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Quadrat- Denker

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Tokio – Quadratisch, praktisch, schnell: Masahiro Hara hat das Gesicht unseres Alltags verändert und die Autoindustrie weitergebracht. Bekannt ist der Erfinder des QR-Codes aber nicht einmal in seiner Heimat Japan. Sein Arbeitgeber Denso, Toyota-Tochter und Automobil-Zulieferer, hat die Lorbeeren von Haras Erfindung lange für das Unternehmen beansprucht. Erst seit Haras QR-Code Preise erhält – 2012 in Japan eine Auszeichnung für gutes Design und jetzt den Erfinderpreis des Europäischen Patentamts –, gewährt Denso dem QR-Code ein Gesicht. Und dem 56-Jährigen die Aufmerksamkeit, die ihm gebührt.



Hinter den viereckigen Pixeln der QR-Codes können beliebige Informationen stecken.

QR-Codes, das sind jene Quadrate mit den kryptischen Mustern, die man auf Bordkarten der Airlines, als Navigationshilfen, auf Plakaten und in Museen zur Führung der Besucher sieht. Mit dem QR-Code kann man jede Art Text verschlüsseln. Das Quadrat fasst bis zu 7089 Ziffern, 2953 Buchstaben oder 1817 japanische Schriftzeichen. Das japanische Visum enthält einen, die Handy-Tickets der Bahn auch. Und seit es Smartphones gibt, kann man sich mit der eingebauten Kamera vom QR-Code direkt auf eine Webadresse schalten lassen. In Japan haben manche Leute bereits einen QR-Code auf ihrer Visitenkarte. Hara hat den QR-Code zu Beginn der 1990er-Jahre entwickelt, weil Denso mit dem gewöhnlichen Strichcode, den der Einzelhandel und die Post noch heute verwenden, an die Kapazitätsgrenze stieß. Der gewöhnliche, eindimensionale Barcode vermag nämlich nur zwanzig Ziffern zu verschlüsseln. Das reichte aber nicht mehr.

Für das Etiketten-System der Just-in-Time-Produktion von Toyota, brauchte man eine Methode, die sehr viel mehr maschinenlesbare Information erfasste. Und das schnell. „QR“ steht denn auch für quick response. Diese Methode sollte der damals junge Ingenieur Hara vor etwas mehr als 20 Jahren entwickeln. Toyota führte die Etiketten bereits 1953 ein, zuerst mit von Hand beschrifteten Karten, später mit Strichcode.

Das Ziel: Autos ohne Material-Lager zu bauen. Das verringerte Kosten und vermied Ausschuss. Allerdings mussten Toyota seine Lieferanten dazu bringen, ihre Komponenten auch zur richtigen Zeit in der richtigen Anzahl und Reihenfolge zu liefern. Das stellten die Autobauer mit den Kärtchen sicher, die jedes Teil von Anfang bis zum Einbau begleiteten.

Hara und seine vier Mitarbeiter, der Computeringenieur Takayuki Nagaya von Toyota, Motoaki Watabe, Tadao Nojiri und Yuji Uchiyama, experimentierten zunächst mit verlängerten Barcodes. Doch die brachten nicht viel. Also versuchten sie es mit zweidimensionalen Codes. Doch auch das funktionierte nicht. Man konnte zwar viel Information reinpacken, aber der Scanner brauchte viel zu lange, um den Code zu lesen.

In einem kurzen Film des Europäischen Patentamts erzählt Hara, wie er auf einem Spaziergang an einem Hochhaus mit einem Hubschrauberlandeplatz vorbeiging. Dieser hob sich markant von der gleichförmigen Fassade ab. Das brachte ihn auf die Idee, das Lesegerät brauche als Orientierungshilfe ein markantes geometrisches Muster.

Daraus entstanden die drei doppelten Quadrate in drei der vier Ecken jedes QR-Codes. „Mit nur drei statt vier Ecken haben wir nur einen rechten Winkel, so kann das Gerät Größe und Ausrichtung des Codes leichter erkennen”, erklärt Hara. Er habe tausende Schriften und Zeichen aus der ganzen Welt nach einem Symbol durchsucht, das noch nirgendwo verwendet wurde. Dabei kam er auf das Quadrat mit dem schwarzen Rahmen und einem ausgefülltes schwarzen Quadrat im weißen Inneren.

Sein Kollege Nagaya errechnete derweil Methoden für die Fehlerkorrektur, sodass auch verdreckte oder beschädigte Codes lesbar bleiben. 1994 publizierten die beiden ihre Erfindung.

Haras Arbeitgeber Denso hat den QR-Code zwar patentiert, verzichtet aber explizit auf die Durchsetzung seiner Rechte. Damit ist der QR-Code weltweit frei verfügbar und standardisiert. So gibt es Websites und Apps für Smartphones, die jeden beliebigen Text in QR-Code umwandeln. Dafür hat Denso die Produktion von QR-Scannern, die für den Eigenbedarf der Firma entwickelt wurden, zu einem eigenen Geschäftszweig gemacht. Den gleichen Weg geht Denso mit ihren Industrie-Robotern: Auch sie sind von der Entwicklung für den Eigenbedarf zum Produkt geworden.

Inzwischen gibt es auch einen Mini-QR-Code. Und Firmen, die auf jugendlich machen, Kneipen zum Beispiel, montieren ihr Logo ins QR-Code-Quadrat. Als Hara im November 2012 den Besuchern der Ausstellung für gutes Design seinen preisgekrönten Code vorstellte, tat er das als bescheidener Salaryman, ein Fußsoldat seiner Firma im Anzug. Und fast scheu. Er verlor kein Wort über sich als Erfinder, stattdessen pries er die fast universelle Anwendbarkeit des Codes vor allem seit es Smartphones gebe. Das habe man sich damals nicht vorstellen können. In drei Minuten war er fertig. Aufgefallen sind bloß sein Mittelscheitel und Spitzen seiner schwarzen Haare, die ihm in die Augen fielen. Dazu eine goldene Krawatte.

Viel mehr Individualität billigen traditionelle japanische Firmen ihren Mitarbeitern kaum zu. Auch nicht einem Erfinder, der unseren Alltag veränderte. Und wahrscheinlich fiele es einem Salaryman wie Hara auch gar nicht ein, mehr Ruhm oder mehr Geld zu verlangen.

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