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Maßlos

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Der Preis der Wiesnmaß hat für Münchens Gemütslage eine ähnliche Bedeutung wie der Rohölpreis für die Weltwirtschaft. In diesem Jahr wird die Maß in mehreren Zelten erstmals mehr als zehn Euro kosten, was gefühlten 200 Dollar für ein Barrel Nordseeöl entspricht. Die Maß ist um bis zu 25Cent teurer als noch beim Oktoberfest im Herbst 2013. Aus Sicht der Biertrinker ist das eine ziemlich schlechte Nachricht. Denn im Gegensatz zum Rohöl kennt der Bierpreis auf der Wiesn nur eine Richtung: steil nach oben.



10,10 Euro soll eine Maß in diesem Jahr auf dem Oktoberfest kosten. Die Bedienungen freut's – da springen schnell mal 90 Cent Trinkgeld raus.

Seit 1950 hat er sich fast verzwölffacht. Besonders drastisch steigt er seit den Neunzigerjahren, aber Ärger darum gibt es schon seit Langem: 1972 drohte der damalige SPD-Oberbürgermeister Georg Kronawitter damit, auswärtige Brauereien aufs Oktoberfest zu holen, falls der Liter Bier mehr als drei Mark koste. Ein Stadtrat wollte gar die Anzapfzeremonie ausfallen lassen. Am Ende einigte man sich auf 3,05 Mark. 1995 riss der Bierpreis dann die Hürde von zehn Mark, und auch in diesem Jahr ist die Rede von einer „magischen Grenze“, die sich im Wahljahr 2013 noch keiner zu überschreiten traute.

Die Münchner Wiesnwirte halten die neue Preiserhöhung für moderat und geben gleich mehrere Gründe an, warum sie gerechtfertigt sei: Diesmal sind es Lohnerhöhungen, die gestiegenen Kosten beim Aufbau der Festzelte oder die Brauereien, die bis zu viereinhalb Prozent mehr für das sogenannte Tankbier verlangen – ein hässlicher Begriff, der so gar nicht zum Festzelt passt.

In den vergangenen Jahren wurden von den Wirten als externe Preistreiber gerne auch Sicherheits-, Logistik- oder Rohstoffkosten angeführt. Oder auch die Stadt München, die immer wieder mal die Standgebühren erhöht. Im Jahr 2011 drückte das Rauchverbot in den Zelten auf die Stimmung und verursachte zusätzliche Kosten für den Einbau von Raucherbalkonen. Das Geld holten sich die Wiesnwirte von den Biertrinkern zurück. 2002 war auch die Terrorversicherung am Anstieg des Bierpreises schuld.

Kurzum: Die Wirte haben noch immer einen Grund gefunden, die Preise zu erhöhen. Und wenn die Zahlen dann auf dem Tisch liegen, sitzt Wirtesprecher Toni Roiderer vor der Presse und verkündet wie im Juni 2012: „Ich bin stolz, dass alle meine Kollegen nicht über Gebühr erhöht und damit die Verbraucherfreundlichkeit im Auge behalten haben.“ Das sagt viel über das Selbstverständnis der Wiesnwirte, die wissen: Wir können mehr oder weniger verlangen, was wir wollen – die Leute kommen eh.

Die Stadt lässt die Preistreiberei sehenden Auges zu, auch wenn man sich traditionell darüber empört. 2002 etwa regte sich die langjährige Wiesn-Chefin Gabriele Weishäupl einmal über den Preis von 6,80 Euro pro Maß auf: Der sei „unanständig und illoyal dem Fest und der Stadt gegenüber“. Geändert hat das nichts. Inzwischen trinken sich viele Besucher ihren Rausch schon vor dem Festbesuch an – das kommt billiger.

Wenigstens die Bedienungen freuen sich über die neuen Preise: Bei 10,10 Euro steigt das Trinkgeld schnell mal auf 90Cent pro Maß. Und weil sie so ihre Bedienungen glücklich machen, haben auch die Wiesnwirte noch einen Grund mehr für den neuen Preis. 

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