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Eine für alle

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Eine Studie der Bertelsmann Stiftung empfiehlt die Einführung einer staatlichen Ausbildungsgarantie. Jugendliche, die keine Lehrstelle in einem Betrieb finden, soll ein betriebsnaher Ausbildungsplatz zugesichert werden.

Eine staatliche Ausbildungsgarantie würde jährlich 1,5 Milliarden Euro Mehrkosten verursachen, mittelfristig den Haushalt jedoch entlasten. Das geht aus einer Studie hervor, die von der Bertelsmann Stiftung in Auftrag gegeben wurde und an der die Bundesagentur für Arbeit sowie 16 Ministerien aus neun Bundesländern mitgewirkt haben.



Die Bertelsmann Stiftung wirkte bei der Studie mit

Demnach sollte der Staat jedem ausbildungsfähigen Jugendlichen, der keine Lehrstelle in einem Betrieb findet, einen 'betriebsnahen Ausbildungsplatz' zusichern. Solche Ausbildungsplätze werden von Berufsschulen oder Bildungsträgern angeboten, sie schließen mehrere Praktika bei Betrieben ein und enden mit einer Kammerprüfung. Ziel dieser Maßnahmen ist, dass mehr Jugendliche als bisher am Ende der Übergangszeit zwischen Schule und Beruf einen Berufsabschluss erlangen.

2011 begannen der Studie zufolge etwa 300000 Jugendliche in Deutschland eine 'berufsvorbereitende Maßnahme'. Dazu gehören Bewerbertrainings oder die Wiederholung von Schulstoff. Diese Maßnahmen seien für Jugendliche oft 'nichts als verlorene Zeit in der Warteschleife', sagte Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. Denn ein Berufsabschluss könne im heutigen Übergangssystem nicht erworben werden, vielmehr habe man da einen 'teuren Maßnahmendschungel' geschaffen, sagte Dräger. Die Übergangsmaßnahmen würden den Staat derzeit jährlich 4,3 Milliarden Euro kosten - gleichzeitig blieben jedes Jahr 150000 Jugendliche dauerhaft ohne Berufsabschluss und hätten in der Folge nur geringe Aussichten auf dem Arbeitsmarkt.

Die Einführung einer staatlichen Ausbildungsgarantie würde die Übergangsmaßnahmen zunächst um 1,5 Milliarden Euro im Jahr verteuern - Ausbildungsvergütungen und Sozialbeiträge sind da noch gar nicht mitgerechnet. Die Mehrkosten entsprechen 11000 Euro für jeden, der erst durch die neue Garantie eine Lehrstelle gefunden hat. Diesem Betrag stehen der Studie zufolge im Verlauf von 35 Jahren 22000 Euro pro Kopf Mehreinnahmen für den Staat gegenüber. Diese Summe ergebe sich aus höheren Lohnsteuereinnahmen und Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung, sowie aus sinkenden Ausgaben für Arbeitslosengeld und Sozialleistungen.

Die von dem Essener Bildungsforscher Klaus Klemm verfasste Untersuchung führt zudem den Fachkräftemangel als Argument für eine staatliche Ausbildungsgarantie an. Zum Einen stünden der deutschen Wirtschaft bei Einführung der Garantie jedes Jahr bis zu 150000 zusätzliche Fachkräfte zur Verfügung - all jene jungen Leute also, die bisher keinen Berufsabschluss erlangen. Und würde die Wirtschaft auf den Fachkräftemangel selbst mit zusätzlichen Angeboten von Lehrstellen reagieren, so reduzierten sich auch die Kosten für die Ausbildungsgarantie.

Klemm rechnet in der Studie vor, dass die Kosten einer Bildungslaufbahn von der Grundschule bis zum Abschluss einer öffentlich geförderten Ausbildung heute 85000 Euro pro Kopf betrügen. Bei Bildungskarrieren, die bis zum Universitätsabschluss führen, erhöhe sich dieser Betrag auf 120000 Euro. Eine Ausbildungsgarantie sei deswegen auch 'ein wichtiger Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit'.

Die Studie adressiert ein tatsächliches Problem. Auf einem Bildungsgipfel hatten sich Bund und Länder 2008 darauf verständigt, die Zahl junger Menschen ohne Berufsabschluss bis 2015 zu halbieren. Dies wird nicht gelingen, wie eine Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) im August dieses Jahres zeigte. Demnach haben derzeit 1,44 Millionen Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren keine abgeschlossene Berufsausbildung, die Zahl der Ungelernten bis 34 Jahre liegt sogar bei 2,2 Millionen.

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