Der Tag danach war der Tag der Interpretationen. Was bedeutet der erfolgreiche Volksentscheid in Berlin zur kompletten Erhaltung des Tempelhofer Feldes? Die Landesregierung habe mit ihren Plänen eine herbe Niederlage einstecken müssen, sagte der Initiator der Bürgerinitiative, Felix Herzog: „Die große Koalition hat eigentlich keine Berechtigung mehr.“ Auch die Opposition wertete die Abstimmung als Klatsche für Rot-Schwarz. „Vertrauen haben die Berliner in diese Regierungspolitik nicht mehr – und vor allem nicht in Klaus Wowereit“, sagte Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek. „Das ist in der Tat eine Niederlage, und sie ist auch deutlich“, sagte der Regierende Bürgermeister. Aber es handle sich ja um eine Sachentscheidung. Zu persönlichen Konsequenzen sah der SPD-Politiker keinen Anlass. Die Frage sei jetzt nur, wie man die geplanten 4700 Wohnungen anderswo bauen könnte.
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Die Berliner wollen die Tempelhofer Freiheit zu 100 Prozent erhalten und setzen sich mit einem Volksentscheid gegen den Senat durch.
Wie auch immer: Großprojekte trauen die Bürger ihrer Landesregierung nach dem Bau-Debakel am Hauptstadtflughafen offenkundig nicht mehr zu. Am Sonntag hatten die Berliner mit überraschender Deutlichkeit für den Erhalt der fast 355Hektar großen Freifläche des einstigen Flughafens gestimmt. Bei der Abstimmung setzte sich der Gesetzentwurf der Bürgerinitiative „100% Tempelhofer Feld“ deutlich mit 64,3 Prozent durch. Insgesamt stimmten 738 124 Berliner gegen eine Bebauung, das nötige Quorum von einem Viertel der Stimmberechtigten wurde damit deutlich übertroffen. Den Gegenentwurf des Abgeordnetenhauses dagegen lehnten 59,2 Prozent der Wähler ab. Die rot-schwarze Landesregierung wollte an drei Rändern des inzwischen für Freizeit und Sport genutzten früheren Flughafens Wohnhäuser und Gewerbebauten errichten. Wowereit kündigte an, nun an anderen Orten Wohnungen zu bauen. „Der Volksentscheid zum Tempelhofer Feld hat ein klares Ergebnis, das akzeptiert werden muss“, betonte er. „Alle anderen Planungen sind einzustellen.“ So sieht das auch Initiator Herzog: „Das ist ein deutliches Signal, dass jetzt vier, fünf Jahre Schluss sein muss mit der Diskussion.“ Aber Wohnraum wird knapper in der Hauptstadt und die Mieten steigen. Jährlich wächst die Hauptstadt um etwa 50000 Menschen. Berlins Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) erklärte, er nehme die Entscheidung der Bürger „mit Respekt zur Kenntnis“. Er bedauere zugleich „die vergebene Chance“, in der Innenstadt dringend benötigte Wohnungen bauen zu können.
Doch das Votum einzig als Abrechnung mit dem inzwischen dienstältesten Länder-Regierungschef zu interpretieren, wäre zu einfach. Denn bei der parallel abgehaltenen Europawahl überraschte Wowereits SPD mit einem Sieg – selbst die eigenen Genossen. Dann müssen aber viele SPD-Anhänger gegen die Pläne der eigenen Partei für das Tempelhofer Feld gestimmt haben.
Ein Warnsignal an die Berliner Regierung ist das allemal. „Die Menschen dieser Stadt wollen ihre eigenen Ideen und Vorstellungen verwirklicht sehen und nicht die des Senates“, betont Piraten-Fraktionschef Martin Delius. Politik von oben aufdrücken, das funktioniert in der Hauptstadt immer seltener. In Berlin wird immer wieder rebelliert. Die Grünen sagen dazu: „Basta-Politik passt nicht mehr zu dieser Stadt.“

Die Berliner wollen die Tempelhofer Freiheit zu 100 Prozent erhalten und setzen sich mit einem Volksentscheid gegen den Senat durch.
Wie auch immer: Großprojekte trauen die Bürger ihrer Landesregierung nach dem Bau-Debakel am Hauptstadtflughafen offenkundig nicht mehr zu. Am Sonntag hatten die Berliner mit überraschender Deutlichkeit für den Erhalt der fast 355Hektar großen Freifläche des einstigen Flughafens gestimmt. Bei der Abstimmung setzte sich der Gesetzentwurf der Bürgerinitiative „100% Tempelhofer Feld“ deutlich mit 64,3 Prozent durch. Insgesamt stimmten 738 124 Berliner gegen eine Bebauung, das nötige Quorum von einem Viertel der Stimmberechtigten wurde damit deutlich übertroffen. Den Gegenentwurf des Abgeordnetenhauses dagegen lehnten 59,2 Prozent der Wähler ab. Die rot-schwarze Landesregierung wollte an drei Rändern des inzwischen für Freizeit und Sport genutzten früheren Flughafens Wohnhäuser und Gewerbebauten errichten. Wowereit kündigte an, nun an anderen Orten Wohnungen zu bauen. „Der Volksentscheid zum Tempelhofer Feld hat ein klares Ergebnis, das akzeptiert werden muss“, betonte er. „Alle anderen Planungen sind einzustellen.“ So sieht das auch Initiator Herzog: „Das ist ein deutliches Signal, dass jetzt vier, fünf Jahre Schluss sein muss mit der Diskussion.“ Aber Wohnraum wird knapper in der Hauptstadt und die Mieten steigen. Jährlich wächst die Hauptstadt um etwa 50000 Menschen. Berlins Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) erklärte, er nehme die Entscheidung der Bürger „mit Respekt zur Kenntnis“. Er bedauere zugleich „die vergebene Chance“, in der Innenstadt dringend benötigte Wohnungen bauen zu können.
Doch das Votum einzig als Abrechnung mit dem inzwischen dienstältesten Länder-Regierungschef zu interpretieren, wäre zu einfach. Denn bei der parallel abgehaltenen Europawahl überraschte Wowereits SPD mit einem Sieg – selbst die eigenen Genossen. Dann müssen aber viele SPD-Anhänger gegen die Pläne der eigenen Partei für das Tempelhofer Feld gestimmt haben.
Ein Warnsignal an die Berliner Regierung ist das allemal. „Die Menschen dieser Stadt wollen ihre eigenen Ideen und Vorstellungen verwirklicht sehen und nicht die des Senates“, betont Piraten-Fraktionschef Martin Delius. Politik von oben aufdrücken, das funktioniert in der Hauptstadt immer seltener. In Berlin wird immer wieder rebelliert. Die Grünen sagen dazu: „Basta-Politik passt nicht mehr zu dieser Stadt.“