neurotiker nur in einer Stadt auf der Welt wirklich gut aufgehoben sind, verpflanzt Klapisch seinen Protagonisten nun von seiner Heimat Paris, der Stadt der unbezahlbaren Mieten und fiesen Taxifahrer, nach New York – der Stadt der noch unbezahlbareren Mieten und noch fieseren Taxifahrer.
Klapischs Vorbild ist François Truffauts Antoine-Doinel-Zyklus, in dem dieser Jean-Pierre Léaud im Abstand von mehreren Jahrzehnten beim Aufwachsen, Älterwerden und Lieben zusah. Die Abstände bei Klapisch sind zwar etwas kürzer – insgesamt auch kürzer als bei Richard Linklater, der mit Julie Delpy und Ethan Hawke in den „Before“-Filmen ein ähnliches Zeitporträt in Paarform betreibt. Aber das Erzählprinzip hat natürlich trotzdem den gleichen Schwierigkeitsgrad, weil man als Filmemacher so eine der großen Zaubereien des Kinos aushebelt: nämlich mitten in einer Biografie einen Punkt setzen zu können, den es im wirklichen Leben nur durch den Tod gibt – das klassische Happy-End-Prinzip. Klapisch kommt mit dieser Dauererzählung nicht ganz so elegant zurecht wie Truffaut und Linklater, aber Spaß macht es natürlich trotzdem, seinem Xavier nicht nur einmal von A nach B zu folgen, sondern immer weiter.
Xavier (Romain Duris) verlässt Paris, weil seine britische Ehefrau Wendy (Kelly Reilly), die er in Teil eins in der Barcelona-WG kennenlernte und in die er sich in Teil zwei verliebte, sich scheiden lassen will. Sie hat einen Amerikaner kennengelernt, zieht nach New York, und Xavier folgt ihr, um in der Nähe der beiden gemeinsamen Kinder sein zu können.
Ebenfalls in New York versammelt haben sich seine beste Freundin Isabelle (Cécile de France) sowie seine Jugendliebe Martine (Audrey Tautou), die beide auch schon in den Vorgängerfilmen eingeführt wurden. Diese Reunion ist dramaturgisch zwar etwas an den Haaren herbeigezogen, porträtiert andererseits aber schön pointiert eine Generation, die aufgrund des Lebenslauf-Tuning-Wahns zum ständigen Globetrotten gezwungen ist. Aber Klapischs große Stärke ist ohnehin nicht die Welt der dramaturgischen Plausibilität, was sich am doch sehr überdrehten Frauenchaos zeigt, durch das er Xavier diesmal jagt: Seine Frau will nur noch über ihren Anwalt mit ihm sprechen, seine beste lesbische Freundin will sein Sperma für ein Kind, seine Ex will eine Affäre – und um eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, geht er eine Scheinehe mit einer Amerikanerin ein. Was Klapisch aber ganz ausgezeichnet beherrscht, ist, aus diesem Problemtopf den neurotischen Kosmos von Xavier und seinen Mädels als schrägen Beziehungscomic zu zeigen, mit einem deutlich am Slapstick geschulten Humor. Zum Beispiel, als er Wendys neuen Lover kennenlernt, einen riesigen, Fitnessstudio-geformten Klischee-Amerikaner, neben dem der kleine, schlaksige Xavier fast verschwindet. Oder in den Szenen, in denen der strenge Beamte der Einwanderungsbehörde ihm nachstellt, der als gnadenloses Bürokratiemonster prüfen will, ob Xaviers neue Ehe echt ist.
Noch etwas ist unerlässlich in Klapischs Universum: die großen Denker, die seinem Protagonisten in seiner Phantasie akute Lebenshilfe bieten. In „L’auberge espagnole“ traf er auf Erasmus von Rotterdam. Und jetzt unterhält sich Xavier nachts, auf seiner Matratze, in seinem kleinen Apartment in Chinatown, mit Schopenhauer und Hegel, die ihn vorsichtig darauf vorbereiten, dass Happy Ends im richtigen Leben eher häppchenweise serviert werden.