Der Streit um die Gebühren an Bayerns Hochschulen spitzt sich zu - FDP-Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch will auf die Einnahmen nicht verzichten
Nachdem die Opposition ein Volksbegehren für eine Abschaffung initiieren wird, möchte die CSU lieber heute als morgen das Bezahl-Studium streichen. Die Liberalen bestehen auf der bisherigen Linie und drohen sogar mit Koalitionsbruch. In der Regel bezahlen Bayerns Hochschüler 500 Euro im Semester. Bundesweit betrachtet sind Gebühren ein Auslaufmodell: Sie wurden peu à peu abgeschafft, und das entgangene Geld den Hochschulen durch die Länder ersetzt. Dass nun nur noch Bayern und Niedersachsen ihre Studenten zur Kasse bitten, beirrt Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) nicht in seiner Haltung.
Fährt einen klaren Kurs: FDP-Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch
SZ: Ihr Koalitionspartner hat bei den Studiengebühren binnen kürzester Zeit eine 180-Grad-Wende vollzogen. So stark können die Pro-Argumente, wie sie die CSU bis dato nannte und Sie immer noch aufführen, ja wohl nicht sein.
Heubisch: Es gibt gar keinen fachlichen Grund, über die Studienbeiträge zu diskutieren. Die Argumente haben sich nicht im Geringsten geändert - und den Kurs gibt ganz klar der Koalitionsvertrag vor.
Wie ist der plötzliche Schwenk der CSU dann zu erklären?
Ich kann ihn mir nicht erklären. Das Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtes hat lediglich über die Zulässigkeit eines Volksbegehrens entschieden - nicht darüber, ob Studienbeiträge berechtigt sind. Es scheint, als sei die FDP die einzige Partei, die sich dem Quorum des Volkes stellen will. Lasst uns doch den Weg gehen, es gibt nichts Demokratischeres! Jetzt die Studienbeiträge vorschnell abschaffen zu wollen, ist rein von Aufgeregtheiten geleitet.
Was spricht denn für die Gebühren?
Sie leisten einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Studienbedingungen. Es handelt sich um einen eher niedrigen Beitrag für eine Ausbildung, von der die Absolventen später finanziell enorm profitieren. Wir konnten rund 900 Millionen Euro zur Verbesserung der Lehre einsetzen, im Zusammenspiel mit den Studenten, die das Recht haben, ihre Meinung einzubringen. Es geht mir um eine Top-Qualität unserer Hochschulen. Dafür bin ich verantwortlich. Neue Schulden aufzunehmen wie in Nordrhein-Westfalen, um sie zu finanzieren, stellt eine zusätzliche Belastung der jungen Generation dar.
Aber bestmögliche Bildung ist doch Aufgabe des Staates. Wollen Sie nur ein 'mediokres' Studium bieten und die Kosten für ein 'gutes' Studium abwälzen?
Die Wirklichkeit zeigt ein anderes Bild. Wir haben in Bayern Zuwachsraten bei den Studenten. Und wir stellen uns der Herausfordrung, tatsächlich Qualität zu bieten. Es genügt mir nicht, dass wir in der Bundesrepublik an der Spitze stehen, wir müssen uns international positionieren.
Also wollen Sie sich gar nicht mit Bremen oder Bochum messen lassen, sondern mit Zürich, Paris und London?
Ja, vor allem die Schweiz ist ein gutes Beispiel. Und unsere staatlichen Mittel reichen eben nicht für ein optimales Studium im internationalen Kontext.
Andernorts wurde nach einer Abschaffung der Gebühren das Geld durch den Landeshaushalt ersetzt - der Trubel hat sich gelegt, etwa die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen stehen noch.
Man muss sich nur mal an den Hochschulen in ehemaligen Gebührenländern umschauen. Die volle Summe wird nirgends kompensiert. Die Betreuungsverhältnisse entwickeln sich negativ, die Lehre leidet - ein Qualitätsverlust. Ich möchte diesen Weg mit Bayern nicht gehen.
Braucht es die Extra-Einnahmen wirklich? Sie fließen oft in die Grundausstattung, in Dinge, die ohnehin nötig wären.
Falsch, da gibt es nur eine minimale Zahl von Fällen. Die Studenten in den Gremien stimmen der Verwendung zu.
1000 Euro pro Jahr können im Einzelfall viel Geld sein. Die Gebühr hält Kinder aus ärmeren Schichten vielleicht nicht vom Studieren ab, setzt ihnen aber doch finanziell zu. Halten Sie das für gerecht?
Ich kenne keinen einzigen Fall, wo jemand wegen der Gebühren nicht studieren konnte. Man muss sich nur Studien wie vom Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung anschauen. Gebühren halten demnach Studierwillige nicht vom Gang an die Hochschule ab. Wichtiger sind der vorschulische und der schulische Bereich, da fängt soziale Selektion an, da müssen wir an der Gerechtigkeit arbeiten - nicht beim Hochschulzugang.
Es gibt viele gegenteilige Untersuchungen. Und es geht ja nicht darum, dass Gebühren ein Studium verhindern - sondern, dass sie es beschwerlich machen.
Noch einmal: Wir haben humane Gebühren. 30 Prozent der Studenten sind aus sozialen Gründen ohnehin befreit. Und das Gesetz bietet jedem die Möglichkeit nachgelagerter Beiträge über Darlehen - man muss das erst nach dem Studium zurückzahlen, wenn man einen Job und ein Nettomindesteinkommen von 1670 Euro hat. Das ist so sozial abgefedert, mehr ist kaum vorstellbar. Ich kann einfach nicht nachvollziehen, warum eine Krankenschwester das Studium des zukünftigen Chefarztes mitbezahlen soll. So gesehen, sind Studienbeiträge sogar eine soziale Maßnahme.
Fast alle Bundesländer haben die Gebühren aber gekippt. Sollte man sich nicht damit abzufinden, dass das Modell gesellschaftlich nicht mehrheitsfähig ist?
Das wissen wir doch gar nicht, das wird der Volksentscheid zeigen, wenn er zustande kommt. Bei Stuttgart 21 und bei vielen anderen Fällen kam doch am Ende ein ganz anderes Ergebnis heraus, als es sich die Initiatoren erwartet hatten. Wer als Papst in die Wahl geht, ist oft schon als Kardinal wieder herausgekommen.
Nachdem die Opposition ein Volksbegehren für eine Abschaffung initiieren wird, möchte die CSU lieber heute als morgen das Bezahl-Studium streichen. Die Liberalen bestehen auf der bisherigen Linie und drohen sogar mit Koalitionsbruch. In der Regel bezahlen Bayerns Hochschüler 500 Euro im Semester. Bundesweit betrachtet sind Gebühren ein Auslaufmodell: Sie wurden peu à peu abgeschafft, und das entgangene Geld den Hochschulen durch die Länder ersetzt. Dass nun nur noch Bayern und Niedersachsen ihre Studenten zur Kasse bitten, beirrt Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) nicht in seiner Haltung.
Fährt einen klaren Kurs: FDP-Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch
SZ: Ihr Koalitionspartner hat bei den Studiengebühren binnen kürzester Zeit eine 180-Grad-Wende vollzogen. So stark können die Pro-Argumente, wie sie die CSU bis dato nannte und Sie immer noch aufführen, ja wohl nicht sein.
Heubisch: Es gibt gar keinen fachlichen Grund, über die Studienbeiträge zu diskutieren. Die Argumente haben sich nicht im Geringsten geändert - und den Kurs gibt ganz klar der Koalitionsvertrag vor.
Wie ist der plötzliche Schwenk der CSU dann zu erklären?
Ich kann ihn mir nicht erklären. Das Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtes hat lediglich über die Zulässigkeit eines Volksbegehrens entschieden - nicht darüber, ob Studienbeiträge berechtigt sind. Es scheint, als sei die FDP die einzige Partei, die sich dem Quorum des Volkes stellen will. Lasst uns doch den Weg gehen, es gibt nichts Demokratischeres! Jetzt die Studienbeiträge vorschnell abschaffen zu wollen, ist rein von Aufgeregtheiten geleitet.
Was spricht denn für die Gebühren?
Sie leisten einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Studienbedingungen. Es handelt sich um einen eher niedrigen Beitrag für eine Ausbildung, von der die Absolventen später finanziell enorm profitieren. Wir konnten rund 900 Millionen Euro zur Verbesserung der Lehre einsetzen, im Zusammenspiel mit den Studenten, die das Recht haben, ihre Meinung einzubringen. Es geht mir um eine Top-Qualität unserer Hochschulen. Dafür bin ich verantwortlich. Neue Schulden aufzunehmen wie in Nordrhein-Westfalen, um sie zu finanzieren, stellt eine zusätzliche Belastung der jungen Generation dar.
Aber bestmögliche Bildung ist doch Aufgabe des Staates. Wollen Sie nur ein 'mediokres' Studium bieten und die Kosten für ein 'gutes' Studium abwälzen?
Die Wirklichkeit zeigt ein anderes Bild. Wir haben in Bayern Zuwachsraten bei den Studenten. Und wir stellen uns der Herausfordrung, tatsächlich Qualität zu bieten. Es genügt mir nicht, dass wir in der Bundesrepublik an der Spitze stehen, wir müssen uns international positionieren.
Also wollen Sie sich gar nicht mit Bremen oder Bochum messen lassen, sondern mit Zürich, Paris und London?
Ja, vor allem die Schweiz ist ein gutes Beispiel. Und unsere staatlichen Mittel reichen eben nicht für ein optimales Studium im internationalen Kontext.
Andernorts wurde nach einer Abschaffung der Gebühren das Geld durch den Landeshaushalt ersetzt - der Trubel hat sich gelegt, etwa die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen stehen noch.
Man muss sich nur mal an den Hochschulen in ehemaligen Gebührenländern umschauen. Die volle Summe wird nirgends kompensiert. Die Betreuungsverhältnisse entwickeln sich negativ, die Lehre leidet - ein Qualitätsverlust. Ich möchte diesen Weg mit Bayern nicht gehen.
Braucht es die Extra-Einnahmen wirklich? Sie fließen oft in die Grundausstattung, in Dinge, die ohnehin nötig wären.
Falsch, da gibt es nur eine minimale Zahl von Fällen. Die Studenten in den Gremien stimmen der Verwendung zu.
1000 Euro pro Jahr können im Einzelfall viel Geld sein. Die Gebühr hält Kinder aus ärmeren Schichten vielleicht nicht vom Studieren ab, setzt ihnen aber doch finanziell zu. Halten Sie das für gerecht?
Ich kenne keinen einzigen Fall, wo jemand wegen der Gebühren nicht studieren konnte. Man muss sich nur Studien wie vom Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung anschauen. Gebühren halten demnach Studierwillige nicht vom Gang an die Hochschule ab. Wichtiger sind der vorschulische und der schulische Bereich, da fängt soziale Selektion an, da müssen wir an der Gerechtigkeit arbeiten - nicht beim Hochschulzugang.
Es gibt viele gegenteilige Untersuchungen. Und es geht ja nicht darum, dass Gebühren ein Studium verhindern - sondern, dass sie es beschwerlich machen.
Noch einmal: Wir haben humane Gebühren. 30 Prozent der Studenten sind aus sozialen Gründen ohnehin befreit. Und das Gesetz bietet jedem die Möglichkeit nachgelagerter Beiträge über Darlehen - man muss das erst nach dem Studium zurückzahlen, wenn man einen Job und ein Nettomindesteinkommen von 1670 Euro hat. Das ist so sozial abgefedert, mehr ist kaum vorstellbar. Ich kann einfach nicht nachvollziehen, warum eine Krankenschwester das Studium des zukünftigen Chefarztes mitbezahlen soll. So gesehen, sind Studienbeiträge sogar eine soziale Maßnahme.
Fast alle Bundesländer haben die Gebühren aber gekippt. Sollte man sich nicht damit abzufinden, dass das Modell gesellschaftlich nicht mehrheitsfähig ist?
Das wissen wir doch gar nicht, das wird der Volksentscheid zeigen, wenn er zustande kommt. Bei Stuttgart 21 und bei vielen anderen Fällen kam doch am Ende ein ganz anderes Ergebnis heraus, als es sich die Initiatoren erwartet hatten. Wer als Papst in die Wahl geht, ist oft schon als Kardinal wieder herausgekommen.