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Machtkampf um die EU-Kommission

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Nach der Europawahl ringen die Parteienfamilien um das Amt des neuen Präsidenten der EU-Kommission. Die Entscheidung könnte Wochen dauern. Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte zwar an, dass die Europäische Volkspartei (EVP) ihren Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker für den Posten vorschlagen werde. Sie räumte jedoch ein, dass weder die EVP, die als stärkste Fraktion 213 Sitze erhielt, noch die Sozialisten (190 Sitze) allein genügend Stimmen hätten, um den Kommissionspräsidenten zu wählen. Deshalb müssten „intensive Gespräche“ über das gesamte Personal geführt werden.



Wird der EVP-Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker neuer EU-Kommissionspräsident? Merkel wünscht es sich, doch allein hat die Partei keine Mehrheit.

Die Kanzlerin plädierte dafür, dass der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs an diesem Dienstag seinen Vorsitzenden Herman Van Rompuy beauftragt, mit den Fraktionen des neuen Parlaments zu sprechen. Zuvor wollte Merkel am Montagabend mit SPD-Chef Sigmar Gabriel und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer zusammenkommen, um das Prozedere zu besprechen.

Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach sich für offene Verhandlungen aus. Juncker wie der sozialistische Spitzenkandidat Martin Schulz hätten „eine Chance auf eine Mehrheit“. Allerdings räumte er ein, Juncker habe „zuerst den Auftrag zur Mehrheitsfindung“. Gabriel appellierte an die EVP, ihr Verhältnis zur rechtskonservativen Fidesz-Partei aus Ungarn und zu der italienischen Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi zu überprüfen. Beide Parteien sind wegen ihrer europakritischen Positionen umstritten. Eine Mehrheit dürfe nicht an den Stimmen von Rechtspopulisten hängen.

In Brüssel sagte Juncker mit Blick auf den Sitzevorsprung, seine Partei habe „einen zweistelligen Sieg“ eingefahren. Er versuche jetzt, die Staats- und Regierungschefs zu überzeugen, ihm das Mandat für das Amt des Präsidenten der Kommission zu übertragen. Danach werde er im Parlament um eine Mehrheit bitten. Dazu sei in jedem Fall eine große Koalition zwischen EVP und Sozialisten nötig. „Alles andere reicht nicht“, sagte Juncker. Er warnte Schulz davor, gegen ihn zu arbeiten. „Ich würde ihm raten, sich nicht auf den falschen Weg zu machen.“

Tatsächlich lassen die Wahlergebnisse noch keinen endgültigen Schluss zu, welche Parteienfamilie die stärkste Fraktion im neuen Parlament stellen wird. Anders als im nationalen Parlament bilden sich nach Europawahlen die Fraktionen teilweise ganz neu. Die Gespräche, welche nationalen Parteien sich zu welchen Fraktionen zusammenschließen, haben erst begonnen. Merkel wird als CDU-Vorsitzende eine entscheidende Rolle spielen, Parteien wie die Fidesz oder die Forza Italia in den eigenen Reihen zu halten. Möglich sind auch Gespräche mit den Tories. Die britische Regierungspartei ist bisher in der Fraktion der Europäischen Reformisten, in die jetzt auch die Alternative für Deutschland (AfD) strebt, was wiederum Merkel missfällt.

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